Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliches Wettbewerbsverbot. Vertragsstrafe. Inhaltskontrolle. unangemessene Benachteiligung

 

Leitsatz (amtlich)

Auch im Interesse selbständiger Handelsvertreter erfolgt eine Inhaltskontrolle vorformulierter Vertragsklauseln, §§ 310 Abs. 1, 307 Abs. 1 S. 1 BGB.

Aus der Höhe der Vertragsstrafe kann eine unangemessene Benachteiligung des Handelsvertreters folgen (so schon: BGH v. 3.4.1998, NJW 1998, 2600). Die Rechtsfolge ist die Nichtigkeit der gesamten Vertragsklausel, § 306 Abs. 2 BGB. Eine Geltungserhaltende Reduktion ist ausgeschlossen (so schon: BGH v. 25.06.2003, NJW 2003, 2899). Die Herabsetzung der Vertragsstrafe gem. §§ 343 BGB setzt ein wirksames Vertragsstrafenversprechen voraus.

 

Normenkette

HGB § 84 ff., § 86 Abs. 1; BGB § 310 Abs. 1, § 307 Abs. 1 S. 1, § 306 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Herne (Urteil vom 22.06.2006; Aktenzeichen 3 Ca 3843/05)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 22.06.2006 – 3 Ca 3843/05 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Klägerin hat außerdem die Kosten für die Anrufung des unzuständigen Gerichts zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten nach erklärter Berufungsrücknahme durch den Beklagten noch darüber, ob der Beklagte die vertraglich festgelegte Vertragsstrafe verwirkt hat.

Die Klägerin ist eine rechtlich verselbständigte Vertriebsorganisation. Sie gehört der A3xxxxxx und M1xxxxxxx V5xxxxxxxxxxxxxxxxx an. Mit den übrigen konzernzugehörigen Gesellschaften sowie weiteren Unternehmen der deutschen Finanzwirtschaft (B3xxxxx B8xxxxxxxxxx, C1xxxxxxxxx, D6xxxxxx-B4xx, B5xxxxxxxx H3xxxxxxxxx, B6x B4xx-I1xxxx, A3xxxxxx- M1xxxxxxx-L3xxxxxxxxxxxxxxxx, Z1xxxxx-L3xxxxxxxxxxxxxxxx, A4xxxxxx-Rechtsschutzversicherung u. a.) hat sie Agenturverträge i. S. d. §§ 92, 84 ff. HGB abgeschlossen. Die Klägerin vermittelt alle Formen von Finanzdienstleistungen und zwar: Baufinanzierungen, gewerbliche Finanzierungen, Kredite, Festgeldanlagen, Investmentzertifikate, Versicherungsverträge (Leben-, Kranken-, Unfall-, Haftpflicht-, Sach- und Rechtsschutzversicherungen), Bausparverträge und Kreditkarten. Die Klägerin unterhält eine bundesweit tätige Vertriebsorganisation mit mehreren 1000 haupt- und nebenberuflichtätigen Vertretern gem. den §§ 84 ff., 92 HGB als Vermögensberater, Betreuer oder Abschlussvermittler. Der Beklagte war für die Klägerin seit dem 31.10.1996 als Außendienstmitarbeiter als Vermögensbetreuer, zuletzt auf der Stufe des Regionalgeschäftsstellenleiters tätig. Hierüber verhält sich der Vermögensberatervertrag vom 17.04./30.04.2000. Dieser Vertrag regelt unter Punkt V:

Der Vermögensberater ist verpflichtet die Interessen der Gesellschaft zu wahren, wie es ihm durch § 86 Abs. 1 HGB aufgegeben ist. Deswegen hat er es neben jeder Konkurrenztätigkeit zu unterlassen, Vermögensberater o. a. Mitarbeiter der Gesellschaft abzuwerben oder Kunden der Gesellschaft auszuspannen oder dies alles auch nur zu versuchen (vertragliches Wettbewerbsverbot).

Der Vermögensberater verpflichtet sich, es für die Dauer von 2 Jahren nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zu unterlassen, Vermögensberater oder andere Mitarbeiter der Gesellschaft abzuwerben oder Kunden der Gesellschaft auszuspannen oder dies alles auch nur zu versuchen (nachvertragliches Wettbewerbsverbot).

Verstößt der Vermögensberater gegen die vorstehenden vertraglichen oder nachvertraglichen Wettbewerbsverbote, so hat er für einen jeden Fall der Zuwiderhandlung an die Gesellschaft eine Vertragsstrafe i. H. v. 25.000,00 EUR je abgeworbener/ausgespannter Person und/oder je Versuch zu zahlen.

Weitergehende Schadenersatzansprüche bleiben unberührt.

Mit Schreiben vom 26.05.2003 kündigte die Klägerin das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist zum 30.06.2004. Am selben Tage kündigte sie den Mietvertrag über den von dem Beklagten bei ihr angemieteten Laptop zum 30.06.2003.

Die Abschlüsse des Beklagten waren seit dem Jahresende 2003 stark rückläufig. Im September 2003 erreichte der Beklagte 18 bzw. 15 Einheiten. Seit November 2003 war das erreichte Geschäft 0. Der Beklagte erzielte zuvor üblicherweise zwischen 50 und 300 Einheiten. Eine Einheit entspricht beispielsweise einem Versicherungsvertrag mit einer Versicherungssumme von 500,00 EUR und hat für den Beklagten einen Provisionswert von ca. 10,00 EUR (ohne Erfolgsprovision und sonstige Sonderleistungen). Am 18.01.2004 erhielt die Klägerin eine Mitteilung der Auskunftsstelle für den Versicherungs-/Bausparkassenaußendienst und Versicherungsmakler in D7xxxxxxxxx e. V. (A5xx) aus der sich ergab, dass der Beklagte seit dem 01.12.2003 als Versicherungsmakler für die H4xxxxxx Versicherungen, Filialdirektion K2xx, tätig sei. Einige Tage später erhielt sie eine Korrektur vom 20.01.2004. Die Tätigkeitsmeldung sei als gegenstandslos zu betrachten; diese sei irrtümlich erfolgt. Gem. Schreiben der H4xxxxxx, s5xxxxxxxxxxxx L2xxxxxxxxxxxxxxxxx...

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