Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe Beiordnung Rechtsanwalt eigene Angelegenheit

 

Leitsatz (amtlich)

Eine hilfebedürftiger Rechtsanwalt kann für die Verfolgung eines eigenen Rechtsanspruchs nicht sich selbst gem. § 121 Abs. 1 ZPO beigeordnet werden, wenn es ihm nicht an der erforderlichen Sachkunde mangelt. Dies ergibt sich – entgegen BGH IX ZB 106/02 vom 25.04.2002 – aus dem Zweck der Prozesskostenhilfe als einer Sozialleistung (so auch OLG Frankfurt 3 WF 21/92 vom 25.05.1992).

 

Normenkette

ZPO § 121 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Herne (Aktenzeichen 1 Ca 2252/06)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 14.11.2007; Aktenzeichen 3 AZB 26/07)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers vom 31.01.2007 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens unter Beiordnung der Klägers als Rechtsanwalt wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und seine eigene Beiordnung als Rechtsanwalt für die beabsichtigte Durchführung der Berufung in einem Zahlungsrechtsstreit gegen seinen früheren Arbeitgeber, der ebenfalls Rechtsanwalt ist.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist zurückzuweisen.

Die wirtschaftlichen Voraussetzungen einer Bewilligung und Beiordnung gem. § 114 ZPO sind zwar erfüllt.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist jedoch gemäß § 121 Absatz 1 ZPO abzulehnen.

Danach ist zwar in Fällen notwendiger Vertretung durch einen Rechtsanwalt eine Beiordnung vorzunehmen. Soweit dies der 9. Senat des BGH in seinem Beschluss vom 25.04.2002 – IX ZB 106/02 – zu II. der Gründe offenbar einschränkungslos vertritt, kann dem für den vorliegenden Ausnahmefall nicht gefolgt werden.

Über den reinen Wortlaut der Norm hinaus, auf den allein der BGH a.a.O. abstellt, ist deren Zweck zu berücksichtigen. Auch ist die Ansicht des BGH a.a.O. in Rechtsprechung und Literatur nicht unumstritten, wie sich schon aus Stein/Jonas/Bork 22. Aufl. ZPO § 121 Rn. 3, dort anhand der Nachweise in Fn. 9 ergibt.

Aus dem Sinn und Zweck der Norm heraus darf ein hilfebedürftiger, in eigener Angelegenheit prozessierender Rechtsanwalt sich nicht selbst beigeordnet werden (Zöller/Philippi 26. Aufl. § 121 ZPO Rn. 1, 3; OLG Frankfurt Beschluss vom 25.05.1992 – 3 WF 21/92 – FamRZ 1992, 1320 m.w.Nachw.; a.A. Bork in Stein/Jonas 22. Aufl. § 121 ZPO Rn. 3; Baumbach 65. Aufl. § 121 ZPO Rn. 26); ihm kann jedoch ein anderer Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn dies, z.B. wegen mangelnder Sachkunde auf einem Spezialgebiet, erforderlich ist (Zöller/ Philippi a.a.O.). Dies beruht auf einer teleologisch begründeten Reduktion der Norm. § 121 Abs. 1 ZPO will die ordnungsgemäße Vertretung der bedürftigen Partei auch in einem Anwaltsprozess sichern. Hierfür bedarf es keiner Anwaltsbeiordnung, wenn die bedürftige Partei selbst ein sachkundiger Rechtsanwalt ist. Wem als kostenarmer Partei Prozesskostenhilfe bewilligt wird, muss sich auf das Notwendige beschränken. Eine Beiordnung des Rechtsanwalts für seinen eigenen Prozess widerspräche dem Zweck der staatlichen Transferleistung, welche die Prozesskostenhilfe als Sozialhilfe (diesen Zweck betont auch BAG Beschluss vom 15.02.2005 – 5 AZN 781/04) für den Rechtsweg ist (so auch OLG Frankfurt a.a.O.).

So liegt es hier. Der Kläger weist, soweit es seine Sachkunde betrifft, darauf hin, bereits bei dem Einstellungsgespräch mit dem Beklagten die Fachanwaltslehrgänge für Arbeitsrecht abgeschlossen gehabt zu haben.

III.

Die Rechtsbeschwerde war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen.

 

Unterschriften

Der Vorsitzende der 9. Kammer Pakirnus Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht

 

Fundstellen

Haufe-Index 1787112

HRA 2007, 12

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