Entscheidungsstichwort (Thema)
Merkmale für "Wissenschaftliches Personal" i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG
Leitsatz (redaktionell)
Zum "Wissenschaftlichen Personal" nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehören diejenigen Arbeitnehmer, die wissenschaftliche Dienstleistungen erbringen. Es kommt nicht auf die formelle Bezeichnung des Arbeitnehmers an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Sie ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf ausgelegt, neue Erkenntnisse zu generieren und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern. Ein befristetes Arbeitsverhältnis zur Wahrnehmung von Aufgaben eines wissenschaftlichen Mitarbeiters zur Unterstützung des Professurinhabers gem. § 53 HRG fällt unter die Bestimmungen des WissZeitVG, auch wenn dem Mitarbeiter im Rahmen seiner Dienstaufgaben auch Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Promotion gegeben wird.
Normenkette
WissZeitVG § 1 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 S. 1; HRG § 53
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 24.02.2016; Aktenzeichen 22 Ca 264/15) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24. Februar 2016 - 22 Ca 264/15 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung und um Weiterbeschäftigung.
Die Klägerin war an der S. Universität in Hamburg seit dem 16. Oktober 2012 im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung tätig. Vor Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der Beklagten hatte die Klägerin einen Hochschulabschluss als Diplomvolkswirtin erworben. Den Masterstudiengang hatte sie begonnen.
Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält unter anderem folgende Regelungen:
"§ 1
Frau B. wird ab dem 16.10.2012 bei der S. Universität als nicht vollzeitbeschäftigte wissenschaftliche Arbeitnehmerin (wissenschaftliche Mitarbeiterin) mit der Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmerin für die Zeit bis zum 15.10.2015 eingestellt.
Es handelt sich um ein befristetes Beschäftigungsverhältnis gemäß §§ 1 und 2 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) zur Wahrnehmung befristeter Aufgaben einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin gemäß § 53 HRG.
§ 2
...
Durch den Arbeitsvertrag wird kein Anspruch auf Verwendung auf einen bestimmten Arbeitsplatz oder in einem bestimmten Aufgabengebiet begründet..."
In der Ausschreibung für die von der Klägerin besetzte Stelle waren als persönliche und fachliche Einstellungsvoraussetzungen unter anderem die Fähigkeit und der Wille zur Anfertigung einer kumulativen Promotion in den Bereichen Wachstum, Ausländische Direktinvestitionen, Internationaler Handel, Entwicklungshilfe oder Ungleichheit vorgesehen. Unter "Aufgaben und Perspektiven" heißt es in der Stellenausschreibung:
"- Unterstützung des Professurinhabers bei den anfallenden Aufgaben in Forschung, Lehre und Verwaltung
- Neben einer anspruchsvollen und zugleich abwechslungsreichen Tätigkeit in angenehmer, anregender Atmosphäre erwartet sie das Angebot einer intensiven Promotionsbetreuung."
Die Klägerin hat während der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses folgende Lehrtätigkeiten verrichtet: Durchführung von Übungsveranstaltungen zum Modul Makroökonomik im Umfang von 2 Wochenstunden im Frühjahrstrimester 2013 sowie im Frühjahrstrimester 2015 und Beteiligung an der Durchführung des Repetitoriums "Allgemeine Wirtschaftspolitik" im Umfang von 0,25 Wochenstunden zusammen mit dem Lehrstuhlinhaber und zwei weiteren wissenschaftlichen Mitarbeitern im Wintertrimester 2014.
Ferner unterstützte die Klägerin den Lehrstuhlinhaber bei der Betreuung dreier Bachelorarbeiten und einer Masterarbeit sowie bei sonstigen administrativen Tätigkeiten. Welchen Umfang die einzelnen Tätigkeiten der Klägerin hatten, ist streitig.
Die Klägerin legte ihrem Vorgesetzten, Herrn H., am 8. Juli 2015 ein 68-seitiges Exposé zum Forschungsbereich "....." im Rahmen ihres Promotionsvorhabens vor.
Mit ihrer am 2. November 2015 beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangenen Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der vereinbarten Befristung geltend gemacht.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Befristung ihres Arbeitsvertrages unwirksam sei, da einerseits der Arbeitsvertrag keine Festlegung auf eine bestimmte Tätigkeit enthalte und sie andererseits auch tatsächlich nicht in wissenschaftliche Tätigkeiten oder Projekte eingebunden gewesen sei.
Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe für den Lehrstuhlinhaber nach dessen Anleitung administrative bzw. organisatorische Aufgaben erledigt. Hierzu hätten etwa die Pflege der Website, die Kommunikation mit dem Lehrstuhl hinsichtlich Inventur und Arbeitssicherheit sowie die organisatorische Vorbereitung und Durchfü...