Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtliche Kontrolle von Tarifverträgen. Gleichheitssatz und Tarifautonomie

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zuordnung der nach § 9 Abs. 4 Buchstabe c MTV 1996 Ausgleichsbrechtigten ehemaligen Busfahrer, die als Prüfschaffner tätig sind, zur 3. Abfindungsgruppe, durch die Tarifvertragsparteien, verstoesst nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 26.05.1999; Aktenzeichen 13 Ca 136/99)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 26. Mai 1999 – 13 Ca 136/99 – wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Tarifvertragsparteien im Rahmen einer Abfindungsregelung unter Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz eine weitere Gruppenbildung unterlassen haben, und ob dem Kläger hieraus ein weiter gehender Abfindungsanspruch erwächst.

Die Beklagte betreibt in Hamburg mit U-Bahnen und Bussen den öffentlichen Personenverkehr.

Der Kläger ist bei der Beklagten mit Wirkung vom 14. Februar 1977 als Busfahrer eingestellt worden (Einstellungsschreiben vom 14. Februar 1977, Bl. 12 d. A.). Sämtlichen Arbeitsverhältnissen bei der Beklagten liegen die Haustarife der Beklagten zu Grunde. Der Kläger war bis 1994 als Busfahrer tätig. Vergütung erhielt er nach Vergütungsgruppe (VG) 9, Stufe 6 der Vergütungstabelle zum Vergütungstarifvertrag der Beklagten. Ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 23. Juni 1977 (Bl. 13 d. A.) erhielt der Kläger mit Wirkung ab 1. Juli 1977 eine Funktionszulage, da er als Einmannwagenfahrer eingesetzt wurde.

Nachdem der Kläger auf Grund Fahrdienstuntauglichkeit die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erbringen konnte, wurde er ab 1. Dezember 1996 als Mitarbeiter im betrieblichen Dienst (vgl. Schreiben der Beklagten vom 2. Dezember 1996, Bl. 14 d. A.) und ab 1. Mai 1997 als Mitarbeiter im Prüfdienst eingesetzt und in die Abteilung U-Bahnbetrieb versetzt (vgl. Schreiben der Beklagten vom 1. Mai 1997, Bl. 15 d. A.). Der Kläger wurde mit Wirkung vom 1. Dezember 1996 in die VG 6 Stufe 6 der Vergütungstabelle zum Vergütungstarifvertrag der Beklagten eingestuft und erhielt seitdem gem. § 9 Abs. 4 des Manteltarifvertrages im Rahmen einer Besitzstandswahrung eine Ausgleichszulage zur VG 9 Stufe 6 der Vergütungstabelle zum Vergütungstarifvertrag sowie 62 % der Einmannwagenfahrer-Zulage (Anlagenkonvolut B 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. Mai 1999, Bl. 16/17 d. A.).

Mit Wirkung ab 1. Januar 1999 sind bei der Beklagten im Rahmen eines „Bündnisses für Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungssicherung” neue Haustarifverträge in Kraft getreten. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den Mantel-, Vergütungs- und Vergütungssystemtarifvertrag gem. Anlage B 4 zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. Mai 1999 (siehe Anlage in Tasche am hinteren Aktendeckel) Bezug genommen. Danach ist u. a. geregelt, dass die maximale Vergütungsgruppe für Busfahrer die Vergütungsgruppe 8 ist, und dass die Einmannwagenfahrer-Zulage der Busfahrer entfällt.

Im Anhang 3 zum MTV, gültig ab 1. Januar 1999, wurde in den Protokollnotizen zu § 9 Abs. 4 MTV 1999 (Seite 47 der hektographierten Fassung) folgende Regelung getroffen:

„Für Mitarbeiter, die am 31.12.1998 bereits eine Ausgleichszulage erhalten, finden die bisherigen Regelungen des § 9 Abs. 4 MTV vom 21. März 1996 Anwendung.

Dies gilt mit der Maßgabe, dass die Ausgleichszahlungen für fahr- und sicherheitsdienstuntaugliche Mitarbeiter an die geänderten Eingruppierungen der vor Eintritt ihrer Dienstuntauglichkeit ausgeübten Tätigkeit und unter Berücksichtigung des Wegfalls der Einmannwagenfahrer-Zulage mit Wirkung vom 1. Januar 1999 angepasst werden. (…).”

Unter Bezugnahme auf diese Protokollnotiz teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 12. Januar 1999 (Bl. 18 d. A.) mit, die Ausgleichszulagen seien anzupassen; das bedeute für ihn, dass die bisher zu VG 9 gezahlte Ausgleichszulage gem. § 9 Abs. 4 Buchst. b) MTV 1996 genauso entfalle wie die Ausgleichszulage für den Verlust der Einmannwagenfahrer-Zulage gem. § 9 Abs. 4 Buchst. c) MTV 1996.

Gemäß Anhang 2 zum MTV 1996 haben die Tarifvertragsparteien zum Ausgleich für die Einkommensverluste infolge der Tarifänderung die Zahlung von Abfindungspauschalen vereinbart. Sie haben zu diesem Zweck 3 Abfindungsgruppen gebildet, nämlich die Gruppe der (aktiven) Busfahrer, die Gruppe der Zugfahrer (und weiterer vorwiegend im U-Bahn-Bereich Beschäftigter) und Handwerker sowie die Gruppe der „übrigen Mitarbeiter”. Danach erhalten Busfahrer DM 8.500,00, Zugfahrer, Haltestellenwärter, Haltestellenüberwacher/mobiler Dienst und Weichensteller DM 3.500,00, Handwerker DM 3.500,00 und alle übrigen Mitarbeiter DM 2.000,00.

Des Weiteren gelten für die Zahlungen folgende spezielle Regelungen (MTV 1999, Seite 42):

„3. Fahr- und sicherheitsdienstuntaugliche Mitarbeiter:

Abfindung DM 2.000,00 bzw. ggf. höhere Zahlungen entsp...

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