Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung. Student

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein Student über mehrere Jahre regelmäßig im Umfang von ca. 80 Stunden im Monat in einem Krankenhaus als Sitzwache/Nachtwache auf der Grundlage von jeweils auf den einzelnen Einsatz befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt, so ist der Hinweis des Arbeitgebers auf das typische Interesse der Studenten an der Erhaltung ihrer Dispositionsfreiheit nicht hinreichend, um einen sachlichen Grund für die Befristungen darzulegen. Vielmehr muß sich der Student im konkreten Fall aufgrund eines entsprechenden Interesses für den Abschluß nur befristeter Arbeitsverträge entschieden haben (Abweichung von der Rechtsprechung des 7. Senats des Bundesarbeitsgerichts, vgl. z. B. Urteil vom 20. März 1996 – 7 AZR 524/95 – RzK I 9 a Nr. 103). Letzteres kann jedenfalls bei mehrjähriger regelmäßiger Beschäftigung in der Regel nur dann angenommen werden, wenn dem Studenten alternativ zum Abschluß jeweils befristeter Arbeitsverträge der Abschluß eines unbefristete Teilzeit(abruf)arbeitsverhältnisse angeboten worden ist und er sich trotzdem für eine Beschäftigung aufgrund befristeter Arbeitsverträge entschieden hat.

 

Normenkette

BGB § 620; BeschFG § 1 Abs. 5 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 06.08.1997; Aktenzeichen 16 Ca 78/97)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 6. August 1997 – 16 Ca 78/97 – abgeändert:

Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 27. Januar 1997 am 31. März 1997 aufgelöst worden ist, sondern unbefristet fortbesteht.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses und wegen einer von der Beklagten ausgesprochenen vorsorglichen Kündigung.

Der Kläger ist Student der Biologie, er studiert an der Universität Hamburg.

Zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes während des Studiums ist er seit 1992 als Krankenhelfer/Sitzwache zu bestimmten Zeiten in Krankenhäusern der Verfügungsbeklagten beschäftigt. Er hat dabei ständig ca. 80 Stunden pro Monat gearbeitet und ein monatliches Einkommen von ca. DM 2.000,– erzielt.

Der Beschäftigung liegt ein schriftlicher Rahmen-Arbeitsvertrag zugrunde, der unter anderem folgenden Inhalt hat:

§ 1

(1) Der Arbeitnehmer wird vom 15. November 1992 an nebenberuflich als stundenweise beschäftigte Sitzwache im Pflegedienst für Schwerstkranke/Nachtwache beschäftigt.

(2) Der Arbeitnehmer wird bei Bedarf zur Ableistung jeweils einer Sitzwache/Nachtwache abgerufen, deren Dauer der Arbeitgeber bestimmt. Für jeweils eine Sitzwache/Nachtwache oder an mehreren unmittelbar aufeinanderfolgenden Tagen abzuleistende Sitzwachen/Nachtwachen wird jeweils ein Arbeitsverhältnis begründet. Ein Anspruch aufregelmäßige Beschäftigung wird durch diesen Vertrag nicht begründet.

(3) Die Inanspruchnahme als Sitzwache/Nachtwache darf 20 Stunden je Woche oder 80 Stunden je Monat nicht überschreiten.

§ 2

(1) Das Arbeitsverhältnis ist nach § 3 q Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages ausgenommen.

§ 5

(1) Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Tages, an dem die Sitzwache/Nachtwache bzw bei mehreren die letzte Sitzwache/Nachtwache (§ 1 Abs. 2) beendet ist, ohne daß es einer Kündigung bedarf.

(2) Der Rahmenarbeitsvertrag kann von beiden Seiten mit einer Frist von 14 Tagen zum Monatsschluß gekündigt werden.

(3) Die Möglichkeit der Auflosung im gegenseitigen Einvernehmen und der fristlosen Beendigung beim Vorliegen eines wichtigen Grundes (§ 696 BGB) bleiben sowohl für das Einzel-Arbeitsverhältnis als auch für den Rahmen-Arbeitsvertrag unberührt.

Ergänzend wird auf den zur Akte gereichten Rahmen-Arbeitsvertrag Bezug genommen (Bl 5 ff d. A.).

Unter dem 27. Januar 1997 kündigte die Beklagte das Rahmen-Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 31. März 1997 (Bl 4 d. A.) Gegen diese Kündigung wehrt sich der Kläger mit seiner am 12. Februar 1997 zu Protokoll des Arbeitsgerichts erhobenen Kündigungsschutzklage.

Der Kläger hat geltend gemacht, zwischen den Parteien sei ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit Beschäftigungspflicht begründet worden. Die Beklagte gehe selbst davon aus, daß ein kundbares Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden habe Anders sei nicht zu erklären, weshalb sie ihm überhaupt eine Kündigung geschickt und dabei die Kündigungsfrist eingehalten und Kündigungsgründe angegeben habe. Die Kündigung sei unwirksam aus vielerlei Gründen, z. B. weil der Personalrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei, weil betriebsbedingte Grunde nicht vorhanden seien, weil er auf einen anderen Arbeitsplatz hatte umgesetzt werden können, weil eine Sozialauswahl erkennbar nicht getroffen worden sei, weil es keinen Sozialplan für die zahlreich entlassenen (studentischen) Arbeitskräfte gebe und weil die Beklagte die Anzeigepflichten nach § 17 KSchG nicht befolgt habe.

Selbst wenn die jeweiligen Einsätz...

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