Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Altersversorgung. Ergänzende Auslegung einer Gesamtzusage. Beitragssicherungsgesetz vom 23.12.2002

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Versorgungsordnung, nach der als Zusatzversorgung ein bestimmter Prozentsatz als Differenzbetrag zwischen dem zuletzt bezogenen Arbeitsentgelt und der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zugesagt ist, enthält eine Regelungslücke, wenn die zur Zeit der Erteilung der Versorgungszusage geltende gesetzliche Regelung über die Anpassung der Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung in den Regelungsplan der Versorgungsordnung aufgenommen wurde, diese jedoch keine Regelung drüber enthält, was gelten soll, wenn der Gesetzgeber die Beitragsbemessungsgrenze „außerplanmäßig” anhebt.

2. Zur Anpassung der lückenhaften Versorgungsordnung.

 

Normenkette

RGB §§ 133, 157; AVG §§ 112, 32; SGB VI §§ 159, 275c

 

Verfahrensgang

ArbG Krefeld (Urteil vom 27.04.2007; Aktenzeichen 2 Ca 143/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.04.2009; Aktenzeichen 3 AZR 695/08)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 27.04.2007 – 2 Ca 143/07 – wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.589,29 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 188,91 EUR für jeden Monat, beginnend mit dem 01.03.2006 und endend mit dem 31.08.2007, zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 71 % und der Kläger zu 29 %.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.

Der Kläger ist am 26.01.1941 geboren. Er war vom 01.11.1978 bis Ende Januar 2006 bei der Beklagten in Führungspositionen beschäftigt. Seine monatliche Vergütung betrug zuletzt 6.230,00 EUR brutto. Seit dem 01.02.2006 bezieht er die gesetzliche Altersrente für langjährig Versicherte und von der Beklagten eine Betriebsrente in Höhe von 634,00 EUR brutto.

Die Beklagte ist eine Tochtergesellschaft der L. Q. & Co. mbH, deren Vorstand u. a. für die Beklagte eine Versorgungsordnung (nachfolgend: VO) erstellt und mit Wirkung vom 01.01.1978 in Kraft gesetzt hat. Der Kläger unterfällt unstreitig den Bestimmungen dieser VO und erfüllt deren allgemeine Leistungsvoraussetzungen.

Hinsichtlich der Höhe der Altersversorgung bestimmt § 8 VO u. a. Folgendes:

  1. „Die monatliche Versorgungsleistung errechnet sich nach den Jahren der Betriebszugehörigkeit (§ 4) und den anrechenbaren Bezügen (§ 5).
  2. Die monatliche Versorgungsleistung beträgt bei Bezügen

    bis 70 % der Beitragsbemessungsgrenze DM 7,– pro Jahr der Betriebszugehörigkeit (§ 4)

    bis 80 % der Beitragsbemessungsgrenze DM 8,– pro Jahr der Betriebszugehörigkeit (§ 4)

    bis 90 % der Beitragsbemessungsgrenze DM 9,– pro Jahr der Betriebszugehörigkeit (§ 4)

    bis 100 % der Beitragsbemessungsgrenze DM 10,– pro Jahr der Betriebszugehörigkeit (§ 4)

Es gilt die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung bei Eintritt des Versorgungsfalles bzw. die durchschnittliche Beitragsbemessungsgrenze gemäß § 6 Abs. 2.

Für anrechnungsfähige Bezüge oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze erhöhen sich die monatlichen Versorgungsleistungen um 1,5 % dieses Teils der Bezüge pro Jahr der Betriebszugehörigkeit (§ 4).”

Von Bedeutung für den vorliegenden Rechtsstreit sind auch § 6 und § 17 d VO. Darin heißt es:

㤠6 Allgemeine Berechnungsgrundlagen

1. Der Berechnung der Versorgungsleistungen werden das letzte monatliche Gehalt bzw. Arbeitsentgelt gemäß § 5 zugrunde gelegt.

2. Der Durchschnitt der monatlichen Bezüge der letzten 48 Monate der Betriebszugehörigkeit sowie die entsprechend errechnete Beitragsbemessungsgrenze dienen dann als Berechnungsgrundlage, wenn sich danach höhere Versorgungsleistungen ergeben.

§ 17 Leistungsvorbehalte

Das Unternehmen behält sich vor, die zugesagten Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn

d)eine grundsätzliche Änderung des Sozialversicherungsgesetzes eintritt, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung der Beitragsbemessungsgrenze …”

Die VO enthält u. a. folgende Erläuterungen:

„Zu § 6 (2)

Die Höhe der Versorgungsleistungen ist abhängig vom Gehalt und von der Beitragsbemessungsgrenze (siehe § 8). Monatliche Bezüge und Beitragsbemessungsgrenze können sich unterschiedlich entwickeln. Um grobe Unbilligkeiten bei einer starken Divergenz zwischen Entwicklung der Bezüge und der Beitragsbemessungsgrenze zu vermeiden, kommt die Durchschnittsrechnung dann zum Tragen, wenn sich hieraus höhere Versorgungsleistungen ergeben.

Zu § 8 (1)

Die Bemessungsgrundlagen der Versorgungsleistungen sind zum einen die Bezüge und zum anderen die Dauer der Betriebszugehörigkeit. Die Bezüge sollen dem Leistungsprinzip, die Betriebszugehörigkeit soll der Dauer der für das Unternehmen erbrachten Leistungen Rechnung tragen.

Zu § 8 (2)

Für die Bezüge unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze ist aus Vereinfachungsgründen e...

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