Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer Gestütsleiterin wegen unerlaubter Konkurrenztätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist die ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen, so liegt ein Grund für eine fristlose Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB dann vor, wenn es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten ist, den Arbeitnehmer auch nur bis zum Ablauf der (fiktiven) ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.

2. Dem Arbeitgeber ist die Fortführung des Arbeitsverhältnisses mit einer Gestütsleiterin bis zum Ablauf der fiktiven Kündigungsfrist nicht zumutbar, wenn die Arbeitnehmerin anlässlich dienstlicher Aufenthalte absolvierte Reisetage dem Auftraggeber zu Gunsten einer privaten BGB-Gesellschaft und nicht zu Gunsten des Arbeitgebers (hier: Land Nordrhein-Westfalen) in Rechnung gestellt hat.

3. Gleiches gilt, wenn der dringende Verdacht besteht, dass die Arbeitnehmerin dazu Beihilfe geleistet hat, dass einem Beschäftigten entgegen § 3 Abs. 3 TV-L von dritter Seite finanzielle Vergünstigungen in Bezug auf ein dienstliches Geschäft zugewandt worden sind.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1; TV-L § 3 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Münster (Entscheidung vom 12.04.2018; Aktenzeichen 2 Ca 492/17)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 12.04.2018 - 2 Ca 492/17 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klage richtet sich gegen eine fristlose Kündigung des beklagten Landes vom 03.03.2017 und gegen eine fristlose Kündigung des beklagten Landes vom 26.09.2017; zudem begehrt die Klägerin ihre Weiterbeschäftigung.

Die 1965 geborene verheiratete Klägerin war aufgrund schriftlichen Anstellungsvertrages vom 31.05.1996 beginnend mit dem 01.06.1996 in Vollzeit als Leiterin des Nordrhein-​Westfälischen Landgestüts/Deutsche Reitschule in X angestellt und übte seit diesem Zeitpunkt ihre Arbeitstätigkeit in dieser Funktion auch am Landgestüt in X aus. Ausweislich § 3 des Arbeitsvertrages ist die Geltung des BAT und der diesen ergänzenden, erneuernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung vereinbart worden wie auch die Geltung der für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge (K 1, Bl. 20, 21 GA). Das jährliche Bruttogehalt belief sich zuletzt auf 90.351,82 €, was einem durchschnittlichen monatlichen Bruttogehalt von ca. 7.530,00 € entspricht. Nach dem auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findenden Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-​L) ist gemäß § 34 Abs. 2 TV-​L die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin ausgeschlossen.

Das Nordrhein-​Westfälische Landgestüt ist eine Einrichtung im Geschäftsbereich des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-​Westfalen gemäß § 14 Landesorganisationsgesetz NW. Das Gestüt sichert genetische Vielfalt und stellt hochwertige Hengste für die Zucht zur Verfügung und trägt zum Erhalt vom Aussterben bedrohter Pferderassen bei. Es bildet angehende Pferdewirtinnen und -wirte aus und stellt mit der angeschlossenen Deutschen Reitschule Angebote zur Fortbildung und Qualifizierung von Berufsreitern und Turnierfachleuten bereit. Auch Pferdesportlerinnen und Pferdesportler können sich in den Bereichen Reiten und Fahren fortbilden lassen.

Auslöser des Geschehens, das zu den fristlosen Kündigungen vom 03.03.2017 und 27.09.2017 führte, waren anonyme Schreiben mit Datum vom 13.08.2014. Zwei gleichlautende Briefe wurden an den zuständigen Minister S5 und an den Parlamentarischen Staatssekretär C2 gesandt (Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz). Der Text der Schreiben lautete jeweils (Anlage B 1, Bl. 171, 172 GA = Anlage K 3, K 4 Bl. 23, 24 GA):

"Betreff Vorteilsnahme im Amt am Nordrhein-​Westfälischen-​Landgestüt X durch Frau T, Herrn (sic) H und C

Seit einigen Jahren unterhält das NRW-​Landgestüt Geschäftsbeziehungen mit der katarischen Reitschule B in Doha. Beim alljährlichen Einladungsturnier auf der Reitanlage in Doha nahm im April 2013 auch C mit dem Hengst M5 (Besitzer NRW Landgestüt) teil. Bei einem Einladungsturnier übernimmt der Veranstalter die kompletten Kosten (Anreise, Unterbringung von Mensch und Tier etc.). Dieser (sic) Einladung nahmen C, T sowie H an und flogen mit ihren Ehepartnern in ein Luxushotel nach Katar. Neben der kostenlose (sic) Unterbringung gab es auch ein Preisgeld von fast 4000 € das nicht an die Landeskasse abgeführt wurde. Im Herbst 2013 kamen dann ca. 20 Reitschüler aus Katar und bekamen am NRW Landgestüt ein (sic) Lehrgang auf externen Pferden die von T, H und C eingekauft wurden und nach dem Lehrgang nach Katar verkauft wurden.

Zurzeit läuft wieder ein Lehrgang mit Reitschüler (sic) aus Katar hierfür wurde ohne öffentliche Ausschreibung eine externe Mitarbeiterin eingeste...

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