Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifliche Ausschlussfrist. unverschuldete Versäumnis. Wiedereinsetzung. unzulässige Rechtsausübung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Versäumt der Gläubiger die in einer einzelvertraglich vereinbarten Ausschlussfrist enthaltene Frist zur gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruches ohne eigenes Verschulden, erlischt das Recht, selbst wenn die Handlung unverzüglich nach Kenntnis von der Fristversäumung nachgeholt wird.

2. Eine Wiedereinsetzung gemäß § 233 ZPO ist in solchen Fällen weder unmittelbar noch in analoger Anwendung dieser Vorschrift möglich.

3. Der Gläubiger hat die Einhaltung einer Ausschlussfrist darauf zu kontrollieren, ob trotz rechtzeitiger Absendung eines zur gerichtlichen Geltendmachung erforderlichen Antrages Umstände vorliegen, die eine Fristwahrung zweifelhaft erscheinen lassen. Hätte eine solche Kontrolle verhindert, dass wegen der falschen Übermittlung des Antrages durch die Post an den Schuldner die Frist versäumt wurde, kann sich der Gläubiger gegenüber einer Geltendmachung des Verfalls auch dann nicht auf eine unzulässige Rechtsausübung wegen Veranlassung seiner Untätigkeit durch den Schuldner berufen, wenn der Schuldner den Antrag weder an den Gläubiger zurücksendet noch an das Gericht weiterleitet.

 

Normenkette

BGB § 242; ZPO § 233

 

Verfahrensgang

ArbG Detmold (Urteil vom 06.05.2003; Aktenzeichen 2 Ca 2348/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.11.2004; Aktenzeichen 6 AZR 651/03)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 06. Mai 2003 – 2 Ca 2348/02 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Der Streitwert bleibt unverändert.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten, Ausbildungskosten an die Klägerin zurückzuzahlen.

Die Klägerin führt ein Betrieb zur Prüfung von Kraftfahrzeugen. Der Beklagte war bei ihr seit dem 01. Februar 2001 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch eine ordentliche Kündigung des Beklagten vom 27. Dezember 2001 mit dem Ablauf des 30. Juni 2002. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 08. Januar 2001, der auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

㤠1

Beginn des Arbeitsverhältnisses

1. Das Arbeitsverhältnis beginnt mit dem Tag der durch die Landesaufsichtsbehörde mitgeteilten Prüffreigabe.

2. Der Arbeitsvertrag wird unter der aufschiebenden Bedingung abgeschlossen, dass der Arbeitnehmer die Prüfung zum Prüfingenieur vor der zuständigen Prüfungskommission besteht und die zuständige Aufsichtsbehörde dem Einsatz als Prüfingenieur zustimmt.

3. Wird die Ausbildung von dem Arbeitnehmer vorzeitig abgebrochen, werden die bereits verauslagten sowie die noch anfallenden Ausbildungskosten sofort fällig.

§ 2

Tätigkeit

1. Der Arbeitnehmer wird als Prüfingenieur sowie für Verwaltungstätigkeiten eingestellt.

§ 4

Vergütung

1. Die Vergütung wird in einer gesonderten Vereinbarung festgelegt.

§ 16

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

1. Das Arbeitsverhältnis endet spätestens mit Beginn des Monats, für den der Arbeitnehmer Altersrente oder vergleichbare Leistungen beanspruchen kann.

2. Nach Ablauf der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungszeit von 6 Monaten jeweils zum Quartalsende gekündigt werden.

3. Die Kündigung bedarf der Schriftform.

4. Unberührt bleibt das Recht zur außerordentlichen Kündigung. Die außerordentliche Kündigung hat wesentliche Kündigungsgründe zu enthalten.

5. Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer sämtliche im Eigentum der Arbeitgeberin stehenden Gegenstände an diese herauszugeben.

6. Wird das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers oder aus Gründen beendet, die der Arbeitnehmer zu vertreten hat, so sind die Aus- und Weiterbildungskosten – soweit sie die Arbeitgeberin getragen hat – der letzten fünf Jahre vor dem Ausscheiden nach folgender Staffelung von dem Arbeitnehmer zu erstatten:

Je verbleibenden Kalendermonat 1/60 der Ausbildungskosten.

Die Erstattungspflicht gilt insbesondere für von der Arbeitgeberin übernommene Ausbildungskosten sowie Fortbildungskosten zum Erwerb der Prüferberechtigung. Als Ausbildungskosten gelten insbesondere:

  • ▪ Seminargebühren,
  • ▪ betriebliche Ausbildungsvergütungen inkl. Lohnnebenkosten,
  • ▪ interne Aufwendungen der Arbeitgeberin (Abs. 7),
  • ▪ Unterbringungskosten,
  • ▪ Fahrtkosten zu den Seminaren,
  • ▪ Kosten für Seminarunterlagen und sonstige Unterlagen,
  • ▪ Nachschulungskosten.

Bei Nichtbestehen der abzulegenden 1. Prüfung wird dem Arbeitnehmer im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen / Prüfungsordnung die Möglichkeit gegeben, diese im 2. und 3. Versuch zu wiederholen. Sollte die Prüfung im 3. Versucht nicht mit Erfolg abgeschlossen werden, endet das Arbeitsverhältnis mit dem Tag der Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse. In diesem Fall wir die Rückzahlung der gesamten Ausbildungskosten, soweit die Arbeitgeberin diese getragen hat, zu 100 % sofort fällig.

7. Der Anspruch auf Rückzahlung der internen Aufwendungen der Arbeitgeberin ...

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