Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines Tarifvertrages. Sonderzuwendung mit Stichtagsregelung

 

Leitsatz (redaktionell)

Knüpft ein tariflicher Zahlungsanspruch an das Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag an, entfällt der Anspruch, wenn das Arbeitsverhältnis zuvor beendet wurde.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.10.2005; Aktenzeichen 10 AZR 630/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts E. vom 29.06.2004 – 3 Ca 2157/04 – abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist seit dem 29.01.1965 bei der Beklagten als Lüftungsmonteur zu einem Bruttomonatslohn von zuletzt durchschnittlich 2126,40 EUR beschäftigt gewesen. Ab dem 20.11.2002 war er durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Er schied durch Eigenkündigung zum 30.11.2003 aus den Diensten der Beklagten aus, weil ihm rückwirkend zum 01.04.2003 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt worden war.

Nachdem erstinstanzlich die Klage des Klägers auf Zahlung von Urlaubsabgeltung rechtskräftig abgewiesen wurde, ist zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz noch streitig, ob ihm für das Jahr 2003 eine tarifliche 13. Monatsvergütung von 1100.– EUR zusteht.

Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Partein fanden die von dem Industrieverband Heizungs-, Klima- und Sanitärtechnik Nordrhein-Westfalen e.V. mit der IG Metall abgeschlossenen Tarifverträge für die Betriebe der Wärme-, Klima-, Lüftungs- und Gesundheitstechnik und damit auch der Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens vom 26.05.1998 (nachfolgend: TV-Sonderzuwendung) Anwendung.

In diesem Tarifwerk heißt es u.a.:

㤠2

Voraussetzungen und Höhe der Leistungen

1. Arbeitnehmer und Auszubildende, die jeweils am Auszahlungstag in einem Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis stehen und zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb ununterbrochen 6 Monate angehört haben, haben je Kalenderjahr einen Anspruch auf betriebliche Sonderzahlungen.

Ausgenommen sind Arbeitnehmer und Auszubildende, die zu diesem Zeitpunkt ihr Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis gekündigt haben.

2. …

3. …

4. …

5. …

6. Anspruchsberechtigte Arbeitnehmer bzw. Auszubildendem, deren Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis im Kalenderjahr kraft Gesetzes oder Vereinbarung ruht, erhalten keine Leistungen. Ruht das Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis im Kalenderjahr teilweise, so erhalten sie eine anteilige Leistung.

Anspruchsberechtigte Arbeitnehmer, die wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit, wegen Erreichens der Altersgrenze oder aufgrund Kündigung zwecks Inanspruchnahme eines vorgezogenen Altersruhegeldes aus dem Beruf ausscheiden, erhalten die volle Leistung.

§ 3

Zeitpunkt

1. Der Zeitpunkt der Auszahlung wird durch Betriebsvereinbarung geregelt.

2. Falls dieser Zeitpunkt durch Betriebsvereinbarung nicht geregelt ist, gilt als Auszahlungstag im Sinne des § 2 Ziff. 1 der 1. Dezember.

In diesem Fall ist es dem Arbeitgeber unbenommen, die Erfüllung der Zahlung vorher durchzuführen.

3. Über Abschlagszahlungen können Regelungen in die Betriebsvereinbarung aufgenommen werden.”

Im Betrieb der Beklagten gibt es keinen Betriebsrat. Die Beklagte hat ab 1995 bis 2002 diese Sonderzahlung immer jeweils im November ausgezahlt. Nach dem Vortrag der Beklagte zahlte sie im Jahr 2003 die 13. Monatsvergütung im Dezember.

Der Kläger vertritt die Auffassung, ihm stehe die tarifliche Sondervergütung zu, da allein auf das Ausscheiden wegen Erwerbsunfähigkeit abzustellen sei.

Der Kläger hat – soweit noch im zweiten Rechtszug von Interesse – beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 1100.– EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2004 zu verurteilen.

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass der Kläger am tariflichen Auszahlungstag, dem 01.12.2003 nicht mehr beschäftigt gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist begründet. Dem Kläger steht die eingeklagte Sondervergütung nicht zu.

1. Dem Kläger steht die eingeklagte Vergütung nicht bereits auf Grund eines Arbeitsvertrages unabhängig von den tariflichen Bestimmungen zu. Denn die Parteien hatten nicht vereinbart, dass dem Kläger unabhängig von dem Tarifwerk der Heizungs-, Klima- und Sanitärtechnikindustrie Nordrhein-Westfalen die eingeklagte betriebliche Sonderzahlung zusteht.

2. Dem Kläger kann verlangte Sondervergütung nicht kraft des auf das Arbeitverhältnis anzuwendenden Tarifwerks verlangen. Denn der Kläger war am tariflichen Auszahlungstag dem 01.12.2003 nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt; er war bereits am 30.11.2003 ausgeschieden.

a. Nach ...

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