Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsgeld bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit. Sonderzahlung. Tarifauslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch auf Urlaubsgeld nach § 34 Abs. 1 Manteltarifvertrag Nr. 9 für das Kabinenpersonal der LTU Lufttransport-Unternehmen GmbH vom 30. März 2004 besteht auch dann in vollem Umfang, wenn der Arbeitnehmer im anspruchsbegründenden Zeitraum länger als sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt war.

 

Normenkette

Manteltarifvertrag Nr. 9 für das Kabinenpersonal der LTU Lufttransport-Unternehmen GmbH vom 30.03.2004 § 34 Abs. 1; MTV Nr. 9 Kabinenpersonal LTU § 34

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 28.03.2007; Aktenzeichen 15 Ca 8253/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.10.2008; Aktenzeichen 9 AZR 792/07)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 28.03.2007 – 15 Ca 8253/06 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über ein anteiliges 13. Monatsgehalt (Urlaubsgeld) für das Jahr 2006.

Die Klägerin ist bei der Beklagten als Purserin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Verweisung der zwischen der Beklagten und der ver.di Vereinte Dienstleistungs Gewerkschaft vereinbarte Manteltarifvertrag Nr. 9 Anwendung. Dieser enthält u.a. folgende Regelungen:

㤠24

Anspruch auf Vergütung

(3) Besteht während des Beschäftigungsverhältnisses im Laufe eines Kalendermonats für einen oder mehrere Kalendertage kein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung, so gilt folgende Regelung: Für jeden Kalendertag ohne Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung ist 1/30 der monatlichen Vergütung abzuziehen.

§ 28 Fortzahlung der Vergütung/Krankengeldzuschuss

(3) Dauert eine Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Abs.2 länger als sechs Wochen, erhalten die Arbeitnehmer nach vollendeter Dienstzeit von zwei Jahren Krankengeldzuschüsse, die zusammen mit den Leistungen der gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung die bisherige Vergütung sicherstellen. …

(6) Die Krankengeldzuschüsse zu den Leistungen aus der Kranken- oder Unfallversicherung errechnen sich wie folgt:

a) die vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechnete monatliche Vergütung (§ 24 Abs.1a) –)) ausschließlich Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und Erholungsbeihilfe …

§ 34 Dreizehntes Monatsgehalt (Urlaubsgeld/Weihnachtsgeld)

(1) Der Arbeitgeber gewährt den Arbeitnehmern ein dreizehntes Gehalt auf der Basis der Grundgehälter nach dem jeweils gültigen Vergütungstarifvertrag. Die Auszahlung erfolgt zu 50% als Urlaubsgeld auf der Basis des im Mai gültigen Vergütungstarifvertrages mit dem Maigehalt und zu 50% als Weihnachtsgeld auf der Basis des im November gültigen Vergütungstarifvertrages mit dem Novembergehalt.

(2) Arbeitnehmer, die im Laufe eines Kalenderjahres eintreten oder ausscheiden, erhalten für jeden vollen Kalendermonat vom Arbeitgeber 1/12 und für jeden darüber hinausgehenden Kalendertag 1/360 der Bezüge nach Abs.1.

(3) Für Zeiten des Wehr-, Zivildienstes und Erziehungsurlaubes sind die Bezüge der Arbeitnehmer/innen des Kabinenpersonals nach Absatz 1 für jeden vollen Abwesenheitsmonat um 1/12 zu kürzen.

…”

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den als Anlage B 1 zur Gerichtsakte gereichten Manteltarifvertrag, Bl. 85 – 103 d.A., Bezug genommen.

Im Mai 2006 betrug das Grundgehalt für Purser in der für die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt einschlägigen Vergütungsstufe 8 EUR 2.397,93. Die Klägerin erhielt jedoch im ersten Halbjahr 2006 lediglich Krankengeld bzw. den tariflichen Krankengeldzuschuss, da sie vom 13.10.2005 bis 30.06.2006 arbeitsunfähig erkrankt war. Das Urlaubsgeld für das Jahr 2006 wurde ihr nicht gezahlt.

Nachdem die Klägerin letzteres mit einem anwaltlichen Schreiben vom 26.07.2006 vergeblich geltend gemacht hatte, verfolgt sie mit ihrer am 09.11.2006 beim Arbeitsgericht Stuttgart eingegangenen Klage ihren Anspruch im vorliegenden Rechtsstreit weiter.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stünde das Urlaubsgeld unabhängig von dem Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums zu, da der Tarifvertrag keine Kürzungsmöglichkeit für Arbeitsunfähigkeitszeiten vorsehe.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 599,48 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, es handle sich bei dem tariflichen Urlaubsgeld um eine echte Entgeltleistung, die außerhalb des 6-Wochen-Zeitraumes des § 3 Abs.1 EFZG nicht geschuldet sei.

Das Arbeitsgericht Stuttgart hat sich mit einem ohne mündliche Verhandlung ergangenen Beschluss vom 18.12.2006 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Düsseldorf verwiesen.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 28.03.2007 – 15 Ca 8253/06 gemäß dem Klageantrag entschieden und die Berufung zugelassen. In den Entscheidungsgründen – auf die im Übrigen verwiesen wird – hat...

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