Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer Befristung. Sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages mit dem kommunalen Träger von Integrationsmaßnahmen bei unbegründetem Vorbeschäftigungseinwand

 

Leitsatz (amtlich)

Mehrere Vertragsarbeitgeber, die einen gemeinsamen Betrieb führen, sind nicht derselbe Arbeitgeber i.S.d. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Die Vorbeschäftigung eines Arbeitnehmers bei der Bundesagentur für Arbeit, die mit einem kommunalen Träger eine gemeinsame Einrichtung job-center führt, steht der sachgrundlosen Befristung eines Arbeitsvertrages mit dem kommunalen Träger daher nicht entgegen.

Die sachgrundlose Befristung dieses Arbeitsverhältnisses ist auch nicht rechtsmißbräuchlich.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 2; SGB II § 44d Abs. 1, § 44 Abs. 4; BGB §§ 242, 611 Abs. 1; TzBfG § 14 Abs. 2 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Entscheidung vom 31.05.2012; Aktenzeichen 22 Ca 27/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.06.2015; Aktenzeichen 7 AZR 452/13)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31. Mai 2012 - 22 Ca 27/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung.

Der 1959 geborene Kläger war vom 01. Oktober 2008 bis 31. Dezember 2010 befristet bei der ... als Fachassistent Integrationsmaßnahmen im Bereich SGB II beschäftigt. Mit Ablauf dieser Befristung verzichtete der Kläger auf die Erhebung einer Befristungskontrollklage, da ihm ein weiterer befristeter Arbeitsvertrag mit der im vorliegenden Verfahren Beklagten angeboten wurde.

Mit Vertrag vom 29. November 2010 wurde er sodann erneut befristet bei der jetzigen Beklagten für den Zeitraum 01. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011 angestellt und unverändert im team. ... als Fachassistent Integrationsmaßnahmen eingesetzt. Seine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung betrug 2.070,69 Euro.

Auf den Arbeitsvertrag findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung.

Unter § 1 des Arbeitsvertrags vom 29. November 2010 heißt es zum Befristungsgrund:

"Der Arbeitnehmer wird ab 01.01.2011 gemäß § 30 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in Verbindung mit dem Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge vom 21. Dezember 2000 in der jeweils geltenden Fassung aus folgendem Grund:

Die Finanzierung erfolgt überwiegend aus Bundesmitteln und ist nur für den Zeitraum der Befristung des Arbeitsverhältnisses gesichert.

[...] als Teilzeitbeschäftigter befristet eingestellt. [...] Das Arbeitsverhältnis ist befristet bis zum 31.12.2011."

Für die weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrags wird auf die Anlage K 4 (Bl. 8 d.A.) Bezug genommen.

Ende des Jahres 2011 wurden bei der Beklagten 59 unbefristete freie Stellen ausgeschrieben, auf die sich der Kläger bewarb. Hierfür forderte er eine Anlassbeurteilung von der Beklagten, worauf diese ihm einen Entwurf zukommen ließ. Da der Kläger mit dem Entwurf nicht einverstanden war, erhielt er auf Nachfrage im Folgenden eine wesentlich günstigere Beurteilung.

Am 25. November 2011 wurde mit dem Kläger ein Auswahlgespräch durchgeführt. Bei diesem Gespräch lag der Beklagten nur die frühere, schlechtere Bewertung des Klägers vor.

Der Kläger hat gemeint, die Befristung sei unwirksam. Der Befristungsgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG sei nicht einschlägig, da die Stelle des Klägers dauerhaft bestehe und eine Haushaltsmittelbefristung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur dann möglich sei, wenn die Haushaltsmittel für eine nur vorübergehend anfallende Tätigkeit bereitgestellt würden. Eine sachgrundlose Befristung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG sei nicht zulässig, da es sich dabei um eine rechtsmissbräuchliche Umgehung des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG handele. Schließlich deute einiges darauf hin, dass der befristete Arbeitsvertrag mit der Beklagten nur deshalb geschlossen wurde, weil es der ... nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Haushaltsmittelbefristung verwehrt gewesen sei, weiter befristete Verträge mit dem Kläger abzuschließen. Mit dem Angebot des erneuten Arbeitsvertrages habe der Kläger zudem davon abgehalten werden sollen, eine Entfristungsklage gegen die ... anzustrengen.

Schließlich hat der Kläger die Auffassung vertreten, sein Anspruch auf unbefristete Weiterbeschäftigung folge auch aus dem Rechtsgedanken der Bedingungsvereitelung. Er hat behauptet, dass er auf eine der 59 freien Stellen eingestellt worden wäre, wenn die günstigere Anlassbeurteilung bei dem Auswahlgespräch vorgelegen hätte.

Der Kläger hat mit Klage vom 20. Januar 2012, der Beklagten zugestellt am 27. Januar 2012, Befristungskontrollklage am Arbeitsgericht Hamburg erhoben.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 31.12.2011 hinaus als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, die Befristung sei bereits deshalb wirksam, weil es eines Sachg...

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