Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Nachträgliche Anpassung entsprechend einer Betriebsrentenordnung. Verwirkung. Anpassung der betrieblichen Altersversorgung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Schweigen des Versorgungsschuldners der betrieblichen Altersversorgung enthält die Erklärung, die Höhe der Bezüge nicht anpassen zu wollen. Diese Erklärung gilt nach Ablauf von drei Jahren als abgegeben. Der Arbeitnehmer kann diese nachträgliche Entscheidung bis zum übernächsten Anpassungstermin rügen.

2. Der Anpassungsanspruch des Betriebsrentners ist von vornherein zeitlich befristet. Er besteht während des Dreijahreszeitraums des § 16 BetrAVG und geht dann unter, ohne dass es dazu weiterer tatbestandlicher Voraussetzungen als des Eintritts des kalendermäßig bestimmten Endtermins bedarf.

 

Normenkette

BetrAVG § 16; BGB § 315; Leistungsordnung des Bochumer Verbandes §§ 20, 16B

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Urteil vom 01.03.2007; Aktenzeichen 3 Ca 2811/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.02.2009; Aktenzeichen 3 AZR 783/07)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 01.03.2007 – 3 Ca 2811/06 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger aus dem Gesichtspunkt des Teuerungsausgleichs restliche betriebliche Leistungen zu zahlen.

Der Kläger war bei der Beklagten bis zum 30.06.1994 als außertariflicher Angestellter beschäftigt. Danach bezog er bis zum 30.04.1995 das Anpassungsgeld für Arbeitnehmer des Steinkohlebergbaus. Es handelt sich dabei um eine öffentliche Leistung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, die im Rahmen einer behördlich genehmigten Schließungs- und Rationalisierungsmaßnahme gewährt wird. Im Anschluss daran erhielt der Kläger bis zum 30.04.2000 eine Knappschaftsausgleichsleistung (vgl. § 239 SGB VI). Seit dem 01.05.2000 zahlt die Beklagte an den Kläger vereinbarungsgemäß ein Ruhegeld nach der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes. Der Kläger ist seit dem 01.01.1983 Mitglied des Verbandes der Führungskräfte e.V. (VDF).

Die Beklagte hatte dem Kläger für die Dauer des Bezugs von Anpassungsgeld und Knappschaftsausgleichsleistung eine sog. betriebliche Leistung je Monat zugesagt, mit der die vorgenannten Zahlungen aufgestockt werden sollten. In einem Berechnungsblatt der Beklagten, das einem Beratungsgespräch mit dem Kläger zugrunde lag, war ausgeführt, dass die Berechnung des Zuschusses „analog Bochumer Verband” erfolge. Ferner war eine eventuelle Kürzung „nach Richtlinie” erwähnt. Es wird auf das Berechnungsblatt eines anderen Arbeitnehmers verwiesen, das der Kläger beispielhaft vorgelegt hat, da sein Berechnungsblatt nicht mehr auffindbar ist (vgl. 76/76 R d.A.). Die Beklagte zahlte die betrieblichen Leistungen aufgrund einer Konzernrichtlinie Nr. 2/1983 vom 16.06.1983 an Mitarbeiter, die vor Erreichen der Altersgrenze wegen einer Stilllegung, Teilstilllegung oder Rationalisierungsmaßnahme ausgeschieden waren, um die Zeit bis zum Eintritt der Altersversorgungsleistungen nach Maßgabe der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes zu überbrücken. Die Konzernrichtlinie sieht u.a. vor, dass die betrieblichen Leistungen grundsätzlich in Anlehnung an die Leistungsordnung des Bochumer Verbandes berechnet werden. Anpassungsgeld und Knappschaftsausgleichsleistung werden im Rahmen einer Gesamtversorgung wie eine Rente behandelt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Konzernrichtlinie wird auf Bl. 38 ff. d.A. verwiesen.

§ 20 der seit dem 01.01.1985 maßgeblichen Leistungsordnung des Bochumer Verbandes (LO 1985) bestimmt zur Anpassung von Ruhegeldern:

„Anpassung der laufenden Leistungen

Die laufenden Leistungen werden vom Verband unter Berücksichtigung der Belange der Leistungsempfänger und der wirtschaftlichen Lage der Mitglieder überprüft und gegebenenfalls nach billigem Ermessen angepasst.”

Der Bochumer Verband bündelt die Anpassungsprüfung dreijährig. Er fasste für seine Mitgliedsunternehmen mit Wirkung ab dem 01.01.1997 einen zweigeteilten Anpassungsbeschluss, der für die Unternehmen des Bergbaus einschließlich der mit diesem Bereich verbundenen Organisationen eine Betriebsrentenerhöhung von 2 % festlegte. Mit Wirkung zum 01.01.2000 beschloss der Bochumer Verband, die Betriebsrenten für die zum Bergbau gerechneten Unternehmen um 1,2 % anzupassen. Die Preissteigerungsrate ab dem vorangegangenen Prüfungstermin betrug zum 01.01.1997 5,6 % und zum 01.01.2000 3,44 %. Der VDF hatte in Verhandlungen mit dem Bochumer Verband am 13.01.1997 die Anpassung zum 01.01.1997 und am 20.03.2000 auch die Anpassung zum 01.01.2000 als unzureichend gerügt.

Der Kläger bezog seit dem 01.07.1994 seitens der Beklagten eine monatliche betriebliche Leistung in Höhe von 1.564,20 DM brutto. Die Beklagte erhöhte diese Leistung entsprechend der Beschlussfassung des Bochumer Verbandes mit Wirkung zum 01.01.1997 um 2,0 % auf 1.595,50 DM brutto und zum 0...

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