rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifkonkurrenz. Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags. Günstigkeitsprinzip

 

Leitsatz (redaktionell)

Findet auf ein Arbeitsverhältnis, für das ein Tarifvertrag kraft Allgemeinverbindlichkeit nach § 5 TVG gilt, ein anderer Tarifvertrag kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme Anwendung, so liegt keine Tarifkonkurrenz vor. Vielmehr handelt es sich um die Konkurrenz zwischen einer arbeitsvertraglichen Regelung einerseits und einer kraft Allgemeinverbindlichkeit geltenden tariflichen Regelung. Dieses Verhältnis wird durch § 4 Abs. 3 TVG geregelt.

 

Normenkette

TVG §§ 1, 4 Abs. 1, 3; BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 28.05.2008; Aktenzeichen 24 Ca 180/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 28. Mai 2008 – 24 Ca 180/07 – teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 2.400,95 brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf EUR 300,45 brutto seit dem 16.5.2007, auf EUR 286,98 brutto seit dem 16.6.2007, auf EUR 326,36 brutto seit dem 16.7.2007, auf EUR 285,69 brutto seit dem 16.8.2007, auf EUR 261,16 brutto seit dem 16.9.2007, auf EUR 209,38 brutto seit dem 16.10.2007, auf EUR 104,33 brutto seit dem 16.11.2007, auf EUR 213,28 brutto seit dem 16.12.2007, auf EUR 184,51 brutto seit dem 16.1.2008 und auf EUR 228,81 brutto seit dem 16.2.2008.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien je zur Hälfte, die Kosten der ersten Instanz trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Zahlungsansprüche geltend. Hintergrund ist ein Streit der Parteien über die Frage, welche Tarifverträge auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

Die Klägerin wurde von der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der FIS GmbH (im Folgenden: FIS GmbH), zum 7. Juni 2002 gemäß Arbeitsvertrag vom 6. Juni 2002 als Luftsicherheitsassistentin eingestellt. Sie gehört keiner Gewerkschaft an.

Der Arbeitsvertrag enthält in § 4 folgende Vergütungsregelung:

„I. Der Arbeitnehmer erhält für seine vertragliche Tätigkeit einen Lohn von EUR 7,16 pro geleisteter Arbeitsstunde.

II. Für Sonntagsarbeit erhält der Arbeitnehmer einen Zuschlag von 25% auf den Stundenlohn. Für Nachtarbeit (von 22:00 Uhr – 6:00 Uhr) erhält der Arbeitnehmer einen Zuschlag von 25% auf den Stundenlohn. Für Feiertagsarbeit erhält der Arbeitnehmer einen Zuschlag von 25% auf den Stundenlohn.

III. Die Firma zahlt dem Arbeitnehmer nach Abgabe eines amtlichen Nachweises (Fahrausweis, Bescheinigung) eine Fahrtkostenpauschale bis EUR 51,20 monatlich ….”

In § 16 Abs. 1 des Arbeitsvertrages ist bestimmt:

„Ergänzungen und Änderungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Dies gilt auch für diesen Absatz.”

Bei der FIS GmbH kamen die Tarifverträge der FIS-Gruppe, darunter der seit dem 1. Januar 2004 geltende Entgeltrahmentarifvertrag (im Folgenden: ERTV FIS) und der gleichfalls seit dem 1. Januar 2004 geltende Manteltarifvertrag (im Folgenden: MTV FIS), zur Anwendung.

Seit dem 1. Oktober 2006 sind der Lohntarifvertrag (im Folgenden: LTV Wach- und Sicherheitsgewerbe) und der Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Hamburg vom 18. August 2006, abgeschlossen zwischen dem Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V., Landesgruppe Hamburg, und der Gewerkschaft ver.di, Landesbezirk Hamburg, allgemeinverbindlich.

Unter dem Datum vom 21. Februar 2007 wurde eine „Vereinbarung zur Anwendung der Tarifverträge für die Beschäftigten der FIS auf die Beschäftigten der FIS Deutschland (im Folgenden: Vereinbarung vom 21. Februar 2007) namens der Gewerkschaft ver.di von Herrn S. und Herrn R. und namens der Beklagten von deren Geschäftsführern Herrn B. und Herrn Sc. unterzeichnet. Die Vereinbarung enthält u.a. folgende Regelungen:

„§ 1 Anwendung von Tarifverträgen

(1) Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, dass die derzeit für die FIS, Kelsterbach, geltenden Tarifverträge inhaltsgleich für die FIS Deutschland, Kelsterbach, Anwendung finden, als wäre diese zum Zeitpunkt des Abschlusses Tarifvertragspartei gewesen.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Tarifverträge:

  • Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der FIS GmbH vom 23. Januar 2004, in der Fassung des Änderungs- und Ergänzungstarifvertrags vom 6. September 2004
  • Entgeltrahmentarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der FIS GmbH vom 23. Januar 2004, in der Fassung des Änderungs- und Ergänzungstarifvertrages vom 6. September 2004 ….

(2) ….

Für die FIS Deutschland sind die in Absatz 1 für anwendbar erklärten Tarifverträge künftig wie ein separates, eigenständiges Tarifwerk zu behandeln.

§ 2 Inkrafttreten, Schlussbestimmungen

(1) Dieser Tarifvertrag tritt zum 01.02.2007 in Kraft.

(2) …”

Unter dem Datum vom 12. März 2007 erhielt der ver.di-Bundesvorstand von der Beklagten eine überarbeitete Version der Vereinbarung vom 21. Februar 2007 mit dem Titel „Tar...

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