Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe aufgrund einer Nachprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein formal ordnungsgemäß durchgeführtes Nachprüfungsverfahren gemäß § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. (= § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO) ist Voraussetzung für eine Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Nr. 2 ZPO a. F. (= § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).

2. Dazu ist grundsätzlich die Zustellung der Aufforderung an die Partei, sich über eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, an ihren Prozessbevollmächtigten erforderlich, wenn dieser sie bereits im Bewilligungsverfahren vertreten hat.

3. Ein formal ordnungsgemäß durchgeführtes Nachprüfungsverfahren liegt auch dann vor, wenn die Partei auf eine formlose Aufforderung zur Mitwirkung hin eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorlegt und spätestens die letzte Erinnerung, Angaben zu ergänzen und/oder Belege vorzulegen, vor dem Aufhebungsbeschluss dem Prozessbevollmächtigten der Partei zugestellt wird.

 

Normenkette

ZPO § 120a Abs. 1 S. 3; ZPO a.F. § 124 Nr. 2, § 120 Abs. 4 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Entscheidung vom 20.11.2013; Aktenzeichen 1 Ca 1907/11)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamm vom 20. November 2013 (1 Ca 1907/11) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.), §§ 567 ff. ZPO, § 40 EGZPO zulässige und als sofortige Beschwerde auszulegende Beschwerde des Klägers vom 6. Dezember 2013 ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die bewilligte Prozesskostenhilfe wegen ungenügender Mitwirkung des Klägers im Nachprüfungsverfahren des § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. gemäß § 124 Nr. 2 ZPO a. F. aufgehoben.

1. Die Aufhebung der durch Beschluss vom 12. Dezember 2011 bewilligten Prozesskostenhilfe durch die hier angefochtene Entscheidung ist nach formal ordnungsgemäßer Beteiligung des Klägers erfolgt. Der Kläger hat nach der im automationsgestützten Verfahren formlos übersandten Aufforderung, sich über eine Änderung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, eine entsprechende Erklärung auf dem amtlichen Vordruck gemäß § 117 Abs. 3 ZPO zu den Akten gereicht. Ein Beleg über sein angegebenes Einkommen von 1.160,00 € brutto war dieser Erklärung nicht beigefügt. Die zunächst an ihn formlos versandten Aufforderungen vom 4. Juli 2013 und 29. Juli 2013 zur Vorlage eines aktuellen Einkommensnachweises blieben unbeantwortet. Auf die dann seinen Prozessbevollmächtigten am 13. September 2013 zugestellte Auflage erfolgte keine Reaktion. Die Zustellung einer solchen Erinnerung, mit der unter Fristsetzung die Auflage erteilt wird, einen fehlenden Beleg zu einer bereits abgegebenen Erklärung nachzureichen, ist ausreichend, um die Voraussetzungen zu erfüllen¸ die an ein ordnungsgemäßes Verfahren, das zur Aufhebung einer bewilligten Prozesskostenhilfe führen soll, zu stellen sind.

a) Zwar ist grundsätzlich bereits die erste Aufforderung zur Mitwirkung im Nachprüfungsverfahren des § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F. (= § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO), nämlich sich über eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, nicht an die Partei selbst, sondern an deren Prozessbevollmächtigten zuzustellen, wenn dieser sie bereits im Bewilligungsverfahren vertreten hat (vgl. LAG Hamm, 5. Juli 2013, 5 Ta 254/13, [...]; 30. September 2013, 14 Ta 160/13, [...] jeweils m. w. N.). Das hat zur Folge, dass die formlose Übersendung im automationsgestützten Verfahren und dieser nachfolgende formlose Erinnerungen an die Abgabe der Erklärung nicht ausreichen, um das Aufhebungsverfahren nach § 124 Nr. 2 ZPO a. F. (= § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) ordnungsgemäß durchzuführen. Fehlt es an einer Zustellung der Aufforderung, ist die Aufhebung der Bewilligung zu Unrecht erfolgt. Nicht zuletzt im Hinblick auf die nach § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO a. F. (= § 120a Abs. 1 Satz 4 ZPO) nur zeitlich begrenzt für vier Jahre nach rechtskräftiger Entscheidung oder sonstiger Beendigung des Verfahrens bestehende Möglichkeit einer Abänderung der ursprünglichen Bewilligungsentscheidung ist es erforderlich, dass der Aufhebungsentscheidung des Arbeitsgericht ein von ihm formal ordnungsgemäß durchgeführtes Verfahren zugrunde liegt. Ist das nicht der Fall, verbleibt es bei der ursprünglichen Bewilligung (vgl. LAG Hamm, 30. September 2013, a. a. O.¸ 23. Juni 2014, 14 Ta 330/14, demnächst [...]).

b) Reagiert die Partei jedoch, wie im vorliegenden Fall, auf eine formlose Aufforderung mit der Übersendung einer Erklärung, bedarf es einer Zustellung nur noch dann, wenn diese Erklärung oder die ihr beigefügten Belege Mängel aufweisen, daher eine Abänderung oder Aufhebung der ursprünglichen Bewillig...

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