Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilwiderklage über 1 Million Euro. Einheitlicher prozessualer Anspruch. Zur Darlegungslast mehrerer Schadenersatzansprüche bei einer Teilklage

 

Leitsatz (amtlich)

Unzulässigkeit einer Teilklage

 

Leitsatz (redaktionell)

Es kann festgestellt werden, über welche der prozessualen Einzelansprüche, aus denen sich der Gesamtschaden der Beklagten zusammensetzen soll, im Wege der Teilwiderklage durch das Gericht entschieden werden soll. Deshalb ist die Teilwiderklage unzulässig.

 

Normenkette

ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 23.01.2013; Aktenzeichen 3 Ca 3742/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.12.2015; Aktenzeichen 8 AZR 54/14)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 23.01.2013, 3 Ca 3742/12, wird zurückgewiesen.

  • II.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

  • III.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Im Berufungsverfahren streiten die Parteien noch über einen von der Beklagten erstinstanzlich im Wege der Widerklage geltend gemachten Schadensersatzanspruch.

Der am 10.08.1981 geborene, verheiratete Kläger, der einem Kind zum Unterhalt verpflichtet ist, war seit dem 01.06.2010 bei der Beklagten, die das Energiehandelsunternehmen für Strom, Gas, Kohle, Öl und Emmissionszertifikate im E.P.-Konzern ist, als Senior Power Trader (Stromhändler) beschäftigt. Sein jährliches Basisgehalt betrug zuletzt 96.900,00 € brutto zuzüglich eines ungedeckelten Händlerbonus auf der Grundlage der EET Trader Bonus Policy.

Bei den vom Kläger getätigten Geschäften handelte es sich insbesondere um Kauf- und Verkaufsverträge für Strom in sehr großen Mengen auf den osteuropäischen Märkten. Die Käufe werden zum Zweck des Eigenhandels durchgeführt, das heißt, die Beklagte erwirtschaftet mit diesen Geschäften Margengewinne. Gekauft und verkauft werden Strommengen in verschiedenen Ländern und zu verschiedenen Zeitpunkten in der Zukunft. Für jeden Verkauf von Strom zu einem bestimmten Zeitpunkt muss durch einen entsprechenden Zukauf von Strom zum gleichen Termin ein sogenanntes Deckungsgeschäft abgeschlossen werden. Wird die Verpflichtung, zu einem späteren Zeitpunkt Strom zu verkaufen, nicht durch einen entsprechenden Einkauf zum gleichen Termin gedeckt, besteht das Risiko, dass zu einem späteren Zeitpunkt kurzfristig Strom eingekauft werden muss, der teurer als das bereits geschlossene Verkaufsgeschäft ist. Der Kläger durfte bei den von ihm geschlossenen Geschäften ein höchst mögliches Verlustrisiko von 5 Mio. Euro nicht überschreiten. Bei Erreichen dieser Stopp-Loss-Grenze durften keine neuen Positionen mehr geöffnet werden, sondern offene Positionen waren umgehend zu schließen.

Jeder Händler ist verpflichtet, die Daten seiner getätigten Handelsgeschäfte (Positionen) in das elektronische Handelssystem der Beklagten, das Xenon-System, einzutragen. Einzugeben sind unter anderem die Angaben zum Vertragspartner und zum relevanten Markt, die gehandelte Strommenge, der vereinbarte Preis sowie die Daten zur Lieferperiode (Anfangsdatum und Enddatum der Periode).

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete aufgrund einer seitens der Beklagten ausgesprochenen fristlosen Kündigung vom 30.05.2012. Die Kündigung erfolgte, weil der Kläger im Zeitraum von Juni 2011 bis April 2012 bezogen auf den rumänischen und polnischen Markt 43 fiktive Geschäftsvorgänge in das Xenon-System eingegeben hatte. Bei diesen Positionen handelte es sich um Kauf- und Verkaufsverträge für Strommengen, die in der Realität nicht durchgeführt worden sind, für die es also keine Handelspartner gab und auf deren Grundlage kein Strom beschafft bzw. abgegeben worden ist. Durch die Eintragung der fiktiven Positionen im System hat der Kläger den Kontrollgremien der Beklagten vorgetäuscht, er habe Deckungsgeschäfte durchgeführt, die die Risiken zuvor getätigter Terminkäufe oder -verkäufe von Strom reduzierten. Außerdem hat er vorgegeben, Gewinne generiert zu haben, die es mangels echter Deckungsgeschäfte gar nicht gab. Durch diese Vorgehensweise hat er die ihm gesetzte Stopp-Loss-Grenze überschritten, ohne dass dies aus dem System ersichtlich war.

Mit Schreiben vom 07.11.2012 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 17.118.752,00 € geltend, der sich daraus ergeben soll, dass die fiktiven Positionen durch Deckungsgeschäfte geschlossen werden mussten.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 23.01.2013 wies das Arbeitsgericht Düsseldorf die Kündigungsschutzklage des Klägers ab. Außerdem wies das Arbeitsgericht die von der Beklagten erhobene Widerklage auf Erstattung eines Schadens in Höhe einer Teilforderung von 1.000.000,00 € ab. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagte hat behauptet, insgesamt sei ihr ein Schaden in Höhe von mindestens 16.880.392,00 € entstanden, von denen sie mit der Widerklage einen Teilbetrag in Höhe von 1.000.000,00 € geltend macht. Bei einer am 06.09.2012 durchgeführten Bewert...

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