Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmungsersetzung bei Versetzung. Einleitung des Zustimmungsverfahrens. Umfang der Informationspflicht des Arbeitgebers. Auswirkungen der personellen Maßnahme. Lauf der Wochenfrist

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur ordnungsgemäßen Unterrichtung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG gehört unter anderem auch die Mitteilung des in Aussicht genommenen Arbeitsplatzes und der Auswirkungen der geplanten personellen Maßnahme. Die Unterrichtung des Arbeitgebers muss sich auf diejenigen tatsächlichen Umstände erstrecken, die dem Betriebsrat die Prüfung eines Zustimmungsverweigerungsgrundes nach § 99 Abs. 2 BetrVG ermöglichen. Zu den Auswirkungen der geplanten personellen Maßnahme gehört der Hinweis auf den Abbau von Überstunden durch Neueinstellungen. Insbesondere kann der Betriebsrat Auskunft darüber verlangen, ob durch die personelle Maßnahme lediglich der Nettopersonalbedarf gedeckt werden soll oder auf Dauer ein zusätzlicher Arbeitsplatz geschaffen wird. Bereits nach § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Personalplanung, insbesondere über den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf sowie über die sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Unter Personalplanung ist jede Planung zu verstehen, die sich auf den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf in quantitativer und qualitativer Hinsicht, auf deren Deckung im weiteren Sinne und auf den abstrakten Einsatz der personellen Kapazität bezieht. Dazu gehören jedenfalls die Personalbedarfsplanung, die Personaldeckungsplanung (Personalbeschaffung, Personalabbau), die Personalentwicklungsplanung und die Personaleinsatzplanung. Auch personelle Maßnahmen, die zur Deckung des gegenwärtigen oder künftigen Personalbedarfs erforderlich werden, sind Gegenstand einer Personalplanung.

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 1, 3-4

 

Verfahrensgang

ArbG Bocholt (Beschluss vom 29.06.2007; Aktenzeichen 1 BV 2/07)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 29.06.2007 – 1 BV 2/07 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten über die Zustimmung des Betriebsrats zu einer Versetzungsmaßnahme.

Die Arbeitgeberin ist eine Genossenschaftsbank mit ca. 440 Mitarbeitern, die durch eine Verschmelzung zweier Banken im Juni 2005 entstanden ist.

Die Revisionsabteilung bei der Arbeitgeberin bestand nach der Verschmelzung aus 6,5 Vollzeitstellen und der Stelle des Leiters der Revision, die nach der Verschmelzung der Banken im Juni 2005 neu geschaffen wurde. Nachdem die Arbeitgeberin die Stelle des Leiters der Revisionsabteilung zum 01.01.2006 nach betriebsinterner Stellenausschreibung mit einem von außen kommenden Mitarbeiter neu besetzen wollte, entstand Streit zwischen den Beteiligten darüber, ob es sich bei dem neu einzustellenden Leiter der Revisionsabteilung, Herrn R1, um einen leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG handelte und ob die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von Herrn R1 erforderlich war (ArbG Bocholt 1 BV 1/07 = LAG Hamm 10 TaBV 81/07 = BAG 1 ABR 2/08).

Im März 2006 schrieb die Arbeitgeberin intern eine Stelle als Nachwuchskraft in der Revisionsabteilung aus (Bl. 14 d.A.). Für diese Stelle bewarben sich drei Mitarbeiter, deren Bewerbungsunterlagen dem Betriebsrat überlassen wurden. Die Arbeitgeberin entschied sich für die Bewerbung von Frau D3 E2, geboren am 25.05.1981, ledig, die bisher als Mitarbeiterin in der Filiale der Arbeitgeberin in B5 unter Eingruppierung in die Tarifgruppe 4 tätig war. Mit Schreiben vom 23.05.2006 (Bl. 15 d.A.) beantragte sie beim Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung der Mitarbeiterin E2 in die Revisionsabteilung in B4 zum 01.07.2006. Als Grund für die Versetzung war angegeben „Besetzung wegen Stellenausschreibung Mitarbeiterin Revision (Nachwuchskraft)”.

Mit Schreiben vom 24.05.2006 (Bl. 16 d.A.) bat der Betriebsrat um folgende Informationen:

  1. „Begründung für die Besetzung der Stelle durch Frau D3 E2.
  2. Welche Aufgaben sollen von Frau E2 in der Revisionsabteilung übernommen werden?
  3. Sind Veränderungen im derzeitigen Personalbestand geplant? z.B. Versetzungen in andere Abteilungen oder Tochtergesellschaften?
  4. Informationen zur mittelfr. Personalplanung für die Revisionsabteilung.

    Da sich Arbeitsanfall in der Revisionsabtlg. nicht erhöht hat und fachliche Veränderungen ebenfalls nicht eingetreten sind ist

    die Grundlage für den weiteren Ausbau der Abteilung für uns nicht erkennbar.”

Dieses Schreiben des Betriebsrats beantwortete die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 30.05.2006 (Bl. 17 d.A.) wie folgt:

„Sehr geehrter Herr S3,

zu den von Ihnen gestellten Fragen i.S. Stellenbesetzung Revision nehmen wir wie folgt Stellung:

  1. Begründung für die Besetzung der Stelle durch Frau D3 E2.

    Keiner der Bewerber verfügt über die gewünschten Krediterfahrung. Aus diesem Grund haben wir – wie auch ausgeschrieben – den Focus auf den Zusatz Nachwuchskra...

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