Entscheidungsstichwort (Thema)

Anpassung einer Betriebsrente

 

Leitsatz (amtlich)

Die „wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers” i.S.v. § 16 Abs. 1 BetrAVG bestimmt sich auch bei einem konzernabhängigen Unternehmen ausschließlich nach der wirtschaftlichen Lange dieses als Arbeitgeber verpflichteten Unternehmens und nicht nach der wirtschaftlichen Lage des gesamten Konzerns.

 

Normenkette

BetrAVG §§ 16, 17 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Solingen (Urteil vom 28.03.2007; Aktenzeichen 3 Ca 949/06 lev)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.02.2009; Aktenzeichen 3 AZR 727/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 28.03.2007 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger bezieht seit dem 01.01.2003 von der Beklagten eine Betriebsrente in Höhe von monatlich EUR 8.310,68.

Der Kläger hat mit Anwaltsschreiben vom 05.04.2006 (Kopie Bl. 4 d. A.) vergeblich eine Anpassung seiner Rente zum 01.01.2006 gefordert.

Darüber, ob die Betriebsrente des Klägers jedenfalls entsprechend der Steigerung des Verbraucherpreisindexes anzupassen ist, streiten die Parteien.

Die Beklagte ist Teil eines Konzerns, der von der U. G. Holding GmbH geführt wird.

Die Dr. Dr. I. GmbH, X. hat eine Substanzerhaltungsanalyse erstellt, um festzustellen, ob die wirtschaftliche Lage eine Anpassung zulässt. Nach dem Ergebnis der Untersuchung (Bl. 54 ff d. A.) besteht bei der Beklagten ein positives Anpassungspotential zu den jeweiligen Anpassungszeitpunkten seit 2003 (V. des Gutachtens = Bl. 69 ff d. A.). Dagegen bestand bei der Konzernobergesellschaft, der U. G. Holding GmbH, zu keinem Zeitpunkt ein positives Anpassungspotential.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe zum 01.01.2003 die Rentenleistung zumindest entsprechend der Entwicklung des amtlichen Verbraucherpreisindexes um monatlich 423,64 EUR anheben müssen. Es sei auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten und nicht auf die des Konzerns abzustellen.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab dem 01.01.2006 eine Betriebsrente zu zahlen, die im Verhältnis zur derzeit gezahlten Betriebsrente von EUR 8.310,68 brutto angemessen erhöht ist, wobei der Erhöhungsbetrag in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe keinen Anspruch auf Anpassung der Betriebsrente. Die Entscheidung der Beklagten, die Betriebsrente nicht anzupassen, entspreche billigem Ermessen.

Bei der Prüfung der wirtschaftlichen Lage sei nicht auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten, sondern auf die des gesamten Konzerns abzustellen. Zwar stelle § 16 BetrAVG grundsätzlich auf die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers ab. Das Bundesarbeitsgericht habe aber unter bestimmten Voraussetzungen einen Berechnungsdurchgriff, bei welchem auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Konzernobergesellschaft berücksichtigt werden, zugelassen. Das Bundesarbeitsgericht habe mittels Berechnungsdurchgriff einem Betriebsrentner einen Anpassungsanspruch trotz schlechter wirtschaftlicher Lage des Arbeitgeberunternehmens gewährt, indem es auf die bessere wirtschaftliche Lage der Konzernmutter abgestellt habe. Diese Betrachtung müsse auch zu Lasten der Betriebsrentner möglich sein. Dies gelte insbesondere im Falle einer engen Konzernbindung durch vollständige organisatorische und finanzielle Abhängigkeit, wie dies bei der Beklagten im Verhältnis zum U.-G. Konzern der Fall sei. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass aufgrund der finanziellen Einbindung der Beklagten in den U.-Konzern eine Insolvenz desselben zwingend auch zu einer Insolvenz der Beklagten führen würde.

Da sowohl das Eigenkapital der U. G. Holding GmbH als auch das des Konzerns völlig ausgezehrt sei und eine bilanzielle Überschuldung vorliege, die nur aufgrund des Rangrücktritts verschiedener Darlehensgeber nicht zur sofortigen Insolvenz geführt habe, ließe die wirtschaftliche Lage keine Betriebsrentenanpassung zu. Es könne auch in Zukunft nicht damit gerechnet werden, dass das aufgezehrte Eigenkapital wieder hergestellt werde oder sich gar angemessen verzinse.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit der Maßgabe entsprochen, dass dem Kläger für die Zeit von Januar 2006 bis einschließlich Februar 2007 ein Betrag von 5.933,76 EUR sowie die Zahlung eines Erhöhungsbetrages von 423,84 EUR für die Zeit ab März 2007 zustehe. Entscheidend hierfür sei, dass entgegen der Auffassung der Beklagten bei der Anpassungsentscheidung auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten und nicht auf die des Konzerns abzustellen sei.

Wegen der weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des Arbeitsgerichtes Bezug genommen.

Mit der zulässigen Berufung verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter.

Sie weist unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens darauf hin, dass aus den von ihr genannten Gründen vorliegend ein Berechnungsdurchgriff zu Lasten des Arbeitnehmers...

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