Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstellenbesetzung. offensichtliche Unzuständigkeit. Mitbestimmung bei der zeitlichen Lage des Urlaubs von Mitarbeitern. Urlaubsdauer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gemäß § 98 Abs. 1 S. 1 ArbGG kann ein Antrag auf Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden und auf Festsetzung der Zahl der Beisitzer wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle nur dann zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt und sich die beizulegende Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erkennbar nicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand des Betriebsverfassungsgesetzes subsumieren lässt.

2. Durch die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG wird das dem Arbeitgeber bei der Festlegung der Lage des Urlaubs zustehende Gestaltungsrecht beschränkt. Dadurch sollen die Urlaubswünsche der einzelnen Arbeitnehmer und das betriebliche Interesse an der Kontinuität des Betriebsablaufs sinnvoll aufeinander abgestimmt werden. Sinn und Zweck ist dabei der Ausgleich der bei der Urlaubsfestlegung bestehenden widerstreitenden Interessen, namentlich zwischen den Urlaubswünschen einzelner Arbeitnehmer – auch untereinander – und dem Interesse des Arbeitgebers an einem geordneten, kontinuierlichen Betriebsablauf.

3. Demgegenüber bezieht sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht auf die Dauer des Urlaubs. Der Anspruch auf Urlaub und dessen Dauer bemessen sich vielmehr nach dem Gesetz (etwa § 3 BUrlG), den Vorschriften der Tarifverträge und nach günstigeren Individualvereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien. Mitbestimmungsfrei ist – auch bei einem rollierenden betrieblichen Freizeitsystem – auch die konkrete Berechnung der Urlaubsdauer.

 

Normenkette

ArbGG § 98; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Herford (Beschluss vom 11.11.2011; Aktenzeichen 2 BV 50/11)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 11.11.2011 – 2 BV 50/11 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.

Der Antragsteller ist der für die beiden Arbeitgeberinnen, die Beteiligte zu 2. und die Beteiligte zu 3., gebildete Betriebsrat.

Die Arbeitgeberin zu 2. fertigt Müllgefäße aus Kunststoff. Die in ihrem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer sind in einem 18-Schichten-Modell eingesetzt und arbeiten sieben Tage die Woche mit entsprechender Genehmigung durch die Bezirksregierung. Die Arbeitgeberin zu 2. ist nicht tarifgebunden, in ihrem Betrieb gilt ein Haustarifvertrag vom 25.03.2010, wonach der Manteltarifvertrag für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie NRW Anwendung findet.

Die Arbeitgeberin zu 3. fertigt Emballagen schwerpunktmäßig für die chemische Industrie und die Petro-Industrie. In ihrem Betrieb wird dreischichtig an fünf Tagen in der Woche gearbeitet. Die Arbeitgeberin zu 3. ist kraft Verbandsmitgliedschaft an den Manteltarifvertrag der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie NRW gebunden.

Im Frühjahr 2011 fanden mit der IG Metall Tarifverhandlungen über Entgelterhöhungen statt, bei denen die Forderungen der Belegschaft und der IG Metall nach Auffassung der Arbeitgeberinnen über das hinausgingen, was die Unternehmen angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation in der Lage waren zu verkraften. Im Rahmen der geführten Tarifverhandlungen wurden die im Betrieb der Arbeitgeberinnen gewährten Zuschläge und Zulagen überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass durch das im Betrieb der Arbeitgeberin zu 2. praktizierte 18-Schichten-Modell mit den dazugehörigen unmittelbaren Freischichten ein Modell gefahren wird, bei dem die Mitarbeiter im Durchschnitt weniger als die üblichen fünf Tage in der Woche anwesend sind. In der Vergangenheit hatte die Arbeitgeberin zu 2. jährlich 30 Urlaubstage gewährt.

Nachdem nach Durchführung von Streikmaßnahmen zwischen den Tarifvertragsparteien ein neuer Entgelttarifvertrag abgeschlossen worden war, entstand zwischen den Betriebsparteien Streit über die Höhe des den Mitarbeitern der Arbeitgeberin zu 2. zustehenden Urlaubsanspruchs. Durch Aushang vom 31.08.2011 (Bl. 61 d. A. 10 TaBV 87/11) teilte die Arbeitgeberin den tariflichen Mitarbeitern der Arbeitgeberin zu 2. daraufhin unter anderem folgendes mit:

„… Da es uns nicht gelungen ist, im Rahmen der Tarifverhandlungen eine Flexibilisierung der Arbeitszeit im Produktionsbereich zu erreichen, haben wir in den letzten Wochen erneut alle Kosten auf den Prüfstand gestellt. Als ein Ergebnis dieser Analyse sehen wir uns leider gezwungen, die folgenden Maßnahmen zu ergreifen:

  1. Anrechnung freiwilliger Zulagen und anrechenbarer Anteile übertariflicher Zulagen auf die Entgelterhöhung. Im Einklang mit den bestehenden Betriebsvereinbarungen.
  2. Wegfall der Rufbereitschaft ...

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