Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen zur Kürzung des zweiten Teils der Jahressonderzahlung gem. § 1 Abs. 4 Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR)

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Feststellung der sog. Tariftreue i.S.v. § 1 Abs. 5a der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR Diakonie) bleiben Einrichtungen, die lediglich Gastmitglieder in einem Diakonischen Werk sind, außer Betracht. § 1 Abs. 5a AVR Diakonie gilt ausschließlich für Mitglieder nach § 3 der Satzung des Diakonischen Werks.

 

Normenkette

AVR § 1 Abs. 5; Anlage 14 zu den AVR

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Urteil vom 02.06.2009; Aktenzeichen 2 Ca 2428/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.01.2011; Aktenzeichen 10 AZR 863/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 02.06.2009 – 2 Ca 2428/08 – abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf eine restliche Jahressonderzahlung für 2007 in Höhe von 247,38 Euro brutto hat.

Der Kläger ist aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 20.01.1992 seit dem 01.11.1991 beim Beklagten beschäftigt. Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Blatt 5 der Akte Bezug genommen. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (im Folgenden AVR) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.

Der Beklagte ist Träger von 70 rechtlich nicht selbstständigen diakonischen Einrichtungen und beschäftigt ca. 6000 Arbeitnehmer. Er ist Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen – Landesverband der inneren Mission – e. V. (im Folgenden Diakonisches Werk). Wegen der Satzung des Diakonischen Werkes wird auf Blatt 136 ff. der Akten Bezug genommen.

In der sogenannten Anlage 14 zu den AVR, in der die Voraussetzungen geregelt sind, unter denen eine Jahressonderzahlung gewährt wird, heißt es unter anderem:

Jahressonderzahlung

(1) Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter, die oder der sich am 01. November eines Jahres in einem Beschäftigungsverhältnis befindet, das mindestens bis zum 31. Dezember des Jahres besteht, erhält eine Jahressonderzahlung.

(2) Die Höhe der Jahressonderzahlung errechnet sich aus der Summe der Bezüge gemäß Unterabsatz 3 der Monate Januar bis einschließlich Oktober des Jahres, dividiert durch zehn. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen vertraglich variable Mehrarbeit vereinbart ist, erhöht sich dieser Betrag um die durchschnittliche Vergütung der tatsächlich geleisteten Mehrarbeit.

(3) Die Jahressonderzahlung wird zur Hälfte im November des laufenden Jahres, die zweite Hälfte im Juni des Folgejahres gezahlt. Die Höhe der Zahlung im Juni ist vom betrieblichen Ergebnis der Einrichtung abhängig. Dies gilt auch für die wirtschaftlich selbständig arbeitenden Teile der Einrichtung, wenn die zuständige Mitarbeitervertretung in einer Dienstvereinbarung der Anwendung einer von der Dienstgeberin bzw. dem Dienstgeber vorgelegten Liste von wirtschaftlich selbständigen arbeitenden Teilen der Einrichtung zugestimmt hat.

(4) Weist die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber nach, dass bei voller Juni-Zahlung der anteiligen Bruttopersonalkosten der Jahressonderzahlung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein negatives betriebliches Ergebnis im Vorjahr (Wirtschaftsjahr der geleisteten Novemberzahlung) vorliegen würde, entfällt der Anspruch auch teilweise in dem Maße, in dem die Reduzierung der Summe zu einem ausgeglichenen Ergebnis führt. Der Nachweis gilt als erbracht, wenn die Dienststellenleitung der Mitarbeitervertretung ein Testat eines vereidigten Wirtschaftsprüfers oder einer Treuhandstelle vorlegt, aus dem sich der Umfang des negativen betrieblichen Ergebnisses und die Summe der regulären betrieblichen Juni-Zahlung ergibt. Bestandteil der vorzulegenden Unterlagen ist die Zuordnung der Kosten der zentralen Dienste zu den wirtschaftlich selbständig arbeitenden Teilen der Einrichtung.

In § 1 Abs. 5 der AVR ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen von den Bestimmungen der Anlage 14 abgewichen werden kann. In § 1 Abs. 5 heißt es unter anderem:

(5) Von den Abweichungsmöglichkeiten in § 17 und den Anlagen 14 und 17 der AVR können Einrichtungen nur Gebrauch machen, wenn

  1. auf alle Dienstverhältnisse der Einrichtung und der mit ihr verbundenen Einrichtungen, die Mitglied in einem Diakonischem Werk sind, die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) oder eine gleichwertige Arbeitsvertragsgrundlage angewandt werden,
  2. Leiharbeitnehmer nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) nur zur kurzfristigen Überbrückung von Personalengpässen eingesetzt werden. Bei Einrichtungsträgern, in deren Einrichtung insgesamt mehr als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind, ist eine kurzfristige Überbrückung im Si...

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