Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsentgeltberechnung. Urlaubsentgeltberechnung bei im Fernverkehr regelmäßig geleisteten Überstunden

 

Leitsatz (amtlich)

Der Gesetzeszweck des § 11 Abs. 1 BUrlG gebietet keine vom Wortsinn abweichende Auslegung dahin, daß die im Fernverkehr geleisteten Überstunden nicht als „Überstunden” im Sinn dieser Norm anzusehen sind, sondern nur die „klassischen” Überstunden, die beispielsweise aufgrund Arbeitsanfalls zusätzlich zu den vereinbarten oder tarifvertraglich üblichen Wochenstunden erbracht werden.

Dies gilt auch dann, wenn die Tätigkeit eines Kraftfahrers im Fernverkehr nur erbracht werden kann, wenn regelmäßig Überstunden geleistet werden.

 

Normenkette

BUrlG § 11 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 14.10.1997; Aktenzeichen 3 Ca 258/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 09.11.1999; Aktenzeichen 9 AZR 771/98)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 14. Oktober 1997 – 3 Ca 258/97 – wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner am 18. Juli 1997 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger das Ziel, daß auch zukünftig bei der Berechnung seines Urlaubsentgeltes von ihm im Berechnungszeitraum geleistete „Überstunden Fernverkehr” berücksichtigt werden.

Der Kläger ist seit dem 1. August 1994 bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages vom 1. August 1994 regelt sich das Arbeits- und Lohnverhältnis nach dem Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer im Güternahverkehrs- und Speditionsgewerbe für Hamburg. Gemäß § 7 des Manteltarifvertrages in der Fassung vom 13. Mai 1996 gilt das Bundesurlaubsgesetz in seiner jeweils gültigen Fassung.

Die Beklagte hat den Monatsabrechnungen für die Monate März und April 1997 für das Urlaubsentgelt die Vergütung in Höhe von DM 19,– für die Normalstunde zugrunde gelegt. Demgegenüber hat die Beklagte in der Vergangenheit das Urlaubsentgelt nach dem sich aus dem Schnitt der letzten 3 Monate ergebenden Stundensatz abgerechnet. Dieser wiederum ermittelte sich aus der Vergütung für Normalstunden, Überstunden und Überstunden Fernverkehr sowie Überstunden-, Nacht- und Feiertagszuschlägen.

Aufgrund der von ihm geleisteten Überstunden erzielte der Kläger regelmäßig ein Monatseinkommen zwischen ca. DM 7.500,– und DM 8.500,– brutto. Aufgrund der neuen Handhabung der Beklagten bei der Berechnung des Urlaubsentgeltes ergibt sich für Zeiten der Urlaubsnahme demgegenüber ein Monatseinkommen von knapp DM 5.000,– (Anlage K 1, Blatt 5 bis 8 d. A., Blatt 24 f. d. A.).

Der Kläger hat vorgetragen, es sei angesichts des Wortlautes der seit dem 1. Oktober 1996 geänderten Gesetzesfassung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Bundesurlaubsgesetz sicherlich richtig, daß Überstunden und Überstundenzuschläge nicht mehr in die Ermittlung der Höhe des Urlaubsentgeltes einzubeziehen seien. Demgegenüber könnten die abgeleisteten Überstunden Fernverkehr allerdings aus der Bemessungsgrundlage für das Urlaubsentgelt nicht herausgenommen werden. Seine Tätigkeit bestehe nämlich zu einem ganz wesentlichen Teil, und zwar sowohl nach den vertraglichen Vereinbarungen als auch nach der Handhabung in der Vergangenheit, aus Fernfahrten außerhalb des Hamburger Großraumes, unter Berücksichtigung der erforderlichen Lenkzeiten, der Ruhepausen und der Übernachtungen während solcher Arbeitseinsätze ergäben sich regelmäßig ganz erhebliche Überstunden im Fernverkehr. Hierbei handele es sich also nicht um Überstunden im klassischen Sinne, sondern um Arbeitsstunden, die neben der sogenannten Normalarbeitszeit naturgemäß durch die Art und Weise seiner zu erbringenden Arbeitsleistung anfielen. Ohne diese Mehrstunden wäre der Tätigkeitsbereich Fernverkehr überhaupt nicht mehr zu erfüllen. Auch aus der amtlichen Begründung zur Änderung des § 11 Bundesurlaubsgesetz ergebe sich, daß der Gesetzgeber die Besonderheiten des Fernverkehrs nicht gesehen habe. Er, der Kläger, sei regelmäßig im Fernverkehr tätig und regelmäßig würden die von ihm geleisteten Arbeitsstunden im Fernverkehr anfallen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß er einen Anspruch auf Einbeziehung der Überstunden Fernverkehr bei Ermittlung der Höhe des Urlaubsentgeltes hat,
  2. die Beklagte zu verurteilen, sein Urlaubsentgelt in den Monaten März und April 1997 neu zu berechnen, ihm die Abrechnung zu erteilen und den sich nach dieser neuen Abrechnung ergebenden weiteren Nettobetrag an ihn nebst 10,75 % Zinsen seit dem 14. Juni 1997 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich mit Rechtsausführungen verteidigt.

Mit Urteil vom 14. Oktober 1997 – 3 Ca 258/97 – hat das Arbeitsgericht Hamburg die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Der Wortlaut des über den vereinbarten Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung anzuwenden den § 11 Bundesurlaubsgesetz sei eindeutig. Es bedürfe daher keiner Interpretation der Vorschrift. Der Begriff der Überstunde sei ein juristischer Fachbegri...

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