Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert und Rechtsmittelbeschwer bei Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Rechtsmittelbeschwer des zur Auskunftserteilung verurteilten Beklagten bemisst sich in der Regel nach dem wirtschaftlichen Aufwand, der durch die Auskunftserteilung erforderlich werden würde.

Eine höhere Bewertung kommt nur ausnahmsweise bei einem Geheimhaltungsinteresse des Auskunftspflichtigen in Betracht (hier: verneint für die Verurteilung zur Auskunft über die Höhe der Trinkgelder in den Toilettenanlagen eines Einkaufszentrums).

 

Normenkette

ArbGG § 64 Abs. 2b

 

Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 21.01.2014; Aktenzeichen 1 Ca 2158/13)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 21.01.2014 - 1 Ca 2158/13 - wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Die Revisionsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Erteilung einer Auskunft über die Höhe der von der Beklagten in den Monaten Juli, August und September 2013 vereinnahmten Trinkgelder in den Toilettenanlagen des D P.

Der 1956 geborene Kläger war seit dem 21.11.2005 bei der Beklagten, einem Unternehmen des Gebäudereinigungs- und Gebäudedienstleistungsgewerbe, als Reiniger beschäftigt. Hierfür erhielt er einen Stundenlohn in Höhe von 9,00 € brutto. Sein monatliches Einkommen belief sich auf etwa 1.100,-- € brutto.

Das D P erhebt von den Kunden/Besuchern für die Nutzung der Toilettenanlagen kein Entgelt. Im Eingangsbereich der vier Toilettenanlagen sind auf dort vorgehaltenen Tischen Sammelteller aufgestellt, auf denen die Toilettenbesucher einen Geldbetrag hinterlassen können. In den Toilettenbereichen sind Aufsichtskräfte beschäftigt (sog. Sitzerinnen). Hauptaufgabe dieser Beschäftigten ist es, sich ständig - zumeist sitzend - an einem dieser Tische mit Sammelteller aufzuhalten, dabei stets einen sauberen weißen Kittel zu tragen, das Geld, welches die Toilettenbesucher freiwillig auf den Teller legen, regelmäßig bis auf wenige Geldstücke abzuräumen, zunächst in die Kitteltasche zu stecken und je nach Aufkommen mehrmals je Schicht in einen Tresor zu legen. Darüber hinaus haben sie die Toilettenanlagen zu kontrollieren und im Bedarfsfall das Reinigungspersonal über Funk zu rufen. Die Ehefrau des Klägers, die Klägerin des Verfahrens 1 Ca 1603/13 Arbeitsgericht Gelsenkirchen/16 Sa 199/14 LAG Hamm war als eine solche Sitzerin beschäftigt.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte im Wege der Stufenklage zu verurteilen, ihm Auskunft über die Höhe der in den Toilettenanlagen des D P vereinnahmten Trinkgelder in den Monaten Juli, August und September 2013 zu erteilen.
  2. Nach erteilter Auskunft die Beklagte zu verurteilen, die Richtigkeit der Auskunft gem. dem Klageantrag an Eides statt zu versichern.
  3. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1/20 des sich aus der gem. Klageantrag zu 1) erteilten Auskunft ergebenden Gesamtbetrags nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 21.01.2014 hat dieses die Beklagte verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Höhe der in den Toilettenanlagen des D P in den Monaten Juli, August und September 2013 vereinnahmten Trinkgelder zu erteilen. Die Kostenentscheidung hat es dem Schluss-Urteil vorbehalten und den Streitwert für den Auskunftsantrag auf 3.000,-- € angesetzt. Eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung hat das Arbeitsgericht nicht getroffen.

Von der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstands erster Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils abgesehen.

Gegen dieses ihr am 14.02.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.02.2014 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Durch gerichtliches Schreiben vom 07.03.2014 ist die Beklagte um Darlegungen zur Höhe der Beschwer gebeten und darauf hingewiesen worden, dass sich der Beschwerwert bei einer Auskunftsklage unterschiedlich bemesse, je nachdem, ob der Kläger oder der Beklagte Berufung einlege. Für die Berufung des zur Auskunftserteilung verurteilten Beklagten sei in der Regel der wirtschaftliche Aufwand, der durch die Auskunftserteilung erforderlich würde, maßgeblich. Die Beklagte hat im vorliegenden Verfahren keine Stellungnahme abgegeben. Im Rechtsstreit der Ehefrau des Klägers hat sie sich darauf berufen, dass ein wertsteigerndes Geheimhaltungsinteresse vorliege.

Die Beklagte kündigt den Antrag an,

unter Abänderung von Ziffer 1) des am 14.02.2014 zugestellten Teil-Urteils - 1 Ca 2158/13 - des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen die Klage abzuweisen hinsichtlich des Antrags auf Verurteilung der Beklagten zur Erteilung von Auskunft über die Höhe der in den Toilettenanlagen des D P in den Monaten Juli, August und September 2013 vereinnahmten Trinkgelder.

Der Kläger kündigt den Antrag an,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Berufung für unzulässig.

II

Die Berufung de...

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