Verfahrensgang

ArbG Essen (Aktenzeichen 6 Ca 2708/97)

 

Tenor

Die Berufung der beklagten Kirchengemeinde gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 09.12.1997 – 6 Ca 2708/97 – wird zurückgewiesen.

Die Weiterbeschäftigungsklage des Klägers wird abgewiesen. Der Auflösungsantrag der beklagten Kirchengemeinde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat die beklagte Kirchengemeinde zu tragen.

Die Kosten des Berufungsrechtsstreits hat zu 2/5 der Kläger und zu 3/5 die beklagte Kirchengemeinde zu tragen.

Die Kosten der Nebenintervention (betr. Berufung) trägt der Kläger zu 2/5; im übrigen hat der Nebenintervenient die Kosten selbst zu tragen.

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 28.400,– DM festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen (mit Ausnahme bzgl. des Weiterbeschäftigungsantrags).

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit wird darüber geführt, ob eine dem Kläger von der beklagten Kirchengemeinde mit Schreiben vom 15.07.1997 zum 31.03.1998 erklärte Kündigung (Zugang: 18.07.1997) rechtswirksam ist.

Der Kläger, der am 02.01.1957 geboren ist, ist bei der Beklagten seit dem 15.11.1983 als A-Kirchenmusiker beschäftigt. Der am 30.01.1984 geschlossene schriftliche Arbeitsvertrag (Bl. 3, 4 d. A.) erklärte die Kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) in ihrer jeweiligen Fassung zum Bestandteil des Vertrags und erklärte darüber hinaus ausdrücklich einen groben Verstoß gegen kirchliche Grundsätze zu einem wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung i. S. v. § 42 KAVO. Ab dem 02.01.1985 ist der Kläger außerdem als Dekanatskirchenmusiker des Dekanats E. – R. beschäftigt und seitdem in die Vergütungsgruppe IV a KAVO eingruppiert. Er erzielt z. Z. einen monatlichen Durchschnittsverdienst i. H. v. 5680,– DM brutto. Wegen des Inhalts des neu geschlossenen Arbeitsvertrages im übrigen wird auf (Bl. 5 bis 7 d.A.) verwiesen.

Der Kläger, der verheiratet ist, lebt seit 1994 von seiner Ehefrau getrennt. Die Trennung erfolgte einvernehmlich und wurde durch einen notariellen Vertrag geregelt. Die Eheleute haben der Beklagten ihre Trennung im Januar 1995 bekanntgegeben. Für die beiden gemeinsamen Kinder (6 und 9 J.) zahlt der Kläger neben persönlichen Versorgungsleistungen Barunterhalt von 1.000,– DM monatlich. Diese Verpflichtung ist in dem genannten notariellen Vertrag geregelt. Zwischenzeitlich (nach Ausspruch der Kündigung) hat die Ehefrau des Klägers einen Scheidungsantrag gestellt, dem der Kläger zugestimmt hat.

Gegen die eingangs erwähnte Kündigung hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben, die am 25.07.1997 beim Arbeitsgericht eingegangen ist.

Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers zu der Beklagten findet unstreitig das Kündigungsschutzgesetz Anwendung.

Der Kläger ist das einzige Mitglied der bei der Beklagten bestehenden Mitarbeitervertretung.

Seit Ende September 1997 ist der Kläger von der Arbeit freigestellt.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 15.07.1997 nicht aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Kündigung wie folgt begründet:

Der Kläger habe gegen die Loyalitätsobliegenheiten gemäß Artikel 5 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes (GO) verstoßen. Sie habe am 02.07.1997 durch den Kläger erfahren, daß dieser eine außereheliche Beziehung zu Frau Rechtsanwältin M. aufgenommen habe, aus der demnächst ein Kind hervorgehen werde. Nach den Grundsätzen der katholischen Kirche, die an die weltliche Unauflöslichkeit der Ehe glaube, habe der Kläger damit nicht nur Ehebruch begangen, sondern auch Bigamie.

Von der Schwangerschaft der neuen Lebensgefährtin des Klägers hätten seine Kinder am 02.07.1997 im Kindergarten mit den Worten „unser Papa wird wieder Papa” erzählt. Auch gegenüber seiner Ehefrau habe der Kläger zugestanden, daß das Kind, das inzwischen geboren worden sei, von ihm stamme.

Am 02.07.1997 habe auf Wunsch des Klägers ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem Dechanten S. stattgefunden, bei dem es ausschließlich um die Beziehung des Klägers zu Frau M. gegangen sei. Es sei auch die Vaterschaft des Klägers besprochen worden. Der Kläger habe zwar nicht ausdrücklich erklärt, mit Frau M. geschlechtlich verkehrt zu haben. Im Hinblick auf die arbeitsrechtliche Situation habe er jedoch dargelegt, daß er „aus dem Schneider” sei, wenn er die Vaterschaft einfach nicht anerkenne. Der Kläger habe die Schwangerschaft nicht abgeleugnet, sondern wiederholt als Zusammenfassung ausdrücklich den Begriff „Fakt” als Tatsache für die Lebensgemeinschaft mit Frau M. und seine Vaterschaft verwendet. Ferner habe der Kläger gegenüber dem Dechanten S. ausdrücklich erklärt, daß die Beziehung zu Frau M. nicht eingestellt werde, sondern daß er dies als seine nunmehr endgültige Lebensbeziehung betrachte. Der Kläger sei auch im Hinblick auf die Möglichkeit, daß der Bestand seines Arbeitsverhältnisses gefährdet sei, was er selbst gemerkt habe, nicht bereit gewesen, von seiner Beziehung zu Frau M. Ab...

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