Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Auswall. Gemeinschaftsbetrieb. Betriebsstillegung. Betriebsübergang. Massenentlassung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Vorliegen eines gemeinsamen Betriebes zweier Unternehmen hat die Sozialauswahl betriebsübergreifend zu erfolgen. Nach Auflösung des Gemeinschaftsbetriebs erstreckt sich die Sozialauswahl nur auf den Betrieb bzw. Betriebsteil, der dem einzelnen Unternehmen verbleibt. Dies gilt auch, wenn der Gemeinschaftsbetrieb zwar im Kündigungszeitpunkt noch besteht, aber bereits feststeht, dass er spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist aufgelöst sein wird.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2, §§ 17-18; BGB § 613a Abs. 4; BetrVG § 102 Abs. 3; EGRL 59/98; GG Art. 9 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 25.09.2002; Aktenzeichen 5 Ca 31/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.09.2003; Aktenzeichen 2 AZR 537/02)

 

Tenor

Die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 25. September 2001 – 5 Ca 31/01 – werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 4/7, die Beklagte zu 3/7.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt mit der Klage die Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung und Weiterbeschäftigung.

Der am 05. März 1949 geborene Kläger ist seit dem 01. April 1979 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsentgelt von zuletzt DM 6.167,– als Hafenarbeiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die Hafenarbeiter der Deutschen Seehafenbetriebe Anwendung. In dem Betrieb der Beklagten ist ein Betriebsrat gebildet worden.

Mit Schreiben vom 28. Dezember 2000 (Anlage K 1, Blatt 4 der Akte) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum nächstmöglichen Zeitpunkt, wobei sie in dem Kündigungsschreiben die Auffassung vertrat, dass es sich dabei gemäss § 19 Ziffer 1 Abs. 5 des Rahmentarifvertrages für die Hafenarbeiter der Deutschen Seehafenbetriebe (im Folgenden: RTV) um den 31. Januar 2001 handele § 19 Ziffer 1 Abs. 5 RTV bestimmt, dass sich bei „Anwendung von Sozialplänen” die Kündigungsfristen nach Abs. 2 dieser Ziffer regeln. § 19 Ziffer 1 Abs. 2 RTV lautet:

„Hat das Arbeitsverhältnis einschließlich der Ausbildungszeit bei demselben Arbeitgeber 5 Jahre bestanden, so erhöht sich diese Kündigungsfrist auf einen Monat zum Monatsende”.

Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung war ein Sozialplan nicht abgeschlossen. Der Sozialplan kam erst durch Spruch der Einigungsstelle vom 27. April 2001 zustande. Die reguläre tarifliche Kündigungsfrist für den Kläger beträgt gemäß § 19 Ziffer 1 Abs. 4 RTV 9 Monate zum Ende eines Kalenderhalbjahres. Wegen der Einzelheiten des Kündigungsschreibens wird auf die Anlage K 1 zur Klagschrift (Blatt 4 der Akte) verwiesen.

Vor Ausspruch der Kündigung vom 28. Dezember 2000 wurde der Betriebsrat von der Beklagten mit einem Schreiben vom 18. Dezember 2000 nebst Anlagen (Anlage B 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 21. März 2001, Blatt 27 f der Akte) zu der beabsichtigten Kündigung angehört. Der Betriebsrat widersprach der Kündigung innerhalb der Wochen-Frist, des § 102 Abs. 3 BetrVG formgerecht schriftlich unter Darlegung konkreter Widerspruchsgründe.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nach Zustandekommen des Sozialplanes durch Spruch der Einigungsstelle vom 27. April 2001 am 30. Mai 2001 erneut, und zwar zum 30. Juni 2001 und hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt entsprechend der regulären tariflichen Kündigungsfrist.

Die Beklagte ist als Tochterunternehmen der … ein Unternehmen der … Gruppe, zu der auch die Unternehmen … sowie … gehören.

Die Beklagte, die bis zum Jahre 1997 als … firmierte, führte am … im einen Umschlagbetrieb, in dem zuletzt ungefähr 100 Arbeitnehmer beschäftigt wurden. Zum Kerngeschäft der Beklagten gehörte der Umschlag und die Lagerung von Containern, massenhaftem Stückgut, Stahl. Projektladungen, Kakao. Die Be- und Entladevorgänge wurden von den Mitarbeitern der Beklagten, zum Teil ergänzt durch Mitarbeiter anderer … Unternehmen und Gesamthafenarbeiter, unter Einsatz von Kränen und Flurförderfahrzeugen, die zum größten Teil geleast worden waren, durchgeführt. Die Kaianlagen hat die Beklagte von der Freien und Hansestadt Hamburg gepachtet.

Einen besonderen Bereich stellt der Greiferumschlag von Kupfererz dar, für den die Beklagte zwei, teilweise auch drei Kräne einsetzte. Für den Einsatz sind besonders ausgebildete Arbeitnehmer erforderlich. Von der Umweltbehörde wurde für den Betrieb dieser Anlage eine besondere Genehmigung erteilt. Auftraggeber dieses Umschlagsgeschäfts ist die Norddeutsche Affinerie.

Gelöschte Ladung wurde zum Teil in die auf dem Gelände befindlichen Schuppen gebracht, zum Teil aber auch zum Weitertransport geleitet. Ein Teil der auf dem … befindlichen Lagerschuppen stand und steht im Eingentum der Beklagten. Schuppen 69 und Schuppen 71 waren an die Firma WMC vermietet, die diese auf eigenes Auslastungsrisiko bewirtschaftete und nur für eigene Zwecke nutzt...

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