Entscheidungsstichwort (Thema)

Funktionellle Zuständigkeit des Rechtspflegers für die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

Zuständig für die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens ist das Gericht (§ 120 Abs. 4 ZPO a. F., § 120a Abs. 1 ZPO); sie ist dem Rechtspfleger gemäß § 3 Nr. 3, § 20 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c) RPflG übertragen. Eine weitergehende Übertragung insbesondere auf den mittleren Dienst ist nicht vorgesehen (Im Anschluss an LAG Hamm, Beschluss vom 25.01.2016, 14 Ta 252/15, [...]; LAG Hamm, Beschluss v. 23.02.2016, 5 Ta 9/16, n.v.).

Leidet das Überprüfungsverfahren an einem formalen Mangel, kann dieser nicht im Beschwerdeverfahren geheilt werden. Die auf einem solchen Verfahren beruhende Aufhebungsentscheidung des Arbeitsgerichtes ist aufzuheben.

 

Normenkette

ZPO a.F. § 120 Abs. 4; ZPO § 120a Abs. 1; RPflG § 3 Nr. 3, § 20 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c

 

Verfahrensgang

ArbG Herne (Entscheidung vom 15.09.2015; Aktenzeichen 4 Ca 3097/12)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 18.09.2015 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 15.09.2015 (4 Ca 3097/12) aufgehoben.

Es verbleibt bei der durch Beschluss vom 10.01.2013 bewilligten Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Dem Kläger war durch Beschluss des Arbeitsgerichtes vom 10.01.2013 Prozesskostenhilfe ohne Anordnung einer Ratenzahlung bewilligt worden.

Mit Schreiben vom 18.08.2015 wurde der Kläger aufgefordert, sich über seine aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erklären. Das Schreiben wurde unterschrieben von einer Regierungsbeschäftigten des Gerichtes.

Nachdem die Erklärung nicht innerhalb der gesetzten Frist eingegangen war, wurde die bewilligte Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 15.09.2015 wieder aufgehoben. Dieses geschah durch die Rechtspflegerin.

Gegen die Entscheidung wandte sich der Kläger mit der am 21.09.2015 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, der, da sie nicht begründet wurde, nicht abgeholfen wurde.

II. Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.), §§ 567 ff. ZPO, § 40 EGZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts ist unwirksam, weil vor seinem Erlass eine ordnungsgemäße Beteiligung des Klägers im Nachprüfungsverfahren des § 120 Abs. 4 ZPO a. F. nicht stattgefunden hat.

Wie die 14. Kammer als weitere Beschwerdekammer in Prozesskostenhilfeangelegenheiten bereits mit Beschluss vom 25.01.2016 (14 Ta 252/15, [...]) entschieden hat, sowie folgend die erkennende Kammer (Beschluss vom 23.02.2016, 5 Ta 9/16, n.v.), ist ein Überprüfungsverfahren, welches nicht jedenfalls bezüglich der letzten Aufforderung an die Partei, sich über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, durch den Rechtspfleger oder die Rechtspflegerin durchgeführt wurde, unwirksam und zieht daher nicht die unmittelbare Aufhebung der Prozesskostenhilfe mangels ausreichender Mitwirkung im Überprüfungsverfahren nach sich.

Die 14. Kammer hat hierzu wie folgt ausgeführt:

Zuständig für die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens ist das Gericht (§ 120 Abs. 4 ZPO a. F., § 120a Abs. 1 ZPO); sie ist dem Rechtspfleger gemäß § 3 Nr. 3, § 20 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. c) RPflG übertragen. Eine weitergehende Übertragung insbesondere auf den mittleren Dienst ist nicht vorgesehen. Der in § 36b RPflG enthaltene Katalog von Rechtspflegeraufgaben, welche auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle übertragen werden können, enthält keine Aufgaben aus dem Bereich des Prozesskostenhilfeverfahrens. Demnach haben insbesondere die mit Erinnerungen und Auflagen verbundenen Fristsetzungen für die Mitwirkung der Partei im Nachprüfungsverfahren durch den Rechtspfleger zu erfolgen. Diese sind entsprechend § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO zuzustellen. Nur für die Ausführung der Zustellung ist gemäß § 168 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 153 GVG die Geschäftsstelle und zwar in der Person des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zuständig (vgl. Zöller/Greger, ZPO 31. Auflage, 2016, § 168 ZPO Rn. 1). Soweit danach nicht bereits die erste mit einer Fristsetzung verbundene Aufforderung zur Mitwirkung im Nachprüfungsverfahren vom zuständigen Rechtspfleger verfügt wurde, ist entweder die Auflage zur Ergänzung von Angaben und/oder Belegen oder die Erinnerung an die Mitwirkung unter Fristsetzung von ihm zu veranlassen, bevor der Aufhebungsbeschluss ergehen kann.

Eine ordnungsgemäße Beteiligung des Klägers liegt danach nicht vor (da die Aufforderung zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse weder vom Richter noch vom Rechtspfleger verfügt ist). Sie ist im Beschwerdeverfahren nicht nachzuholen, weil die formal ordnungsgemäße Beteiligung vor Erlass des Aufhebungsbeschlusses Voraussetzung für seinen rechtmäßigen Bestand ist. Nicht zuletzt im Hinblick auf die nach § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO a. F bzw. § 120a Abs. 1 S...

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