Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlöschen einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis Abgrenzung Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zum Dienstvertrag/Werkvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

1.) Die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG erlischt mit der Verschmelzung des Erlaubnisträgers auf ein anderes Unternehmen.

2.) Eine nach der Verschmelzung neu erteilte Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis wirkt auf den Zeitpunkt der Verschmelzung zurück, wenn die aufnehmende Gesellschaft bei Abschluss des notariellen Verschmelzungsvertrages einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis gestellt hat und die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis zu diesem Zeitpunkt vorliegen.

3.) Die Beschäftigung eines Arbeitnehmers für die Dauer von einem Monat auf der Grundlage eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages reicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher aus, wenn der Verleiher während dieser Beschäftigungszeit keine Erlaubnis gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG besitzt.

4.) Dies gilt auch dann, wenn der Verleiher keine Kenntnis vom Verlust der Erlaubnis hatte und während der übrigen Vertragszeit mit dem Arbeitnehmer im Besitz einer Erlaubnis gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG ist oder wenn der Arbeitnehmer ansonsten auf der Grundlage eines Werk- oder Dienstvertrages bei dem Entleiher eingesetzt wird.

 

Normenkette

AÜG § 1 Abs. 1 S. 1, § 9 Nr. 1, § 10 Abs. 1 S. 1; BGB § 611 Abs. 1, § 631

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Urteil vom 06.12.2007; Aktenzeichen 8 Ca 1295/06)

 

Tenor

1) Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 06.12.07 – 8 Ca 1295/06 – wird zurückgewiesen.

2) Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3) Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.

Die Beklagte betreibt über ihre Betriebsführungsgesellschaft Deutsche T. AG (im Folgenden: E.) T.-Bergwerke, u.a. das Bergwerk „West”, in dem ca. 3550 Arbeitnehmer beschäftigt sind.

Der 46 jährige, verheiratete Kläger war seit dem 01.04.1985 bei der – inzwischen insolventen – E.-I. GmbH E. (im Folgenden: E. GmbH) bzw. deren Rechtsvorgängerinnen als Mitarbeiter beschäftigt. Seit dem Jahr 2000 besitzt der Kläger einen Dieselkatzenführerschein und war – nach eigener Darstellung – in der Zeit vom 01.01.2004 bis zum 01.09.2005 als Dieselkatzenfahrer auf dem Bergwerk West eingesetzt.

Die ursprüngliche E. GmbH ist durch Verschmelzungsvertrag vom 13.12.1999 auf die E. I. GmbH – anschließend umfirmiert in I.-E.-I. GmbH (I. GmbH) – verschmolzen worden und damit erloschen. Sodann ist die H. & L. Gesteins- und Tiefbau GmbH, eine Tochtergesellschaft der I. GmbH, in E. GmbH umfirmiert und sitzmäßig nach E. verlegt worden. Diese E. GmbH hatte eine unbefristete Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Mit notariellem Vertrag vom 13.08.2003 wurde sie auf die S. Bau- und Wegebaustoffe GmbH verschmolzen. Die Verschmelzung wurde wirksam mit der Eintragung in das Handelsregister am 29.01.2004.

Mit Schreiben vom 19.05.2005 teilte die Bundesagentur für Arbeit – Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen – der neuen E. GmbH mit, dass die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung aufgrund der Verschmelzung erloschen sei. Mit einem Bescheid vom 07.09.2005 wurde der E. GmbH eine neue Erlaubnis zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung erteilt.

Bei der durch die Verschmelzung entstandenen E. GmbH handelt es sich um eine Bergbauspezialgesellschaft, die im ersten Halbjahr 2006 noch mehr als 1.500 Arbeitnehmer beschäftigte. Sie erhielt laufend Aufträge durch die Beklagte und bot u.a. Leistungen für den Bergbau, Schacht- und Tunnelbau an. Auf dem Bergwerk West hat die E. GmbH in den Jahren 2004 und 2005 Projekte für die Beklagte, u.a. das Projekt „Auffahrung von ca. 480 m Gesteinsberg BP D 305, Baufeld ROW, zur Anbindung des Flözes Matthias 2 an das vorhandene Grubengebäude” durchgeführt. (Bezüglich der Einzelheiten dieses Projektes wird auf die Bestellung vom 06.04.2004, Bl. 116 f der Akte und das Leistungs- und Preisverzeichnis vom 06.04.2004, Bl 84 ff der Akte verwiesen). Gemäß Ziffer A 3.1 dieses Verzeichnisses gehörte zu den Aufgaben des Auftragnehmers (E. GmbH) auch die „Stellung von Dieselkatzenfahrern in ausreichender Anzahl”. Die Beklagte legte den Aufträgen der bei ihr tätigen Bergbauspezialgesellschaften ihre Einkaufsbedingungen für Bauleistungen (kurz: AGB-Bau) zugrunde, die durch die Regelungen für die Bestellung bergmännischer Unternehmerarbeiten (RBBU) ergänzt werden. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die von der Beklagten überreichten Anlagen 9 und 10 (Bl. 421 bis 434 d.A.) Bezug genommen.

Daneben erfolgte die Zusammenarbeit zwischen der Beklagten und der E.-GmbH auch auf der Basis von Rahmenarbeitnehmerüberlassungsverträgen, die es zumindest seit dem 16.11.1999 gab. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Rahmenarbeitnehmerüberlassungsvertrag vom 16.11.1999 (Anlage 8, Bl. 414 ff d.A.) verwiesen.

In der Zeit vom 01.06.2004 bis zum 09.07.2004 war der Kläger im Rahmen einer „echte...

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