Entscheidungsstichwort (Thema)

Wegfall der Geschäftsgrundlage eines Aufhebungsvertrages. Wegfall der Geschäftsgrundlage. Aufhebungsvertrag. Sozialplan. Änderung rentenrechtlicher Regelungen

 

Leitsatz (amtlich)

Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien in einem Aufhebungsvertrag die Anwendbarkeit eines Sozialplans, so fällt die Geschäftsgrundlage des Aufhebungsvertrages, wenn die Geschäftsgrundlage des Sozialplans wegfällt, die Betriebsparteien jedoch keine anderen Regelungen vereinbaren, sondern weiterhin den Sozialplan anwenden wollen.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 41 Abs. 1; SGB VI § 77 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 20.04.1998; Aktenzeichen 21 Ca 505/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.03.2000; Aktenzeichen 9 AZR 312/99)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 20. April 1998 – 21 Ca 505/97 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob und inwieweit die Beklagte verpflichtet ist, dem aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Kläger diejenigen finanziellen Nachteile auszugleichen, die diesem durch eine Veränderung im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung entstehen werden.

Der am 15. Dezember 1942 geborene Kläger war seit dem 15. März 1973 bei der Beklagten als Feuerwehrmann beschäftigt. Mit Schreiben vom 22. Juni 1995 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zum 31. Oktober 1997 (Anlage K4, Bl. 65 d.A.). Das Austrittsdatum hatte der Kläger mit der Beklagten ausgehandelt. Die Beklagte sagte dem Kläger zu, daß der zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat vereinbarte Sozialplan Nr. 238/1 vom 22. Dezember 1994 (Anlage K1, Bl. 13 ff d.A.) Anwendung findet. Dies veranlaßte den Kläger, gegen die Kündigung nicht vorzugehen. Der Kläger nimmt die Sozialplanleistungen in Anspruch. Die erwähnte Betriebsvereinbarung garantierte allen Arbeitnehmern, die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Betrieb das 55. Lebensjahr erreicht haben, 90 % des letzten Nettogehalts für maximal 60 Monate, längstens jedoch bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres. Wörtlich heißt es u. a.:

„6.

Für Maßnahmen aus dieser Betriebsvereinbarung gelten die Betriebsvereinbarungen 36/0 mit folgenden Anpassungen bzw. Maßgaben:

6.1

Punkt 3.3 findet Anwendung, wobei die Spalte 53 bis 59 geändert wird in 53 bis 54. Basis dafür ist der gültige Monatslohn bzw. das gültige Monatsgehalt ohne Zuschläge des Monats vor dem Ausscheiden.

6.2

Punkte 3.4, 3.5 und 3.6 finden Anwendung.

6.3

Für Mitarbeiter/innen ab dem 55. Lebensjahr gilt die 90 %-Regel. Basis ist das Nettoentgelt, das sich aus 6.1 berechnet, wobei steuerliche Freibeträge begründet aus dem Arbeitsverhältnis nicht berücksichtigt werden. Sie gilt maximal 60 Monate, jedoch längstens bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres.

6.4

Eine Überprüfung der Höhe des … Ausgleichgeldes erfolgt ggf. beim Übergang vom Arbeitslosengeld zur Arbeitslosenhilfe bzw. beim Übergang zum gesetzlichen Ruhegeld. Spätere Rentenerhöhungen werden auf das … Ausgleichsgeld nicht angerechnet.

6.5

Im Rahmen der 90 %-Regel erhalten die Mitarbeiter/innen pro Jahr der Betriebszugehörigkeit DM 100,00…”

In der Betriebsvereinbarung Nr. 36/0 ist u. a. geregelt:

„4.0

Mitarbeiter mit fünf Dienstjahren und mehr – immer bezogen auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses – erhalten neben der Arbeitslosenunterstützung oder der Rente aus der Sozialversicherung die Rente aus der … Unterstützungskasse nach den gültigen Richtlinien, beginnend ab Monatsbeginn nach dem Ausscheiden, und ein … Ausgleichsgeld auf der Basis des Durchschnittsnettoverdienstes.”

Am 11. Juni 1996 vereinbarten Betriebsrat und Beklagte einen Sozialplan für nach dem 7. Juni 1996 ausscheidende Beschäftigte, in dem u. a. vorgesehen ist (Anlage B 3, Bl. 41 ff d.A.):

„1.2 Dieser Sozialplan ersetzt alle bisherigen diesbezüglichen Vereinbarungen, insbesondere BV 36/0, … BV 238/1, … Alle laufenden individuellen Vereinbarungen nach vorgenannten Betriebsvereinbarungen werden wie vereinbart abgewickelt.”

Zugleich wurde eine Ergänzungsvereinbarung zum Interessenausgleich geschlossen, in der es u. a. heißt (Anlage B 2, Bl. 40 d.A.):

  1. „Der seitens der … GmbH zu vollziehende Personalabbau ergibt sich aus der Anlage 4 und 5 zum Interessenausgleich vom 11. Juni 1996.
  2. Die Konditionen vereinbarter Kündigungen im Rahmen der BV 238/1 und 239/1 bleiben unberührt.”

Vor Ausspruch der Kündigung unterschrieb der Kläger bei dem Betriebsrat die vorformulierte Bestätigung über seinen freiwilligen Austritt (Anlage K 4, Bl. 90 d.A.). Sie lautet:

„Ich erkläre mich bereit, freiwillig an der strukturellen Kurzarbeit teilzunehmen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses finden die finanziellen Leistungen aus den Betriebsvereinbarungen 238/1 und 239/1 Anwendung. Ich bin weiterhin bereit, freiwillig aus dem Unternehmen auszuscheiden. Ich wurde darüber belehrt, daß eine betriebsbedingte Kündigung vorausgeht und ein Abwicklung...

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