Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung im Vertretungsfall. Bindung an Haushaltsmittel

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Dem Arbeitgeber steht es bei der Vertretung eines Mitarbeiters durch einen befristet eingestellten Arbeitnehmer frei, die Vertretung zunächst nur für einen kürzeren Zeitraum zu regeln. Denn es steht ihm auch frei zu entscheiden, ob er beim zeitweiligen Ausfall eines Mitarbeiters überhaupt für eine Vertretung sorgt.

2. Will der Arbeitgeber für die gesamte Vertretungszeit befristet Arbeitnehmer einstellen, müssen jedoch sachliche Gründe i.S.v. § 14 Abs. 1 TzBfG vorliegen, wenn er die Überbrückungszeit durch mehrere Arbeitnehmer abdecken will.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Urteil vom 06.02.2003; Aktenzeichen 1 Ca 3577/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.10.2004; Aktenzeichen 7 AZR 654/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Essen vom06.02.2003 – 1 Ca 3577/02 – abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der Befristung am 31.12.2003 beendet sein wird.

Die Kosten des Rechtsstreits hat das beklagte Land zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im zweiten Rechtszug noch um die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.

Die Klägerin (25 Jahre, verheiratet) ist seit dem 28.06.1996 beim beklagten Land als Justizangestellte bei der Dienststelle Staatsanwaltschaft E. beschäftigt. Zuvor hatte sie eine Ausbildung beim Amtsgericht B. durchlaufen. Auf das Arbeitsverhältnis ist der BAT und die ihn ergänzenden Tarifverträge anwendbar.

Seit 1996 ist die Klägerin ununterbrochen aufgrund von insgesamt 10 jeweils befristeten Verträgen beschäftigt worden. Die aktuelle Befristung läuft bis zum

31.12.2003. Es handelt sich im Einzelnen um die folgenden Verträge mit den angegebenen Laufzeiten und Befristungsgründen:

Vertrag vom Laufzeit

Befristungsgrund

28.06.1996

28.06. – 31.12.1996

Überbrückungstelle

22.07.1996

23.08.1996 – 24.08.1997

Erziehungsurlaub Fr. G.

23.04.1997

25.08.1997 – 24.08.1998

Sonderurlaub Fr. G.

08.04.1998

25.08.1998 – 28.02.1999

Sonderurlaub Fr. W.

14.12.1998

01.02. – 31.12.1999

Erziehungsurlaub Fr. H.

20.09.1999

01.01. – 31.12.2000

Erziehungsurlaub Fr. H.

05.12.2000

01.01. – 07.11.2001

Erziehungsurlaub Fr. H.

29.05.2001

01.07. – 31.12.2001

Sonderurlaub Fr. S.

30.11.2001

01.01. – 31.12.2002

Sonderurlaub Fr. S.

20.11.2002

01.01. – 31.12.2003

Sonderurlaub Fr. S.

Der Sonderurlaub der Frau S. beruht auf § 50 Abs. 1 BAT wegen Kinderbetreuung.

Im zweiten Rechtszug wurde festgestellt, dass die Justizangestelle S. ab dem Jahr 2001 jeweils für die Zeit bis zum 28.02. des folgenden Jahres und damit vom 01.03.2000 bis zum 28.02.2001, vom 01.03.2001 bis zum 28.02.2002, vom 01.03.2002 bis zum 28.02.2003 und schließlich vom 01.03.2003 bis zum 28.02.2004 beurlaubt wurde.

Die Klägerin ist der Ansicht, die letzten befristeten Arbeitsverträge seien lediglich Annexe zu dem ersten befristeten Vertrag, weil jeweils nur der Endzeitpunkt modifiziert werde. Daher sei der erste Vertrag auf einen zulässigen Befristungsgrund zu überprüfen und dieser liege nicht vor. Dies ergebe sich auch daraus, dass das beklagte Land die Befristungsgründe bei verschiedenen befristet angestellten Arbeitnehmern untereinander austausche. So werde auch Frau S. bereits seit 1995 durchgehend von unterschiedlichen Angestellten vertreten.

Jedenfalls sei aber die letzte Befristung deshalb unwirksam, weil es an einem sachlichen Grund fehle. Denn wegen der „Kettenbefristung” sei eine Befristung wegen Vertretung eines anderen Mitarbeiters nur zulässig, wenn beim Abschluss des befristeten Vertrages hinreichend sichere konkrete Anhaltspunkte für den endgültigen Wegfall des Vertretungsbedarfs vorlägen. Dies sei vorliegend nicht der Fall, weil Frau T. bereits seit 1995 beurlaubt und eine Rückkehr nicht absehbar sei. Eigentlicher Grund für die Befristung seien haushaltsrechtliche Gründe.

Die Klägerin hat – soweit für das Berufungsverfahren vom Interesse – im ersten Rechtszug beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der Befristung am 31.12.2003 beendet sein wird,

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es ist der Ansicht, die mit der Klägerin geschlossenen Verträge seien jeweils selbständige Verträge, von denen nur der letzte der Befristungskontrolle unterliege. Für das beklagte Land habe kein Anlass zu der Annahme bestanden, Frau T. werde ihren Dienst nach Ende des Sonderurlaubs nicht wieder antreten. Der Vertretungsbedarf falle daher wieder weg.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, es komme bei der Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Befristung auf den letzten Vertrag an. Hierfür habe auch gemäß § 14 TzBfG mit der Vertretung von Frau T. ein sachlicher Grund vorgelegen. Hierbei sei es unerheblich, ob Frau T. tatsächlich am 01.01.2004 ihre Arbeit wieder aufnehmen wird.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Beru...

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