Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkenntnisurteil. Berufungsbegründungsanforderungen

 

Leitsatz (amtlich)

Enthält die Berufungsbegründung bei einem Anerkenntnisurteil keine Auseinandersetzung damit, dass ein Anerkenntnis vorliegt, so ist die Berufung unzulässig. Ein nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgebrachter Restitutionsgrund vermag zwar grundsätzlich die nachträgliche Zulässigkeit der Berufung zu bewirken, dies setzt aber voraus, dass der Grund innerhalb der Frist für die Erhebung der Restitutionsklage vorgebracht wurde.

 

Normenkette

ZPO § 520 Abs. 3, §§ 580, 582, 586

 

Verfahrensgang

ArbG Bocholt (Urteil vom 25.06.2009; Aktenzeichen 3 Ca 421/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Anerkenntnis-Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 25.06.2009 – 3 Ca 421/09 – wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I

Die Parteien streiten um Entgeltfortzahlungsansprüche des Klägers in Höhe von 924,62 EUR.

Mit seiner am 11.02.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 924,62 EUR brutto nebst Zinsen verlangt und dies im Kammertermin am 25.06.2009 in der mündlichen Verhandlung beantragt. Auf Anregung der Kammer hat die Beklagte ein Anerkenntnis abgegeben, das zu Protokoll genommen und vorgespielt und genehmigt worden ist. Der Kläger hat daraufhin den Erlass eines Anerkenntnis-Urteils beantragt, das vom Arbeitsgericht mit folgendem Tenor verkündet worden ist:

  1. „Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 924,62 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 30.11.2008 zu zahlen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
  3. Der Streitwert wird auf 924,62 EUR festgesetzt.”

Gegen dieses ihr am 02.07.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 31.07.2009 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 02.10.2009 am 28.09.2009 begründet.

Die Beklagte greift das Anerkenntnis-Urteil mit Ausführungen zum Bestehen eines Anspruchs des Klägers auf Entgeltfortzahlung an. Nachdem das Gericht mit Schreiben vom 06.10.2009 darauf hingewiesen hat, dass die Berufung auf den Erlass eines Anerkenntnis-Urteils nach erklärtem Anerkenntnis der Beklagten nicht eingegangen sei und insoweit Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen könnten, hat die Beklagte mit einem am 23.10.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz darauf hingewiesen, dass Anerkenntnis-Urteile mit dem Rechtsmittel der Berufung angegriffen werden könnten, da regelmäßig eine materielle Beschwer bestehe. Mit Schriftsatz vom 17.11.2009 hat sie das erklärte Anerkenntnis ausdrücklich widerrufen, da sie über eine neue beweiserhebliche Urkunde verfüge.

Die Beklagte hat angekündigt zu beantragen, das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 25.06.2009 – 3 Ca 421/09 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat um die Zurückweisung der Berufung der Beklagten gebeten und in seiner Stellungnahme zur Berufungsbegründung darauf verwiesen, dass die Beklagte nicht dargelegt habe, warum trotz des Anerkenntnisses kein Anerkenntnis-Urteil habe ergehen können.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Berufung der Beklagten ist unzulässig.

Sie ist zwar in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 1 und 2 ZPO). Ihre innerhalb der Berufungsbegründungsfrist eingereichte Berufungsbegründung genügt jedoch nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Die nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingereichten Schriftsätze der Beklagten vermögen hieran nichts mehr zu ändern, selbst wenn sie inhaltlich als ausreichende Berufungsbegründung anzusehen wären.

Die Berufung der Beklagten ist allerdings nicht schon deshalb unzulässig, weil sie den streitigen Anspruch in der mündlichen Verhandlung am 25.06.2009 anerkannt hat. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass sie trotz Anerkenntnisses materiell durch das erlassene Anerkenntnis-Urteil beschwert ist und deshalb die Möglichkeit besteht, im nächsten Rechtszug eine abweichende Entscheidung zu erreichen.

Nach § 520 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 ZPO muss die Berufungsbegründung darlegen, aus welchen Umständen sich eine Rechtsverletzung durch die angefochtene Entscheidung ergibt oder ob Zweifel an der Tatsachenfeststellung bestehen oder ob neue Tatsachen vorgebracht werden. Das Arbeitsgericht hat gemäß § 307 Abs. 1 ZPO ein Anerkenntnis-Urteil erlassen. Dies ergeht dann, wenn eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch bei der mündlichen Verhandlung ganz oder zum Teil anerkennt. Liegt ein Anerkenntnis vor, so ist sie dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen.

Das prozessuale Anerkenntnis ist nach Rechtsprechung und herrschender Meinung ausschließlich Prozesshandlung. Es bezieht sich nur auf den mit der Klage geltend gemachten prozessualen Anspruch, dem sich der Anerkennende unterwirft. Eine materiell-rechtliche Komponente enthält das pro...

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