Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Altersversorgung. Ungleichbehandlung von Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst. Ruhegeldfähige Zeiten

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Gruppe der entlassenen Beamten und die Gruppe der ehemaligen Angestellten und Arbeiter im Öffentlichen Dienst weisen so grundlegende Unterschiede auf, dass der Gesetzgeber ihre Behandlung hinsichtlich der Altersversorgung verschieden regeln darf.

 

Normenkette

1. RGG § 9; GG Art. 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 20.03.2002; Aktenzeichen 23 Ca 363/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.10.2003; Aktenzeichen 3 AZR 84/03)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 20. März 2002 – 23 Ca 363/01 – wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die ruhegeldfähige Dienstzeit des Klägers.

Der Kläger war in der Zeit vom 15. November 1982 bis zum 31. März 1999 bei der Beklagten … als Fortbildungssachbearbeiter beschäftigt, zuletzt in der Vergütungsgruppe IV BAT. In der Zeit vom 01. Juli 1955 bis zum 30. Juni 1956 war der Kläger beim Bundesgrenzschutz als Beamter auf Widerruf. In der Zeit vom 07. Juli 1956 bis zum 06. Juli 1970 war der Kläger bei der Bundeswehr als Zeitsoldat beschäftigt.

Mit Schreiben vom 25. Juni 1998 (Anl. K 4) kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 31. März 1999, um ab 01. Mai 1999 einen Anspruch auf eine Betriebsrente zu haben. Am 29. Januar 1999 beantragte der Kläger eine Zusatzversorgung für seine Tätigkeit bei der Beklagten als Angestellter im Öffentlichen Dienst. Seit dem 01. Mai 1999 bezieht der Kläger von der Beklagten eine Versorgung in Form einer Betriebsrente nach den Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) in Verbindung mit dem 1. Ruhegeldgesetz der Freien und Hansestadt Hamburg (1. RGG). Diese Betriebsrente betrug zum Zeitpunkt der Klagerhebung DM 333,85 brutto monatlich.

Mit Schreiben vom 23. April 2001 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass bei der Berechnung seiner Betriebsrente seine Dienstzeiten im Öffentlichen Dienst in der Zeit vom 07. Juli 1955 bis 30. Juni 1956 beim Bundesgrenzschutz sowie vom 01. Ju-li 1956 bis 06. Juli 1970 bei der Bundeswehr nicht berücksichtigt worden seien. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 02. Mai 2001 und teilte dem Kläger mit, dass diese Dienstzeiten beim Bundesgrenzschutz und bei der Bundeswehr nicht als ruhegeldfähige Zeiten anerkannt werden könnten. Mit Schreiben vom 16. Mai 2001 und 27. Juni 2001 wandte sich der Kläger erneut an die Beklagte und wies insbesondere darauf hin, dass eine Ungleichbehandlung von Angestellten des Öffentlichen Dienstes und Beamten vorliegen würde. Er forderte erneut die Berücksichtigung der vorgenannten Zeiten bei der Berechnung der betrieblichen Rente. Die Beklagte lehnte dies wiederum mit Schreiben vom 02. Juli 2001 ab.

Würden die Zeiten, die der Kläger beim Bundesgrenzschutz sowie bei der Bundeswehr zurücklegte, bei der Berechnung des Ruhegeldes berücksichtigt werden, so würde sich das Ruhegeld des Klägers von DM 333,85 (entspricht EUR 170,69) auf monatlich DM 646,84 (entspricht EUR 330,72) brutto erhöhen.

Nach § 9 Abs. 1 des 1. RGG sind solche Beschäftigungszeiten ruhegeldfähig, die der Angestellte der Beklagten in einem Beschäftigungsverhältnis zur Beklagten zurückgelegt hat. Gemäß § 6 BeamtVG – in Verbindung mit § 91 Abs. 2 HmbBG – werden im Gegensatz dazu bei Beamten alle Dienstzeiten bei der Berechnung der Pensionsansprüche berücksichtigt, die im Rahmen eines Beamtenverhältnisses zurückgelegt worden sind. Dabei ist es unerheblich, zu welchem Öffentlichen Dienstherrn das Beamtenverhältnis bestand. Nach § 10 BeamtVG werden allerdings Zeiten, die ein Beamter als Angestellter im Öffentlichen Dienst zurückgelegt hat, nur dann auf die Pensionsansprüche angerechnet, wenn eine ohne von dem Beamten zu vertretende Unterbrechung eingetreten ist und wenn die Tätigkeit als Angestellter zur Ernennung zum Beamten geführt hat.

Das 1. RGG soll Angestellten des Öffentlichen Dienstes der Beklagten ein Gesamtversorgungsniveau gewährleisten, das sich an der Beamtenversorgung orientiert.

Mit der am 21. November 2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass seine Dienstzeiten beim Bundesgrenzschutz und bei der Bundeswehr als ruhegeldfähige Zeit anzuerkennen seien.

Der Kläger hat gemeint, § 9 des 1. RGG verstoße gegen Artikel 3 Abs. 1 GG, weil Vordienstzeiten, die ein Angestellter der Beklagten als Beamter zurückgelegt hat, nicht als ruhegeldfähige Beschäftigungszeiten berücksichtigt würden. Es finde eine Ungleichbehandlung von Angestellten des Öffentlichen Dienstes und Beamten statt, ohne dass es dafür einen sachlichen Grund gebe. Bei den Beamten würden nämlich nach § 6 BeamtVG als ruhegeldfähig alle Dienstzeiten berücksichtigt, die der Beamte vom ersten Tag seiner Berufung in das Beamtenverhältnis im Dienst eines öffentlichen Dienst...

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