Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 05.03.1986; Aktenzeichen 23 Ca 304/85)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 5. März 1986 – 23 Ca 304/85 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin DM 4.994,55 zu zahlen.

Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.

Der Streitwert beträgt in der Berufungsinstanz DM 4.994,55.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

In dem vorliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Beklagten, dem Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V., aufgrund einer Benachteiligung wegen ihres Geschlechts im Rahmen einer Bewerbung geltend. Die Klägerin war nach Beendigung des Schulbesuchs 1973 und dem Abschluß einer Ausbildung als Schaufensterdekorateurin in diesem Bereich bis zum Dezember 1984 tätig und ab Januar 1985 arbeitslos.

Der Beklagte schrieb in seinen Betriebsräumen per Aushang am 15. April 1985 eine Stelle als Ersatzkraft für den Spätdienst der Tierannahme und Bewachung aus, die folgenden Wortlaut besaß (Bl. 7 d.A.):

„Als Ersatz für den kurzfristig ausgeschiedenen Mitarbeiter … suchen wir eine Ersatzkraft für den Spätdienst.

Arbeitszeit im Wechsel mit 2 anderen Mitarbeitern wöchentlich täglich von 16.00–22.00 Uhr samstags von 12.00–22.00 Uhr sonntags von 11.00–21.00 Uhr.

Vergütung nach G 9 a. Einstellung ab sofort. Probezeit 3 Monate mit gesetzlicher Kündigung. Der Betriebsrat ist unterrichtet.”

Dieselbe Stelle wurde vom Beklagten auch im … vom 11./12. Mai 1985 angeboten mit dem Text (Bl. 8 d.A.):

„Für Spätdienst im Tierheim (Bewachung und Tierannahme) 1–2 × monatlich 7 Tage (40 Std.) su. wir zuverläßigen Mitarbeiter. … e.V. Postfach …”.

Als Bruttoverdienst waren für den ausgeschriebenen Arbeitsplatz 9,63 DM stündlich bei zweimal 40 Stunden monatlich sowie ein zweimal monatlich anfallender Wochenendzuschlag in Höhe von jeweils 31,– DM, insgesamt danach 832,64 DM im Monat vorgesehen.

Am 24. Mai 1985 wurde Herr …, der sich als erster beworben hatte, vom Beklagten eingestellt, nachdem er bereits zuvor auf der Stelle tätig war. Der Betriebsrat des Beklagten verweigerte seine Zustimmung am 13. Juni 1985 mit der Begründung, es fehle an einer rechtzeitigen, wahrheitsgemäßen und vollständigen Information des Betriebsrates, insbesondere müsse davon ausgegangen werden, daß dem Betriebsrat gewisse Bewerbungsunterlagen vorenthalten bzw. Bewerbungen verschwiegen worden seien. Der Kreis möglicherweise interessierter Personen sei durch die spezifische Stellenausschreibung und damit nicht diskriminierungsfreie Auswahlentscheidung unzulässig eingeschränkt worden.

Das vom Betriebsrat beim Arbeitsgericht Hamburg unter dem Aktenzeichen 24 Bv 6/85 eingeleitete Verfahren auf Aufhebung einer personellen Maßnahme wurde mit Vergleich vom 29. Juli 1985 beendet, in dem sich der Beklagte u.a. verpflichtete, die Beschäftigung von Herrn … vorerst zu unterlassen. Der Beklagte hat die Einstellung des Herrn … nicht weiter verfolgt.

Bereits im November 1976 hatte der Beklagte einen Antrag auf Zulassung von Frauen-Nachtarbeit gem. § 20 I AZO bei der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für … und …, Amt für Arbeitsschutz gestellt, der mit Bescheid vom 4. Januar 1977 mit der Begründung abgelehnt wurde, daß für die Zulassung einer Ausnahme nach den Vorschriften des § 19 AZO notwendige betriebstechnische Gründe wegen zur Verfügung stehender männlicher Bewerber nicht vorlägen (genauer Wortlaut vgl. Anlage zur Berufungsschrift des Beklagten vom 25.06.1986, Bl. 99 d.A.). Dieser Bescheid wurde am 24. Mai 1977 behördlich aufgehoben mit der Begründung, die Tätigkeit der Tierannahme sei als Schichtarbeit anzusehen (zum Wortlaut vgl. Anl. Bf 4 zum Schriftsatz des Beklagten vom 22.12.1986, Bl. 148 d.A.).

Die Klägerin hat vorgetragen,

sie habe sich, nachdem sie von der ausgeschriebenen Stelle durch andere Arbeitnehmer des Beklagten erfahren habe, mit Schreiben vom 22. April 1985 unter Aufwendung von 1,30 DM Porto und einem Briefumschlag zum Preis von c, 15 DM und unter Beifügung von Unterlagen beim Beklagten beworben. In der zweiten Maiwoche habe sie einen Anruf des Geschäftsführers des Beklagten, Herrn …, erhalten, der ihr mitgeteilt habe, die Bewerbung samt Unterlagen sei zwar angekommen, die Klägerin käme für die Stelle jedoch nicht in Betracht, da für die Tätigkeit die Einstellung einer Frau nicht vorgesehen sei. Auf Nachfrage ihrerseits habe Herr … ausgeführt, daß die Tätigkeit manchmal gefährlich und ziemlich anstrengend sei; es liefen auf dem Gelände z.B. Zigeuner herum, die Tiere klauen würden, und derjenige, der die Position innehabe, müsse entsprechend und sehr schnell handeln. Bezüglich des Inhalts des Telefongesprächs hat die Klägerin eine eidesstattliche Versicherung am 20. August 1985 abgegeben (zum Wortlaut vgl. Anl. zum Schriftsatz der Klägerin vom 2.09.1985, Bl. 14 d.A.).

Nach diesem Gespräch seien der Klägerin die Bewerbungsunterlagen mit einem Blanko-Begleitzettel, den die Klägerin im Original in der...

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