Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflicht des Arbeitgebers zur Tragung von Anwaltskosten des Betriebsrats in einem Beschlussverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Pflicht des Arbeitgebers zur Tragung von Anwaltskosten des Betriebsrats gem. § 40 Abs. 1 BetrVG setzt zumindest voraus, dass der Rechtsanwalt dem Auftraggeber eine von ihm unterzeichnete Berechnung der Anwaltsgebühren mit dem Inhalt des § 10 Abs. 2. RVG mitgeteilt hat.

2. Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers entfällt bei einer offensichtlich aussichtslosen Rechtsverfolgung des Betriebsrats. Davon ist auszugehen, wenn die Rechtslage unzweifelhaft ist und das eingeleitete Beschlussverfahren zu einem Unterliegen des Betriebsrats führen muss (hier: bejaht).

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 1; BGB § 398

 

Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Aktenzeichen 3 BV 36/14)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 28.01.2015 - 3 BV 36/14 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten darum, ob die Arbeitgeberin aus abgetretenem Recht verpflichtet ist, im Rahmen des § 40 Abs. 1 BetrVG die Rechtsanwaltskosten für die Vertretung des Betriebsrates in einem Beschlussverfahren und die weitere Rechtsverfolgung zu tragen.

Die Arbeitgeberin ist ein Gebäudereinigungsunternehmen und ist seit mehreren Jahren damit beauftragt, die Toilettenanlagen im Einkaufszentrum D zu beaufsichtigen und zu reinigen. Vor den Toilettenanlagen hat die Arbeitgeberin Tische aufgestellt, auf denen sich ein Teller befindet; darauf können die Benutzer der Toiletten einen Obolus ablegen. In den Toilettenanlagen waren Hinweisschilder angebracht, die, bedingt durch Renovierungsarbeiten, ungefähr im Zeitraum von Dezember 2012 bis September 2013 abgehängt waren. Seit Anfang des Jahres 2014 hängen an Säulen zwischen den Toilettenanlagen und den Tellern und unmittelbar neben den Kennzeichnungen der Toilettengänge wieder Schilder mit folgendem Text:

"Liebe Gäste, der Obolus, den Sie für die Benutzung der Toiletten im D entrichten, ist freiwillig und wird an die Firma J GmbH entrichtet, die mit der Reinigung und dem Unterhalt der Toiletten beauftragt ist. Ihr Beitrag wird für die Entlohnung des hierfür eingesetzten Personals verwendet."

Die Arbeitgeberin beschäftigt im Rahmen des ihr erteilten Auftrags neben Reinigungskräften so bezeichnete Sitzerinnen. Deren einzige Aufgabe ist es, die Zuwendungen der Kunden zu beaufsichtigen und jeweils in einen Safe der Arbeitgeberin zu verbringen, sobald der Teller voll ist.

In einem Individualrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen (1 Ca 1603/13) ist mittlerweile rechtskräftig erkannt worden, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, Auskunft über die Höhe der in den Toilettenanlagen in den Monaten Mai und Juni 2013 vereinnahmten "Trinkgelder" zu erteilen. Die dortige Klägerin war eine von der Arbeitgeberin beschäftigte sogenannte Sitzerin.

Mit einem bei Arbeitsgericht am 18.03.2014 eingegangenen Antrag (Arbeitsgericht Gelsenkirchen, 5 BVGa 6/14) begehrte der Betriebsrat die Unterlassung der Vereinnahmung von Trinkgeldern vor den Toilettenanlagen. Durch Beschluss vom 01.04.2014 wurde sein Begehren zurückgewiesen. In dem Hauptsacheverfahren (Arbeitsgericht Gelsenkirchen, 5 BV 11/14) hierzu wurden die Anträge ebenfalls mit Beschluss vom 09.09.2014 abgewiesen.

Ausweislich eines von der damaligen Betriebsratsvorsitzenden F und des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden I unterschriebenen Beschlusses vom 03.02.2014, dessen Wirksamkeit von der Arbeitgeberin bestritten wird, beauftragte der Betriebsrat die Antragsteller auch dazu, erforderlichenfalls ein Einigungsstellenbesetzungsverfahren "zur Verteilung des Trinkgeldes" einzuleiten; parallel trat der Betriebsrat den auch insoweit gegenüber der Arbeitgeberin bestehenden Freistellungsanspruch betreffend entstehender Rechtsanwaltskosten an die Antragsteller ab (Bl. 19 d. A.).

Mit einer am 21.03.2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift begehrte der Betriebsrat die Besetzung einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Abschluss einer Betriebsvereinbarung über die Verteilung im D vereinnahmter Trinkgelder". Durch Beschluss des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 02.04.2014 (3 BV 13/14) wurden die Anträge zurückgewiesen. Die Beschwerde des Betriebsrates blieb ohne Erfolg, weil auch das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gekommen ist, die begehrte Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig (7 TaBV 31/14).

Mit einer an die Arbeitgeberin gerichteten Rechnung vom 05.06.2014 (Bl. 17 f. d. A.) begehrten die Antragsteller dafür die Zahlung von Rechtsanwaltskosten in einer Gesamthöhe von 3.300,10 €. Nachdem die Arbeitgeberin in der Folgezeit die Zahlung trotz Fristsetzung verweigerte, leiteten die Antragsteller das vorliegende Beschlussverfahren ein. Neben den genannten Kosten machen sie einen Betrag in Höhe von 992,22 € für Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden geltend.

Die Antragsteller haben die Ansicht...

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