Revision

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersteilzeitarbeitsverhältnis. Insolvenzsicherung. persönliche Haftung des GmbH-Geschäftsführers

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 16 Tarifvertrag zur Altersteilzeit in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 23.10./24.10.1997 und vom 20.11.2000 und eine hieran anknüpfende Betriebsvereinbarung verpflichten den Arbeitgeber zur Insolvenzsicherung von Wertguthaben, die der Arbeitnehmer im Altersteilzeitarbeitsverhältnis aufbaut.

2. Unterlässt der Arbeitgeber eine geeignete Insolvenzsicherung nach diesen Regelungen, kann ein Verstoß gegen ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB vorliegen. Eine persönliche Haftung des GmbH-Geschäftsführers ergibt sich daraus aber nicht, da Adressat des Schutzgesetzes der Arbeitgeber ist.

3. Eine persönliche Haftung des GmbH-Geschäftsführers kommt nach § 826 BGB in Betracht, wenn für ihn vorhersehbar ist, dass die Vergütungsansprüche, für die der Arbeitnehmer vorleistet, wegen Zahlungsunfähigkeit der GmbH nicht erfüllt werden können, er wissen muss, dass eine geeignete Insolvenzsicherung für die Wertguthaben nicht besteht, und wenn er es unterlässt, den Arbeitnehmer hierüber aufzuklären. Ein Verstoß gegen die guten Sitten liegt vor, wenn der GmbH-Geschäftsführer zuvor bei dem Arbeitnehmer den Eindruck erweckt hat, es bestehe eine geeignete Insolvenzsicherung.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 2, § 826

 

Verfahrensgang

ArbG Oberhausen (Urteil vom 05.11.2003; Aktenzeichen 3 Ca 2046/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.08.2005; Aktenzeichen 9 AZR 79/05)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom05.11.2003 – 3 Ca 2046/03 – wird teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 4. verpflichtet ist, dem Kläger den ihm daraus entstehenden Schaden zu ersetzen, dass das von ihm im Zeitraum vom 01.01.2002 bis 31.08.2002 erarbeitete Wertguthaben aus seinem Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf Grundlage des Vertrages vom 15.06.2001 bei der C. C. Power GmbH nicht für den Fall der Insolvenz der C. C. Power GmbH abgesichert worden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten tragen der Kläger zu 4/5 und der Beklagte zu 4. zu 1/5. Von den außergerichtlichen Kosten, mit Ausnahme der Kosten gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, tragen der Kläger die der Beklagten zu 1., 2., 3. und 5. voll und 4/5 der eigenen Kosten und der Beklagte zu 4. die eigenen und 1/5 der dem Kläger erwachsenen Kosten.

Die Revision wird für den Beklagten zu 4. und für den Kläger gegen die Beklagten zu 1., 2. und 3. zugelassen.

Für das Verfahren gegen den Beklagten zu 5. wird die Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger macht mit seiner Klage einen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung geltend.

Er wurde zum 01.10.1986 von der Deutsche C. Anlagen Aktiengesellschaft als Inbetriebnahmeingenieur eingestellt. Nach Ziffer II. seines Anstellungsvertrages gehörte er zu den „außer Tarif stehenden” Mitarbeitern. Zuletzt war er bei der C. C. Power GmbH (nachfolgend: C.) beschäftigt. Mit dieser schloss er am 15.06.2001 eine Vereinbarung über Altersteilzeit, nach der das Anstellungsverhältnis ab dem 01.01.2002 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt wurde und am 31.12.2003 ohne Kündigung endete. Vereinbart wurde das sog. Blockmodell. Auf die Einzelheiten des Altersteilzeitarbeitsvertrages wird Bezug genommen (Bl. 24 – 27 d. A.).

Die Beklagten zu 1. und 3. waren ab dem 05.11.2001 Geschäftsführer der C.. Der Beklagte zu 2. war von Anfang 2000 bis Mitte 2002 Geschäftsführer der C. und danach bis zum 31.12.2002 Mitglied des Vorstandes der C. C. AG (nachfolgend: C.). Diese war und ist die Muttergesellschaft der C.. Der Beklagte zu 4. war ab Anfang 2000 bis zum Jahreswechsel 2002/2003 Geschäftsführer der C. und ab dem 01.06.1997 Vorstandsmitglied der C.. Im Vorstand der C. war er für Personalangelegenheiten zuständig. Der Beklagte zu 5. war und ist der Konzernbetriebsratsvorsitzende.

Durch ein Parallelverfahren (AZ: 9 (18) Sa 445/04 LAG Düsseldorf) ist der Berufungskammer bekannt geworden, dass ein Tarifvertrag zur Altersteilzeit in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens (nachfolgend: TV Altersteilzeit) bestand, der am 23.10./24.11.1997 von dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen und der Industriegewerkschaft Metall, Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen, abgeschlossen wurde. Darin heißt es u. a.:

㤠6 Altersteilzeitentgelt

4. Endet das Arbeitsverhältnis vorzeitig, hat der Beschäftigte Anspruch auf eine etwaige Differenz zwischen den ausgezahlten Leistungen (Altersteilzeitentgelt und Aufstockungsbetrag) und dem Entgelt für den Zeitraum seiner tatsächlichen Beschäftigung … dies gilt auch bei Tod des Beschäftigten … und bei einer Insolvenz des Arbeitgebers. Bei der Auszahlung sind die aktuellen Tarifentgelte zugrunde zu legen.

§ 16 Insolvenzsicherung

Der Arbeitgeber berät geeignete Maßnahmen mit dem Betriebsrat...

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