Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbegriff in § 23 KSchG. Änderungskündigung zur Personalkostensenkung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Bestimmung des Betriebsbegriffs in §§ 1 Abs. 1, 23 KSchG hat unabhängig von derjenigen in § 4 S. 1 BetrVG zu erfolgen (im Anschluß an BAG v. 21.06.1995 – 2 AZR 693/94 – EzA § 23 KSchG Nr. 14). Deshalb kann es zur Feststellung eines nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG i.V. mit § 2 S. 1 KSchG notwendigen dringenden betrieblichen Erfordernisses für eine Änderungskündigung zum Zwecke der Sanierung eines Betriebsteils wegen zu hoher Personalkosten nur auf die Verhältnisse des gesamten Betriebes ankommen.

 

Normenkette

KSchG 1969 §§ 1-2, 23; BetrVG § 4

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Urteil vom 19.12.1996; Aktenzeichen 3 Ca 3783/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.08.1998; Aktenzeichen 2 AZR 84/98)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Essen vom 19.12.1996 – 3 Ca 3783/96 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

Der am 11.09.1958 geborene Kläger, der verheiratet und Vater von zwei Kindern ist, ist bei der Beklagten seit dem 01.04.1989 aufgrund eines am 03.01.1989 geschlossenen Arbeitsvertrages als Elektrotechniker beschäftigt. Zuletzt verdiente er monatlich DM 5.025,– brutto plus DM 59,30 Aufwandsentschädigung pro Arbeitstag.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen, das sich mit der Herstellung elektrischer Licht-, Kraft-, Nieder- und Hochspannungs-, Meß- und Regelanlagen sowie von Radio- und Fernseheinrichtungen, dem Rohleitungsbau und dem Handel mit Artikeln dieser Branchen befaßt. Zusammen mit der Firma F., deren Firmensitz mit dem der Beklagten identisch ist und welche sich über den Unternehmenszweck der Beklagten hinaus mit der Erbringung von Dienstleistungen aller Arten der Überlassung von Arbeitnehmern unter Beachtung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes befaßt, bildet die Beklagte ein gemeinsames Unternehmen.

Im Unternehmen der Beklagten, das aus den Geschäftsbereichen Montage und Planung besteht, werden zur Zeit etwa 472 Arbeitnehmer eingesetzt, wovon 396 gewerbliche Arbeitnehmer und 76 Angestellte sind. Von diesen 76 Angestellten werden in dem Geschäftsbereich Planung 43 Arbeitnehmer beschäftigt. Diese sind in drei räumlich voneinander getrennten Planungsbüros an den Standorten L., R. und M. tätig. Am letzten Standort war der Kläger vor seinem Einsatz in M. seit dem 11.12.1996, wo er bereits bis Mitte 1994 gearbeitet hatte. Das Planungsbüro L. wird von Herrn S., das in R. von Herrn Dipl.-Ing. B. und das in M. von Herrn Sch. geleitet. In dem Geschäftsbereich Montage werden 16 Angestellte und 395 gewerbliche Arbeitnehmer in räumlich voneinander getrennten Betriebsstätten in L., U., D., K., H., F. und Lu. unter ebenfalls jeweils am Ort der Betriebsstätte vorhandener Leitung beschäftigt.

Der Abschluß von Arbeitsverträgen sowie der Ausspruch von Kündigungen erfolgt für die Abteilungen Planung und Montage durch die Geschäftsführung am Firmensitz in E., wo auch der Betriebsrat ansässig ist.

Nach vorheriger Anhörung ihres Betriebsrats kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 25.09.1996 das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 01.12.1996 und bot ihm zugleich an, ihn für ein Bruttogehalt von DM 4.321,50 plus DM 51,– Aufwandsentschädigung pro Arbeitstag zu ansonsten unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen. Später verlängerte die Beklagte die Kündigungsfrist bis zum 31.12.1996. Mit Schreiben vom 02.10.1996 nahm der Kläger das Angebot der Beklagten unter dem Vorbehalt an, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt sei.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß die in der Änderungskündigung vom 25.09.1996 enthaltene Änderung der Arbeitsbedingungen unwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht:

Die Ergebnisse des Geschäftsbereichs Planung seien seit Jahren negativ. Die Reduzierung des Entgelts sämtlicher Mitarbeiter dieses Geschäftsbereichs um 14 % sei notwendig gewesen, da sonst als einzige Alternative die Schließung der Planungsabteilung verblieben wäre. Das Betriebsergebnis des Geschäftsbereichs Planung habe 1995 – 627 TDM betragen, während ihr Gesamtergebnis im genannten Jahr – 526 TDM ausgemacht habe. Für die Frage, ob die streitbefangene Änderungskündigung wirksam sei, komme es allein auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Planungsabteilung an. Diese Abteilung und die Abteilung Montage seien eigenständige, organisatorische Einheiten mit jeweils eigenständigen Büro- und Betriebsstättenleitungen. Beide Abteilungen würden unabhängig voneinander am Markt operieren und hätten eigene Kundenbeziehungen. Das Betriebsergebnis ermittle sich nicht an innerbetrieblichen Verrechnungspreisen, sondern an den Preisen, die am Markt erzielt würden. Es werde für jeden Bereich gesondert aufgestellt.

Der Kläger hat dem entgegen gehalten:

Es gebe nur eine einheitliche Geschäftsleitung am Firmensitz in E.....

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