Die Revision wird nicht zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, vom Arbeitnehmer verschuldete Arbeitsunfähigkeit. tätliche Auseinandersetzung. Kündigung aus Anlass der Erkrankung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Arbeitnehmer handelt schuldhaft nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG, wenn er gröblich gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt.

2. Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 S. 1 EFZG (Kündigung aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit) obliegt grundsätzlich dem Arbeitnehmer.

 

Normenkette

EntgFG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 8 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Urteil vom 14.07.2004; Aktenzeichen 3 Ca 39/04)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 14.07.2004 – 3 Ca 39/04 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle für die Zeit vom 20.10.2003 bis zum 30.11.2003.

Der am 12.11.1976 geborene Kläger war in der Zeit vom 21.05.2003 bis zum 05.11.2003 im Betrieb der Beklagten, die Inhaberin der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung ist, beschäftigt.

Am Wochenende des 18.10./19.10.2003 war der Kläger bei dem Bruder seiner Freundin, der Zeugin Z2xxxxx, zu Besuch, wo eine Feier stattfand. Bei dieser Feier gab es eine tätliche Auseinandersetzung, in die der Kläger involviert war. Die Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig. Der Kläger erlitt bei der Feier einen Armbruch, wobei streitig ist, ob dies anlässlich der Schlägerei oder eines Sturzes auf der Treppe geschah. Nach der Auseinandersetzung begab sich der Kläger in die Nähe seines Pkw's, wo er von der hinzugerufenen Polizei angetroffen wurde. Die Polizei nahm dem Kläger den Führerschein ab.

Am Montag, dem 20.10.2003, erschien der Kläger bei der Beklagten und meldete sich arbeitsunfähig. Hierbei erklärte er gegenüber der Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin J1xxxxxxx, er habe sich den Armbruch bei der Schlägerei am Wochenende mit seinem Schwager zugezogen, als er dessen Frau in Schutz genommen habe. Den vom Kläger geschilderten Sachverhalt teilte Frau J1xxxxxxx dem Geschäftsführer der Beklagten mit.

Mit Schreiben vom 21.10.2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 05.11.2003.

Der Kläger war zumindest bis zum 30.11.2003 arbeitsunfähig krank. Die Beklagte zahlte an den Kläger keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ab 20.10.2003.

Der Kläger hat die vorliegende Klage am 08.01.2004 erhoben.

Der Kläger hat behauptet, ihm sei von der Beklagten aus Anlass seiner Arbeitsunfähigkeit gekündigt worden. Dies habe ihm die Zeugin J1xxxxxxx auch nach Zugang der Kündigung nochmals bestätigt, indem sie ihm gesagt habe, ihm wäre nicht gekündigt worden, wenn nicht der Eindruck entstanden wäre, dass er sich den Armbruch bei einer Schlägerei zugezogen habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.555,75 EUR brutto zu zahlen nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01.12.2003.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe die Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet, da er die Phase der Tätlichkeit eingeleitet habe. Des weiteren sei ihm wegen des Verlustes der Führerscheins gekündigt worden.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung der Zeuginnen S4xxxxxx Z2xxxxx und B2xxxx J1xxxxxxx. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung des Arbeitsgerichts vom 14.07.2004 verwiesen.

Durch Urteil vom 14.07.2004 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Den Streitwert hat es auf 1.555,75 EUR festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei nicht bewiesen, dass der Kläger die Arbeitsunfähigkeit verschuldet habe, noch dass die Kündigung nicht aus Anlass der Erkrankung erfolgt sei.

Gegen diese ihr am 17.08.2004 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat die Beklagte am 31.08.2004 Berufung eingelegt und diese ebenfalls am 31.08.2004 begründet.

Die Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an. Sie stützt sich maßgeblich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 14.07.2004 – 3 Ca 39/04 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 14.07.2004 – 3 Ca 39/04 – zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen und auf die Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

A. Die ...

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