Entscheidungsstichwort (Thema)

Rahmentarifvertrag für die Hafenarbeiter der deutschen Seehafenbetriebe. Wirksamkeit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Sozialplans

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die tarifliche Regelung einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende (hier: § 21 Nr. 1 Abs. 2 u. 5 RTV) ist wirksam. Sie verstößt insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und auch nicht gegen Diskriminierungsverbote (§§ 1, 7 Abs. 2 AGG).

2. Ein Anspruch auf Sozialplanabfindung besteht nicht, wenn "rentennahe Arbeitnehmer" von Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen sind.

3. Unterstellt, die Sozialplanregelung wäre wegen einer gleichheitswidrigen Schlechterstellung von Arbeitnehmern oder Arbeitnehmergruppen unwirksam, so führt dies nur dann zu einer Erhöhung des Gesamtvolumens des Sozialplans, wenn dies dem Arbeitgeber zumutbar ist (hier: verneint).

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; AGG §§ 1, 7 Abs. 2; BetrVG § 112; TVG § 1; BGB § 622 Abs. 4; GG Art. 9 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Entscheidung vom 24.05.2017; Aktenzeichen 24 Ca 246/16)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24. Mai 2017 - 24 Ca 246/16 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz nur noch über den Zeitpunkt der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses sowie über eine Sozialplanabfindung.

Der am XX.XXXXXXXXX 1955 geborene und verheiratete Kläger war seit dem 01. Januar 1991 zunächst bei Rechtsvorgängern der Beklagten und später bei dieser als Hafenarbeiter zu einer monatlichen Vergütung von zuletzt 4.867,03 € brutto beschäftigt.

Die Beklagte betrieb im Hamburger Hafen einen Terminalbetrieb. Sie beschäftigte regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 30 Stunden ohne die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.

Es bestand ein Betriebsrat.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der "Rahmentarifvertrag für die Hafenarbeiter der deutschen Seehafenbetriebe" vom 13. September 2001 (künftig: RTV) in Verbindung mit den Sonderbestimmungen für den Hamburger Hafen vom 26. November 2014 Anwendung. Der RTV regelt:

"§ 21

Kündigung

1. [1] Zwischen dem Hafeneinzelbetriebsarbeiter und dem Hafeneinzelbetrieb sowie zwischen dem Gesamthafenarbeiter und dem zuständigen Verwaltungsträger des Gesamthafenbetriebes beträgt die Kündigungsfrist für beide Seiten 4 Wochen.

[2] Hat das Arbeitsverhältnis einschließlich der Ausbildungszeit bei demselben Arbeitgeber 5 Jahre bestanden, so erhöht sich diese Kündigungsfrist auf einen Monat zum Monatsende.

[3] Hat das Arbeitsverhältnis einschließlich der Ausbildungszeit bei demselben Arbeitgeber 10 Jahre bestanden, so erhöht sich diese Kündigungsfrist auf 3 Monate zum Ende eines Kalendervierteljahres.

[4] Hat das Arbeitsverhältnis einschließlich der Ausbildungszeit 15 Jahre bei demselben Arbeitgeber bestanden, beträgt diese Kündigungsfrist 6 Monate zum Ende eines Kalendervierteljahres; hat das Arbeitsverhältnis einschließlich der Ausbildungszeit 15 Jahre bei demselben Arbeitgeber bestanden und hat der Hafenarbeiter das 50. Lebensjahr vollendet, beträgt diese Kündigungsfrist 9 Monate zum Ende eines Kalenderhalbjahres.

[5] Bei Anwendung von Sozialplänen regeln sich die Kündigungsfristen nach Abs. 2 dieser Ziffer."

Ihr Betriebsgelände "A." hatte die Beklagte gemietet. Der Mietvertrag war befristet bis zum Ablauf des 31. Dezember 2016. Ende 2015 stellte sich heraus, dass weder eine Laufzeitverlängerung erreicht noch eine Ersatzfläche gefunden werden konnte.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 19. Februar 2016 traf die Beklagte die unternehmerische Entscheidung, den Terminalbetrieb zum 31. Dezember 2016 stillzulegen und allen Arbeitnehmern zu kündigen; auch dem Kläger.

Am 14. September 2016 stellte die bei der Beklagten gebildete Einigungsstelle mit vier zu drei Stimmen fest, dass die Verhandlungen der Betriebsparteien über den Abschluss eines Interessenausgleichs betreffend die zum 31. Dezember 2016 geplante Stilllegung des Terminals der Beklagten gescheitert seien (Anlage B 2 - Bl. 53 [59] d.A.), und beschloss mit vier zu drei Stimmen durch Spruch (Anlage B 3 - Bl. 67 d.A.) einen

"Sozialplan

zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile in Folge der von ... [der Beklagten] beschlossenen Betriebsstilllegung mit Wirkung zum 31.12.2016 ... unter Berücksichtigung der sozialen Belange der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (nachfolgend "Mitarbeiter") sowie der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens

...

Teil I - Allgemeine Regelungen

§ 1 Persönlicher Geltungsbereich, Ausschlusstatbestände

(1) Die Regelungen dieses Sozialplanes gelte nur für Mitarbeiter im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG des Betriebes in Hamburg, die bei Abschluss dieses Sozialplans in einem Arbeitsverhältnis mit ... [der Beklagten] stehen und die von den Maßnahmen der Betriebsstilllegung betroffen sind.

(2) Keine Leistungen nach den Bestimmungen...

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