Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Oberärztin nach dem TV-Ärzte/VKA

 

Leitsatz (amtlich)

1. Da die Eingruppierungsnormen des TV-Ärzte/VKA eine hierarchische Steigerung beinhalten, muss die übertragene medizinische Verantwortung des Oberarztes über diejenige des Facharztes im Allgemeinen hinausgehen. Daher muss der Oberarzt in der Regel Verantwortung auch für fremdes ärztliches Tun tragen.

2. Diese Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn der Oberarzt die Verantwortung für die Tätigkeit eines approbierten Psychotherapeuten trägt.

 

Normenkette

TV-Ärzte/VKA § 16

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Urteil vom 17.01.2008; Aktenzeichen 4 Ca 2096/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.08.2011; Aktenzeichen 4 AZR 565/09)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 17.01.2008 – 4 Ca 2096/07 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 01.04.2007 nach der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA zu vergüten.

Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

Die am 01.02.13xx geborene Klägerin, eine Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie, steht seit dem 15.11.2001 bei dem beklagten L4xxxxxxxxxxxxxxxx als Ärztin in einem Arbeitsverhältnis. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Beklagten jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

Die L5x-Klinik in H4xx, in der die Klägerin beschäftigt ist, ist ein Institut für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. Sie ist in 4 Bereiche gegliedert, 3 Stationsbereiche und den Bereich der Tageskliniken, die sich in S1xxx, H4xx, R1xxx-W4xxxxxxxxx und B3xxxxxxx befinden. Die Gesamtklinik wird geleitet durch einen Chefarzt. Oberärztin für den Bereich der Tageskliniken ist Frau D1. S2xxxxx, die die Tageskliniken monatlich besuchen soll. Zwischen den Parteien ist streitig geblieben, ob sie im Jahre 2008 viermal oder achtmal in der Tagesklinik in B3xxxxxxx gewesen ist.

Mit Schreiben vom 19.8.2003 wurde der Klägerin die ärztliche Leitung der Tagesklinik in B3xxxxxxx übertragen, die sie mit dem 01.11.2004 übernahm. Sie führt den Titel „Oberärztin”. Bei der Tagesklinik in B3xxxxxxx, die circa 20 km vom Haupthaus in H4xx entfernt liegt, handelt es sich um eine teilstationäre Einrichtung, bei der die Patienten am Abend und an den Wochenenden wieder in ihr gewohntes Umfeld zurückkehren. In B3xxxxxxx werden etwa 12 Personen beschäftigt, darunter zwei Lehrer, zwei Pädagogen, einen Bachelor-Psychologe, eine Psychotherapeutin in Ausbildung sowie der approbierte Psychotherapeut Herr G3xxxxxx.

In der „Stellenbeschreibung Fachärztlich-therapeutische Leitung und stellvertretende therapeutische Leitung der Tageskliniken”, die für die Klägerin maßgeblich ist, heißt es auszugsweise:

„Die therapeutische Leitung der Tageskliniken liegt bei den jeweils zuständigen Fachärztinnen für Kinder- und Jugendpsychiatrie- und -psychotherapie, die stellvertretende therapeutische Leitung für alle nicht spezifisch ärztlich-medizinischen Aufgabenfelder liegt durch Delegation durch den jeweiligen bereichsleitenden Arzt/ärztlicher Direktor bei den jeweils zuständigen Diplom-Psychologen/Psychologischen Psychotherapeuten.

Die therapeutische TK Leitung umfasst ff. Aufgabenbereiche:

  • Indikationsstellung zur Aufnahme, Leitung des diagnostik-therapeutischen Gesamtprozesses einschließlich aller alltäglichen Abläufe in der TK, verantwortliche Leitung der Angehörigenarbeit, Letztentscheidung über die Entlassung
  • Verantwortliche Leitung des Therapieplanprozesses
  • Leitung und Koordination der Zusammenarbeit nach innen (TK, Schule-TK und Haupthaus H4xx) und nach außen (Ärzte, Therapeuten, Schulen, Jugendämter, Gesundheitsämter und sonstige Fachleute, Institutionen und Behörden); Gestaltung fachbezogener Außenkontakte
  • Führung der therapeutischen Dokumentation Koordination der Gesamtdokumentationen
  • Verantwortliche Führung des Schriftverkehrs (Ärzte, Kostenträger, Jugendämter etc.)
  • Sicherstellung der Umsetzung von Eckdaten aus dem Budget (Belegung, Verweildauer etc.) und Verantwortung für eine wirtschaftliche Leistungserbringung
  • Gesamtverantwortung für Weiterentwicklung und Umsetzung therapeutischer Konzepte in engem Kontakt mit allen in der TK beschäftigten Fachkräften und der fachärztlichen Bereichsleitung/dem ärztlichen Direktor
  • Fachliche Kinder- und Jugendpsychiatrie Leitung des Gesamtteams, ggf. in Abstimmung mit der Leitung des Pflege- und Erziehungsdienstes und den jeweiligen Leitungen der beteiligten Fachabteilungen
  • Personaleinsatzplanung für den ärztlich-therapeutischen Dienst
  • Gewährleistung und Weiterentwicklung fa...

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