Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortführung der kirchlichen Zusatzversorgung durch weltlichen Arbeitgeber. Bindungswirkung vertraglicher Regelungen zum Betriebsübergang gegenüber Erwerber. Keine Ungleichbehandlung bei Verweigerung eines Dienstfahrzeuges für Rufbereitschaft. Keine Unwirksamkeit des Urteils bei Fehler in der Verlautbarungsart

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein weltlicher Arbeitgeber ist nach einem (Teil-)betriebsübergang nicht gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet, die dem Arbeitnehmer vom kirchlichen Arbeitgeber zugesagte Versorgung über die kirchliche Zusatzversorgung weiter durchzuführen. Eine Rechtspflicht zur Mitgliedschaft bei einer kirchlichen Zusatzversorgungskasse im Wege der für diese Fälle ermöglichten sog. partiellen Beteiligung besteht nicht.

2. Unberührt bleibt der Verschaffungsanspruch. Der weltliche Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer die ihm auch bislang zugesagte Versorgung zu verschaffen. Dabei bleibt er in der Wahl des Durchführungsweges frei.

3. Zur Aufwandserstattung für Fahrtkosten im Rahmen der Rufbereitschaft vom Wohnort zur Arbeitsstätte im kirchlichen Bereich.

 

Normenkette

GRCh Art. 10 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 16; GG Art. 4 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1; RL 2001/23/EG Art. 3 Nr. 1; ArbGG § 60 Abs. 1, § 64 Abs. 1-2, § 66 Abs. 1 Sätze 1, 3; BetrAVG § 1 Abs. 1 S. 3; BGB §§ 133, 275 Abs. 2, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, § 310 Abs. 4 S. 2, § 613a Abs. 1 S. 1, § 670; GVG § 173 Abs. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1, § 295 Abs. 1, § 310 Abs. 3, § 311 Abs. 2 S. 1, § 315 Abs. 3, § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, § 524 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1; BRKG a.F. § 23; LRKG NRW § 2 Abs. 1, 3, §§ 6, 16; LRKG NRW a.F. § 23 Abs. 3; BayRKG Art. 24 Abs. 4; TV-L § 23 Abs. 4; ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 28.08.2019; Aktenzeichen 5 Ca 1227/18)

ArbG Wuppertal (Aktenzeichen 5 Ca 1127/18)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.03.2021; Aktenzeichen 3 AZR 224/20)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts X. vom 28.08.2019 - 5 Ca 1227/18 - teilweise abgeändert und unter Abweisung des Klageantrags zu 1. festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger bei Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die er erhalten würde, wenn er auch ab dem 01.01.2018 bis zum Eintritt des Versorgungsfalles nach Maßgabe der Anlage 8 zu den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes in der jeweils gültigen Verfassung nach der Versorgungsordnung A über die Katholische Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands, Anstalt des öffentlichen Rechts (KZVK) versichert worden wäre.

  • II.

    Die Berufung des Klägers wird als unzulässig verworfen, soweit der Antrag auf Zurverfügungstellung des Dienstwagens auf das Schreiben vom 31.12.1992 und auf betriebliche Übung gestützt wird und sowie die Zahlungsanträge auf darauf aufbauende Schadensersatzansprüche gestützt werden.

  • III.

    Die weitergehende Berufung des Klägers und der Beklagten werden zurückgewiesen.

  • IV.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 87 % und der Beklagten zu 13 % auferlegt. Die Kosten erster Instanz tragen der Kläger zu 81 % und die Beklagte zu 19 %.

  • V.

    Die Revision wird für den Kläger zugelassen, soweit er mit dem Hauptantrag zu 1. (Leistungs- und Feststellungsantrag) und den Zahlungsanträgen aus seiner Berufung - insoweit ausgenommen den Streitgegenstand Schadensersatz - unterlegen ist. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die dem Kläger erteilte Versorgungszusage weiterhin über die Katholische Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands, Anstalt des öffentlichen Rechts (im Folgenden KZVK) durchzuführen bzw. ihm hilfsweise einen entsprechenden Versorgungsanspruch zu verschaffen. Die Parteien streiten weiter darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger einen Dienstwagen zur Verfügung zu stellen bzw. die Kosten für die Anfahrt zur Rufbereitschaft mit dem eigenen PKW wie Reisekosten zu vergüten.

Unter dem 16.02.1999 schloss der am 15.09.1961 geborene Kläger mit der Kliniken St. B. gGmbH in X. einen Dienstvertrag, nach dem er ab dem 01.03.1999 als Elektroinstallateur eingestellt war. In diesem hieß es u.a.:

"§ 2

Für das Dienstverhältnis gelten die "Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes" (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung. Dem Mitarbeiter ist Gelegenheit zur Einsichtnahme in die AVR gegeben.

...

§ 5

Der Mitarbeiter nimmt unter Beachtung der Bestimmungen der Anlage 8 zu den AVR (Versorgungsordnung) in der jeweils gültigen Fassung an der Zusatzversorgung ab 01.03.1999 teil."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Dienstvertrag Bezug genommen. Die Anlage 8 zu den AVR enthielt zu der Versorgungsordnung A folgende Regelung:

"§ 1 Versorgungszusage

(1) Mitarbeiter und die zu ihrer Ausbildung Beschäftigten (Anlage 7 zu den AVR), für...

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