Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende Gewährung der Arbeitszeit durch TV. Berechnung des Anspruches auf Rufbereitschaft II gemäß § 8 TV-Ärzte KF

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anspruch auf Jahressonderzahlung für das Jahr 2007 gemäß § 19 TV-Ärzte KF besteht nicht, weil in zulässiger Weise rückwirkend durch den TV-Ärzte KF der Anspruch auf Jahressonderzahlungen ausgeschlossen werden konnte.

2. Auf Grund der tariflichen Regelung des TV-Ärzte KF ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, das Gehalt des Arztes anteilsmäßig um den Betrag zu kürzen, welcher der Arbeitszeit entspricht, die der Arzt infolge der tariflich rückwirkend erhöhten Arbeitszeit in der Vergangenheit nicht geleistet hat; der Arbeitgeber ist allein berechtigt, im tariflichen Ausgleichszeitraum die nicht geleistete Arbeitszeit nachzufordern.

3. Rufbereitschaft II wird gem. § 8 TV-Ärzte KF mit 25 % der Arbeitszeit vergütet.

 

Normenkette

TV-Ärzte KF § 5; TV-Ärzte KF § 8; TV-Ärzte KF § 15; TV-Ärzte KF § 19

 

Verfahrensgang

ArbG Duisburg (Urteil vom 12.02.2009; Aktenzeichen 2 Ca 1673/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.03.2011; Aktenzeichen 6 AZR 691/09)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 12.02.2009 wird teilweise abgeändert:

Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.370,80 EUR brutto zu zahlen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt bei einem Streitwert von 27.954,35 EUR die Klägerin zu 91,52 % und die Beklagte zu 8,48 %.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche.

Die Klägerin ist bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt, als Ärztin beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis war kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme zunächst der BAT-KF anwendbar, der durch tarifliche Änderung überführt wurde in den TV-Ärzte-KF. Vorliegend sind Vergütungsansprüche für die Übergangszeit sowie Vergütungen für Rufbereitschaftsdienste und die Sondervergütung für das Jahr 2007 im Streit.

Für die Zeit von Juli 2007 bis einschließlich Januar 2008 wurde das Arbeitsverhältnis zunächst abgerechnet auf der Basis des BAT-KF, der unter anderem eine regelmäßige Arbeitszeit von 38,5 Stunden zugrunde legte.

Durch Beschluss der arbeitsrechtlichen Schiedskommission vom 22.10.2007 wurde der Tarifvertrag TV-Ärzte-KF rückwirkend zum 01.07.2007 verabschiedet, der durch Verkündung und Veröffentlichung im kirchlichen Amtsblatt am 15.01.2008 wirksam wurde.

Im Februar 2008 erfolgte eine Rückrechnung der Vergütung für den Zeitraum Juli 2007 bis einschließlich Januar 2008. Der neue Tarifvertrag (TV Ärzte-KF) sieht eine Arbeitszeit von 42 Wochenstunden vor bei einer erhöhten Grundvergütung. Die Beklagte rechnete den Zeitraum von Juli 2007 bis Januar 2008 im Februar 2008 nunmehr ab auf der Basis von 38,5/42 des neuen Grundgehaltes.

Weiterhin vergütete die Beklagte rückwirkend ab dem 01.07.2007 Rufbereitschaft II mit 25% des tariflichen Stundenlohnes.

Der TV-Ärzte-KF enthält unter anderem die folgenden Regelungen:

㤠5

Regelmäßige Arbeitszeit

[…]

(2) Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von einem Jahr zugrunde zu legen. […]

§ 8

Ausgleich für Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst

[…]

(2) Der Arbeitgeber darf Rufbereitschaft II nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß eine durchschnittliche Arbeitsbelastung von höchstens 25% der Zeit der angeordneten Rufbereitschaft zu erwarten ist. Die Zeit der Rufbereitschaft II wird zu 50% als Arbeitszeit gewertet und dafür 50 % des tariflichen Stundenentgeltes der jeweiligen Entgeltgruppe und Stufe (individuelles Stundenentgelt) gezahlt.”

Wegen der Einzelheiten und weiteren Regelungen wird auf den zur Akte gereichten Text des TV-Ärzte KF nebst Anlagen zu Bl. 84-118 d.A. Bezug genommen.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, in Höhe eines Betrages von 5.366,91 EUR brutto ihre Vergütung für das Jahr 2007 rückwirkend zu kürzen. Sie sei zumindest unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges zur Nachzahlung des Betrages verpflichtet.

Des Weiteren stehe ihr für die Rufbereitschaft eine Vergütung von 50 % der regelmäßigen Vergütung gemäß der tariflichen Regelung zu. Würde diese – wie geschehen – kontinuierlich mit 25 % vergütet, würden die restlichen Stunden der Rufbereitschaft gar nicht mehr vergütet.

Der Rest der Klageforderung beziehe sich auf die Sondervergütung für das Jahr 2007, die die Beklagte in Höhe von 50 % jedenfalls habe leisten müssen.

Sie hat beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01.07.07 bis 30.06.08 neue Lohnabrechnungen zu erteilen und ihr weitere brutto 36.369,06 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei der von der Klägerin nunmehr geschuldeten Arbeitsleistung um eine Fixschuld handle, die nicht nachholbar sei. Da sie auch die Unmöglichkeit der Leistung nicht zu vertreten habe, sei sie zur Kürzung nachträglich berechtigt gewesen.

Die Beklagte hat weiterhin die Auffassung ver...

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