Verfahrensgang

ArbG Herne (Urteil vom 27.10.1993; Aktenzeichen 5 Ca 1220/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.11.1996; Aktenzeichen 2 AZR 357/95)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 27.10.1993 – 5 Ca 1220/93 – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 23.04.1993 nicht fristlos aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31.12.1993 fortbestanden hat.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 2/3, die Beklagte zu 1/3.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im wesentlichen um die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweisen ordentlichen Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte.

Die am 07.03.1947 geborene, unverheiratete Klägerin war bei der Beklagten seit dem 01.10.1966 als kaufmännische Angestellte zu einem durchschnittlichen Bruttogehalt von zuletzt 5.700,– DM beschäftigt. Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen der chemischen Industrie. Sie beschäftigt etwa 15.000 Arbeitnehmer. Es ist ein Betriebsrat gebildet.

Als gelernte Industriekauffrau und Betriebswirtin (VWA) war die Klägerin im Betriebsbüro des Vestolit-BetriebsE/B der Beklagten neben zwei weiteren Teilzeitbeschäftigten als Büroleiterin tätig. Sie war in die Entgeltgruppe E 11 des Bundes-Entgelttarifvertrages für die chemische Industrie eingruppiert. Im Bereich der Vestolit-Betriebe bestanden zwei weitere eigenständige Betriebsbüros, die jeweils mit einem Arbeitnehmer besetzt waren.

Aufgrund eines Kostenmanagementprojekts wurde im Frühjahr 1993 beschlossen, ein zentrales Betriebsbüro für die Vestolit-Betriebe mit insgesamt drei Arbeitnehmern, davon einem Leiter und zwei Mitarbeiter, einzurichten. Die Leitung dieses Betriebsbüros sollte Herrn R., der bislang in einem der anderen Betriebsbüros eingesetzt war, übertragen werden. Herr R. war wie die Klägerin in die Entgeltgruppe E 11 eingruppiert. Er ist am 30.08.1948 geboren, seit dem 16.11.1970 bei der Beklagten beschäftigt und hat zwei unterhaltsberechtigte Kinder.

Der Klägerin wurde am 10.03.1993 mitgeteilt, daß ihr Arbeitsplatz entfallen sei und sie zum 01.04.1993 versetzt werden sollte. Am 29.03.1993 wurde der Klägerin ein Arbeitsplatz als Betriebsbüro Sachbearbeiterin in der Zwischenproduktefabrik angeboten. Dieser Arbeitsplatz unterfällt der Tarifgruppe E 10. Bei einer Besichtigung dieses Arbeitsplatzes am 30.03.1993 deutete die Klägerin gegenüber dem Abteilungsleiter der Zwischenproduktefabrik, Dr. U., an, daß sie den angebotenen Arbeitsplatz für unzumutbar halte.

Die Beklagte hat mit dem Betriebsrat am 31.08.1992 eine als Interessenausgleich bezeichnete Vereinbarung abgeschlossen. Danach ist sie verpflichtet, in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehenden Arbeitnehmer, die Kündigungsschutz besitzt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten zumutbare, möglichst gleichwertige Arbeitsplätze anzubieten, wenn deren Arbeitsplatz entfällt. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, andere zumutbare Arbeit zu leisten. Lehnt der Arbeitnehmer ein Arbeitsplatzangebot ab, so wird die Zumutbarkeit des angebotenen Arbeitsplatzes durch eine Schiedskommission geprüft, die aus zwei Vertretern des Arbeitgebers und zwei Vertretern des Betriebsrats besteht. Bestätigt diese die Zumutbarkeit, wird zum Zwecke der Versetzung eine Änderungskündigung ausgesprochen (I 1 des Interressenausgleichs). Ein Arbeitnehmer, der aus betriebsbedingten Gründen einvernehmlich auf einen Arbeitsplatz versetzt wird, dessen Bruttoentgelt niedriger ist als bisher, erhält einen Verdienstausgleich. Wenn der Arbeitnehmer bis zur Versetzung mindestens 15 Dienstjahre vollendet hat, wird sein Verdienstausgleich bei Tariferhöhungen um den Prozentsatz der Tariferhöhung gesteigert.

Nachdem die Klägerin ihre Bedenken zur Zumutbarkeit des angebotenen Arbeitsplatzes geäußert hatte, trat am 08.04.1993 die paritätische Schiedskommission zusammen, die ihn einstimmig für zumutbar hielt. Mit der Klägerin sollte jedoch von Betriebsratsseite bis zum 14.04.1993 ein Gespräch geführt werden. Zu dem von der Beklagten übermittelten Protokoll der Sitzung der Schiedskommission vom 08.04.1993 wird auf Blatt 90 d. A. verwiesen.

Am 13.04.1993 wurde der Klägerin ein schriftliches Arbeitsplatzangebot über die Stelle einer Betriebsbürosachbearbeiterin in der Zwischenproduktefabrik gemacht. Dieses Angebot nahm die Klägerin, nachdem sie es zunächst mündlich abgelehnt hatte, nach Gesprächen mit verschiedenen Personen auf Arbeitgeberseite noch am 13.04.1993 durch schriftliche Erklärung an.

Noch am 13.04.1993 informierte die Beklagte den Betriebsrat über die geplante Versetzung der Klägerin. Dieser erklärte am 15.04.1993 seine Zustimmung mit der beabsichtigten Versetzung und der vorgesehenen Eingruppierung. Die Stellungnahme des Betriebsrats ging der Beklagten am 16.04.1993 zu.

Am 14.04.1993 nahm die Klägerin ihre Arbeit im Betriebsbüro d...

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