Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung von Zuschlägen für Sonn- und Feiertagsarbeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat der Arbeitgeber die Zahlung von Zuschlägen für Sonn- und Feiertagsarbeit arbeitsvertraglich unter einen Widerrufsvorbehalt gestellt, so spricht dies gerade dafür, dass ein Anspruch auf die Leistung besteht, der allerdings durch einen zulässigerweise ausgeübten Widerruf wieder beseitigt werden kann.

2. Die bloße Einstellung der Zahlung stellt für sich betrachtet keinen Widerruf dar.

3. Eine doppelte Schriftformklausel ist gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, wenn sie nicht zwischen Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsvertrages durch betriebliche Übungen und durch ausdrückliche, mündliche Abrede differenziert. Denn der Ausschluss der Wirksamkeit ausdrücklicher mündlicher Abreden ist unangemessen benachteiligend i.S. von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, weil bei dem anderen Vertragsteil der unzutreffende Eindruck erweckt wird, auch ausdrückliche, mündliche Abreden seien unwirksam, obwohl diese nach § 305b BGB Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben.

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Entscheidung vom 16.09.2015; Aktenzeichen 10 Ca 2150/15)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 16.09.2015 Az. 10 Ca 2150/15 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Zahlung von Sonn- und Feiertagszuschlägen.

Die 1968 geborene Klägerin ist seit dem 01. März 2013 bei der Beklagten als Küchenhilfskraft im Objekt Seniorenheim X in E beschäftigt.

Die Parteien haben im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 29. Januar 2013 eine durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit von 35 Wochenstunden (§ 4 des Arbeitsvertrages) sowie eine monatliche Bruttovergütung von 1.240,00 € (§ 5 des Arbeitsvertrages) vereinbart. In § 6 des Arbeitsvertrages ist folgende Regelung enthalten:

"§ 6 Sonderleistungen / Widerrufsmöglichkeit

Sofern der Arbeitgeber über die in § 5 genannte Vergütung hinaus Sonderleistungen gewährt, erfolgt dies unter dem Vorbehalt des Widerrufes. Der Arbeitgeber ist zum Widerruf der Sonderleistungen mit einer Frist von 4 Wochen zum. 15. eines Monates oder zum Monatsende aus wirtschaftlichen Gründen, aus Gründen in der Leistung des Arbeitnehmers oder aus Gründen in dem Verhalten des Arbeitnehmers berechtigt. Als Widerrufsgrund vereinbaren die Parteien ein negatives wirtschaftliches Ergebnis der Betriebsstätte X auf der Basis der betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA), eine unterdurchschnittliche Arbeitsleistung oder eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers, die den Arbeitgeber zum Ausspruch einer Abmahnung berechtigen würde."

In § 21 des Arbeitsvertrages ist folgende Schriftformklausel enthalten:

"§ 21 Schlußbestimmungen / Schriftformklausel

21.1. Mündliche Nebenabreden zu diesem Vertrag bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für die Aufhebung der Schriftformklausel selbst.

21.2. Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein, so wird hierdurch die Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen nicht berührt."

Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses zahlte die Beklagte an die Klägerin über die vereinbarte Bruttomonatsvergütung von 1.240,00 € hinaus für geleistete Sonn- und Feiertagsarbeit einen Zuschlag von 30 % unter Zugrundelegung eines Stundenlohns von 8,14 €.

Ab Januar 2015 zahlte die Beklagte eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 1.294,13 €. Dies entspricht einem Stundenlohn von 8,50 € brutto.

Die Zahlung von Zuschlägen für Sonn- und Feiertagsarbeit stellte die Beklagte ein.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin die Zuschläge für die in den Monaten Januar, Februar, März, Mai, Juni und Juli 2015 geleisteten Sonn- und Feiertagsstunden in Höhe von 30 % von 8,50 €, insgesamt einen rechnerisch unstreitigen Betrag von 241,62 € geltend. Des Weiteren begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie Sonntagszuschläge in Höhe von 30 % des jeweiligen Stundenlohnes zu zahlen.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Ansprüche folgten zumindest aus dem Rechtsinstitut der betrieblichen Übung. Sie habe davon ausgehen dürfen, dass ihr ein solcher Anspruch auf Dauer zuwachsen sollte, da die Beklagte seit Beginn des Arbeitsverhältnisses die Sonn- und Feiertagszuschläge jeweils in Höhe von 30 % des Stundenlohns in den Lohnabrechnungen ausgewiesen und gezahlt habe. Auch habe sie ein Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte zur Zahlung von Sonntagszuschlägen in Höhe von 30 % des jeweiligen Stundenlohnes verpflichtet sei, da die Beklagte die Zahlung ablehne.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 241,62 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.08.2015 zu zahlen.
  2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie Sonntagszuschläge...

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