Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer einzelvertraglich vereinbarten Schiedsklausel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die in § 101 II 3 ArbGG eröffnete Möglichkeit der einzelvertraglichen Vereinbarung einer Schiedsklausel ist nur für solche Arbeitsverhältnisse zulässig, die nach dem konkreten Inhalt der ausgeübten Tätigkeit einer Berufsgruppe zuzuordnen sind, für die nach § 101 II 1 ArbGG bei Tarifbindung der Vorrang der Schiedsgerichtsbarkeit wirksam geregelt werden kann (vgl. BAG v. 06.08.1997 – 7 AZR 156/96, AP Nr. 5 zu § 101 ArbGG 1979).

2. Nehmen die Parteien im Arbeitsvertrag mit einem Maskenbildner den NV-Bühne in Bezug und vereinbaren zugleich gem. § 1 III NV-Bühne, dass überwiegend künstlerische Tätigkeit erbracht wird, so bedarf es im Regelfall zur Feststellung der wirksamen Inbezugnahme des Tarifvertrages i.S.v. § 101 II 3 ArbGG einer weiteren Aufklärung des Umfangs der künstlerischen Zeitanteile nicht.

3. Mit der Regelung in § 1 III S. 2 NV-Bühne haben die Tarifvertragsparteien Maskenbildner nicht in einer ihre Befugnis aus Art. 9 III GG überschreitenden Weise dem staatlichen Justizgewährleistungsanspruch entzogen.

 

Normenkette

ArbGG § 101 Abs. 2; Normalvertrag (NV) Bühne v. 15.10.2002 § 1 Abs. 3, § 1 S. 3; GG Art. 9 III

 

Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Urteil vom 19.06.2007; Aktenzeichen 7 Ca 1206/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.01.2009; Aktenzeichen 4 AZR 987/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 19.06.2007 – 7 Ca 1206/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

3. Streitwert: 14.154,52 EUR.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten insbesondere um die Frage, ob auf das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) oder der Normalvertrag (NV) Bühne Anwendung findet.

Die am 08.06.1967 geborene Klägerin ist seit dem 31.10.2004 bei der Beklagten beschäftigt. Ihr monatliches Bruttoarbeitsentgelt beträgt ca. 1.700,–EUR. Die Klägerin wurde zunächst befristet nach § 14 Abs. 2 TzBfG vom 31.10.2004 bis zum 31.07.2005 eingestellt. Zu diesem Zeitpunkt war sie in die Vergütungsgruppe VIII BAT eingruppiert. Im Anschluss hieran war sie für die Zeit vom 01.08.2005 bis 31.07.2006 erneut befristet beschäftigt und wiederum in die VergGr. VII BAT eingruppiert.

Unter dem 27.04.2006 schloss die Beklagte mit der Klägerin einen „Arbeitsvertrag im Sinne des Normalvertrages (NV) Bühne” (im Folgenden: NV-Bühne), der u.a. folgende Regelungen enthält:

§ 1 Frau C. wird als Bühnentechniker mit der Tätigkeitsbezeichnung Maskenbildnerin für die X. Bühnen GmbH und Gastspielorte eingestellt. Der Bühnentechniker ist überwiegend künstlerisch tätig.

§ 2 Das Arbeitsverhältnis wird für die Spielzeiten 2006/2007 und 2007/2008 geschlossen. Es beginnt am 01.08.2006 und endet am 31.07.2008.

§ 4 Im Übrigen bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Normalvertrag Bühne in der jeweils geltenden Fassung und den ihn ergänzenden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen.

§ 6 Für alle Rechtsstreitigkeiten i.S. des § 2 ArbGG zwischen den Arbeitsvertragsparteien sind unter Ausschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit ausschließlich die zwischen den Tarifvertragsparteien des NV Bühne vereinbarten Schiedsgerichte zuständig. Gehört der Bühnentechniker bei Vertragsabschluss und bei Klageerhebung keiner auf Arbeitnehmerseite beteiligten Tarifvertragspartei an, bestimmt der Kläger, welches Schiedsgericht zuständig sein soll.

Der zwischen dem Bundesverband Deutscher Theater (DBV) einerseits und der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger (GdBA) sowie der Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnentänzer (VdO) andererseits geschlossene Normalvertrag (NV) Bühne vom 15.10.2002 i.d.F. v. 15.01.2006 enthält u.a. folgende Regelungen:

§ 1 Geltungsbereich

(1) Dieser Tarifvertrag gilt für Solomitglieder und Bühnentechniker sowie Opernchor- und Tanzgruppenmitglieder (im Folgenden insgesamt als Mitglieder bezeichnet) an Bühnen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, die von einem Lande oder von einer Gemeinde oder von mehreren Gemeinden oder von einem Gemeindeverband oder mehreren Gemeindeverbänden ganz oder überwiegend rechtlich oder wirtschaftlich getragen werden.

(3) Oberinspektoren und Inspektoren, Theater- und Kostümmaler, Beleuchtungsmeister und Beleuchter, Bühnenplastiker (Kascheure), Maskenbildner, Requisitenmeister und Requisiteure, Gewandmeister, Bühnenmeister, Veranstaltungstechniker, Tontechniker und Personen in ähnlicher Stellung sind Bühnentechniker im Sinne des Tarifvertrages, wenn mit ihnen im Arbeitsvertrag vereinbart wird, dass sie überwiegend künstlerisch tätig sind.

Der zwischen dem DBV und der GdBA geschlossene Tarifvertrag über die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit – Bühnenschiedsgerichtsordnung – vom 01.10.1948 in der Fassung vom 15.01.2006 enthält u.a. folgende Regelungen:

§ 1 Geltungsbereich

(1) Über bürgerliche Rechtsstreitigkeiten i.S. des § 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes zwischen Theaterveranstaltern und Bühnenmitgliedern entscheiden unter Auss...

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