Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialplanauslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Sozialpläne sind als Betriebsvereinbarungen besonderer Art nicht wie Verträge sondern wie Tarifverträge auszulegen.

 

Normenkette

BGB §§ 781, 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Oberhausen (Urteil vom 01.10.2001; Aktenzeichen 3 Ca 906/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.03.2003; Aktenzeichen 1 AZR 335/02)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 01.10.2001 – 3 Ca 906/01 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über das Bestehen weiterer Zahlungsansprüche des Klägers gegen die Beklagte aus dem Sozialplan vom 23.10.2000.

Der Kläger war 22 Jahre lang bei der Beklagten beschäftigt. Sein durchschnitt liches monatliches Bruttoeinkommen betrug zuletzt 7.514,– DM. Arbeitsverhältnis der Parteien endete zum 31.03.2001 durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten. Neben dem Kläger entließ Beklagte weitere 33 Arbeitnehmer betriebsbedingt.

Im Zusammenhang mit diesen Entlassungen schloss die Beklagte mit dem in ihrem Betrieb existierenden Betriebsrat am 23.10.2000 einen Interessenausgleich und einen Sozialplan. Der Sozialplan vom 23.10.2000 (Bl. 4 – 8 der Gerichtsakte) enthält u. a. die folgenden Regelungen:

„II.

1. Leistungen bei vorzeitigen Pensionierungen

a.) …

Das Nettoeinkommen errechnet sich aus einem definierten Bruttoeinkommen. Das Bruttoeinkommen ist zunächst das Steuer-Brutto des Jahres 2000. Zum Steuer-Brutto des Jahres 2000 gehören nicht:

alle nicht regelmäßig wiederkehrenden Zulagen (z. B. Prämien und dergleichen), das Urlaubsgeld, die vermögenswirksamen Leistungen, die Kontoführungsgebühr, der Auslagenersatz, die Jubiläumsgelder, die geldwerten Vorteile (z. B. Dienstwagen, Telefon) sowie die Überstunden/Mehrarbeit.

Das so errechnete Jahres-Brutto 2000 wird durch 12 dividiert und bildet das monatliche Bruttoeinkommen als Basis für die Berechnung der Abfindung/des Nettoeinkommens.

3. Leistungen bei Ausscheiden in sonstigen Fällen (nicht vorzeitige Pensionierung)

a.) Mitarbeiter/innen, denen aus betriebsbedingten Gründen unter Mitwirkung des BR fristgemäß gekündigt wird, erhalten als Abfindung für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit 70 % des unter Teil II. Ziffer 1. a.) des Sozialplanes definierten Bruttomonatseinkommens. Die Anzahl der nach dieser Formel errechneten Monatseinkommen beträgt max. 18,5 Monatseinkommen. Bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit wird diese monatsgenau und auf 2 Stellen hinter dem Komma gerechnet.

b.) Mitarbeiter/innen, die am Ende ihres Arbeitsverhältnisses 50 Jahre alt und älter sind und noch nicht 57 Jahre und 4 Monate alt und älter sind, erhalten zu ihrer Abfindung gem. Buchstabe a.) einen Sockelbetrag in Höhe von 20.000,– DM als Abfindung.

7. Weitere Festlegungen

a.) Sollten sich über den Inhalt oder die Auslegung dieses Sozialplanes Meinungsverschiedenheiten ergeben, werden diese zwischen der Geschäftsführung und dem BR mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung beraten. Gelingt eine Einigung nicht, ist eine interne Schiedsstelle einzurichten, die nicht mit Mitgliedern besetzt sein darf, die an der Erstellung des Interessenausgleichs und des Sozialplans mitgearbeitet haben. Die Entscheidung dieser Schiedsstelle ist für beide Seiten bindend.

…”

Das nach Teil II. 1. a.) des Sozialplanes zu ermittelnde Bruttomonatseinkommen des Klägers betrug 7.944,– DM. Die Beklagte zahlte an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 102.877,– DM zum Ausgleich der Ansprüche des Klägers aus dem Sozialplan.

Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, ob der Kläger aus Teil II. Ziffer 3. a.) des Sozialplanes Anspruch auf die Zahlung weiterer 19.463,– DM als Abfindung hat, weil nicht max. 18,5 × 70 % eines Monatseinkommens gezahlt werden müssen, sondern max. 18,5 volle Monatsgehälter.

Die fragliche Sozialplanregelung hat sich im Laufe der Verhandlungen der Beklagten mit dem Betriebsrat folgendermaßen entwickelt: Nach dem ersten Entwurf vom 28.09.2000, 18:50 Uhr (Bl. 32 – 35 der Gerichtsakte) sollten die Mitarbeiter, die nicht vorzeitig pensioniert wurden, nach der Vorstellung der Beklagten für jedes vollendete Jahre der Betriebszugehörigkeit 60 % des im Sozialplan definierten Bruttomonatseinkommens als Abfindung erhalten, während der Betriebsrat 90 % verlangte. Eine Höchstgrenze sah diese Entwurfsfassung nicht vor. Im zweiten Entwurf vom 02.10.2000, 15:36 Uhr (Bl. 36 – 43 der Gerichtsakte) heißt es bezüglich Teil II. Ziffer 3. a.):

„Mitarbeiter/innen, denen aus betriebsbedingten Gründen unter Mitwirkung des BR fristgemäß gekündigt wird, erhalten als Abfindung für jedes vollendete Jahr der Betriebszugehörigkeit 70 % (Vorstellung BR: 90 %) des unter Teil II. Ziffer 1. A.) a.) des Sozialplanes definierten Bruttomonatseinkommens. Die Anzahl der nach dieser Formel errechneten Monatseinkommen beträgt max. 15 Monatseinkommen.

Vorstellung des BR: 90 % des unter Teil II. B.) 1. des Sozialplanes definierten Bruttoeinkommens. Dab...

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