Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Direktanspruch des Arbeitnehmers gegen Arbeitgeber bei Gewährung von Aktienoptionen durch Konzern. Gesamtschuldnerische Haftung für Aktienoptionen als vertragsgemäße Leistung durch Arbeitgeber und Konzern

 

Leitsatz (amtlich)

Restricted Stock Units oder Aktienoptionen, die einem Arbeitnehmer von einem Dritten, etwa einer Konzernobergesellschaft, gewährt werden, stellen keine vertragsmäßige Leistung i.S.d. §§ 74 Abs. 2 HGB, 74b Abs. 2 HGB dar.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich der Arbeitgeber neben der emittierenden Gesellschaft zumindest konkludent auch selbst vertraglich verpflichtet hat

Einzelfallentscheidung zur Auslegung einer Abwicklungsvereinbarung: hier konkludente Verpflichtung der Beklagten abgelehnt.

 

Normenkette

HGB § 74 Abs. 2, § 74b Abs. 2; GewO § 110; ZPO § 97; BGB §§ 242, 780

 

Verfahrensgang

ArbG Minden (Entscheidung vom 17.02.2021; Aktenzeichen 3 Ca 470/20)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 17.02.2021 - 3 Ca 470/20 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe einer Karenzentschädigung, konkret die Einbeziehung seitens einer Obergesellschaft gewährter Restricted Stock Units (im Folgenden nur noch RSUs).

Die Beklagte ist ein Unternehmen der D-Gruppe.

Der Kläger war aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 08.12.2011 bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen bis zum 31.01.2020 als Senior Alliance & Channel Manager zu einem monatlichen Grundgehalt von zuletzt 10.666,67 EUR beschäftigt.

Im Arbeitsvertrag vom 08.12.2011 wurde in § 15 Abs. 2 des Arbeitsvertrages ein neunmonatiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Die diesbezügliche Regelung der Karenzentschädigung lautet:

§ 15 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot / Abwerbeverbot / Vertragsstrafe

[...]

(2.3)

Für die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots verpflichtet sich die Gesellschaft nach Ende der Anstellung eine Entschädigung zu zahlen, welche für jedes Jahr des Verbotes die Hälfte der vom Angestellten zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistung erreicht.

(2.4)

Ergänzend gelten die § 74 ff HGB.

[...]

Nach dem Ausscheiden des Klägers hielt dieser sich ohne Erzielung anderweitigen Erwerbs an das vereinbarte Wettbewerbsverbot; im Gegenzug zahlte die Beklagte an ihn für Februar bis Oktober 2020 eine Entschädigung in Höhe von monatlich 5.310,42 EUR brutto, die der Hälfte des durchschnittlich erzielten Grundgehalts entsprach.

Bereits vor Abschluss seines Arbeitsvertrages mit der D.de GmbH wurde er per Schreiben der D.com, Inc. vom 28.11.2011 auf die Möglichkeit des Bezuges von 750 RSUs, betreffend Stammaktien der D.com, Inc., aufmerksam gemacht (Anlage K6, Bl. 32 der Gerichtsakte). Hintergrund für diese Bezugsmöglichkeit ist die Umsetzung eines durch die D.com, Inc. 1997 beschlossenen Stock Incentive Plans, nach dem bestimmte Mitarbeiter mittels jährlich separat abzuschließender Verträge mit ihr die Zuteilung von RSUs vereinbaren können. Wegen einer solchen Mustervereinbarung wird auf Anlage K15, Bl. 124 ff. der Gerichtsakte ausdrücklich Bezug genommen. Die D.com, Inc. warb zudem im Jahr 2020 gegenüber potentiellen Arbeitskräften und den Aktionären mit einem sog. "Total Compensation Modell", wonach sich das Gehalt bestimmter Mitarbeiter in herausgehobener Stellung aus einem moderaten Grundgehalt und RSUs zusammensetzt (vgl. Anlage K11a, Bl. 118 ff. der Gerichtsakte).

Der Kläger partizipierte während seines Arbeitsverhältnisses entsprechend an dem Programm und erhielt jährlich jeweils die Gewährung einer bestimmten Anzahl von RSUs. Dabei wurde in den jährlichen Feedbackgesprächen die vom Kläger im Vorjahr geleistete Arbeit bewertet und floss in die Anpassung der künftigen Restricted Stock Units Award Agreements ein. Die Letztentscheidung oblag dabei der D.com, Inc., die sich in der Regel jedoch an den Vorschlägen der lokalen Führungskräfte orientierte.

Aufgrund entsprechender Agreements wurden dem Kläger zunächst RSUs zugeteilt bzw. gewährt, aber noch nicht auf ihn übertragen. In den Vereinbarungen wurden stattdessen in der Zukunft liegende, gestaffelte Übertragungszeitpunkte, sog. Vestings, der zugeteilten RSUs festgelegt. Erst im Vestingzeitpunkt sind die den RSUs zugrundeliegende Stammaktien übertragungsreif. Gemäß Ziff. 6 der Vereinbarung verfallen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht gevestete RSUs ersatzlos, wobei dies bereits ab dem Datum einer Freistellung gelten soll (Anlage K15, Bl. 124 R der Gerichtsakte). Sie enthalten ferner in Ziff. 11 u.a. den Passus, dass weder der Plan, die Zuteilung noch die Ausgabe von Aktien ein Recht auf Beschäftigung begründen oder als Abschluss eines Arbeitsvertrages mit der D.com, Inc. gelten und die RSUs bzw. die erhaltenen Aktien keinen Teil der tatsächlichen oder erwarteten Vergütung darstellen (Bl. 126 R, 127 der Gerichtsakte).

Die Beklagte teilte dem Kläger für das Vergütungsjahr 2019 unter dem Titel "Zusammenfassung der persönlichen Verg...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge