Zulassung: Revision

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwirkung

 

Leitsatz (amtlich)

Nicht bloß einzelne Rechte aus dem Arbeitsverhältnis unterliegen der Verwirkung. Vielmehr kann auch das Recht eines Arbeitnehmers verwirken, sich darauf zu berufen, zwischen ihm und demjenigen, in dessen Betrieb er tätig war, gelte aus dem Gesichtspunkt unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis als zustande gekommen.

 

Normenkette

BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Urteil vom 30.11.2004; Aktenzeichen 7 Ca 2401/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.10.2007; Aktenzeichen 7 AZR 448/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Essen vom 30.11.2004 – 7 Ca 2401/04 – die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob zwischen ihnen auf der Grundlage der Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Der am 5. Oktober 1941 geborene Kläger hatte seit dem 26. August 1960 einen Arbeitsvertrag mit der S. I. GmbH & Co (im Folgenden: S.). Im Zusammenhang mit deren Insolvenz schied er dort am 31. März 2000 aus. Ab dem 1. April 2000 vereinbarte er einen Arbeitsvertrag mit der T. Energie Versorgungslösungen GmbH (im Folgenden: T.). Nur die letztgenannte Firma besaß eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Am 31. Dezember 2002 schied der Kläger bei der T. aus, nach seinen eigenen Angaben dadurch, dass er dieser mitteilte, ab 1. Januar 2003 eine Altersrente für Schwerbehinderte zu beziehen. Er erhält seit Anfang 2003 zudem Leistungen des Pensionssicherungsvereins aufgrund von bei der S. erworbenen Ansprüchen auf betriebliche Altersversorgung.

Im Rahmen der geschilderten Arbeitsverträge war der Kläger ausschließlich bei der S. Energie AG im Einsatz. Diese verschmolz am 1. Oktober 2000 mit einem entsprechenden Betrieb der W. AG zur S. Net AG. Am 1. Oktober 2003 fanden mit der S. Plus AG jeweils auf Regionalebene weitere Verschmelzungen statt. Bei der Beklagten handelt es sich um die hierbei entstandene zuständige Netzgesellschaft für den Bereich, in welchem der Kläger eingesetzt war. Die Beklagte gewährt ihren Arbeitnehmern auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung eine betriebliche Altersversorgung.

Mit Schreiben vom 23. Dezember 2003, welches die Beklagte am 29. Dezember 2003 erhielt, verlangte der Kläger von der Beklagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung für seine Beschäftigungszeit seit Juli 1970 unter Berufung darauf, es habe eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vorgelegen.

Mit seiner am 1. Juni 2004 beim Arbeitsgericht Essen eingegangenen Klage hat der Kläger behauptet, er sei seit dem 1. Juli 1970 bis zu seiner Verrentung ausschließlich in der Abteilung Netzleittechnikprojekte bei der S. Energie AG tätig und dort dem Mitarbeiter I. unterstellt gewesen.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass er seit dem 1. Juli 1970 bis zum 31. Dezember 2001 bei der Beklagten beschäftigt war und für diesen Zeitraum als betriebszugehörig im Sinne der betrieblichen Versorgungsbedingungen der Beklagten gilt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, für den zweiten Teil des Antrags bestehe schon kein Feststellungsinteresse, da sie den Anspruch des Klägers auf betriebliche Altersversorgung nicht bestreite, sofern das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses festgestellt werde. Eine Arbeitnehmerüberlassung habe nicht vorgelegen, da der Einsatz des Klägers im Rahmen von Werkverträgen erfolgt sei.

Mit Urteil vom 30. November 2004 hat das Arbeitsgericht Essen nach Durchführung einer Beweisaufnahme den Feststellungsbegehren des Klägers bezogen auf den Zeitraum 7. August 1972 bis 31. März 2000 stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat angenommen, der Kläger sei im genannten Zeitraum an die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin im Sinne des AÜG überlassen gewesen. Das Recht, sich auf das hierdurch entstandene Arbeitsverhältnis zu berufen, habe der Kläger nicht verwirkt. Es fehle am Umstandsmoment, da die Beklagte mangels Kenntnis von einer möglichen Position des Klägers aus dem AÜG nie konkret auf das Ausbleiben einer hierauf gestützten Forderung vertraut haben könne. Für die Zeit vor dem seitens des Arbeitsgerichts auf den 7. August 1972 datierten Inkrafttreten des AÜG folge aus einem unterstellten Verbot der Arbeitsvermittlung jedoch jedenfalls kein Arbeitsverhältnis zum Entleiher. Ab dem 1. April 2000, in welchem der Kläger im Arbeitsverhältnis zur T. gestanden habe, habe aufgrund der dieser zustehenden Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung das fingierte Arbeitsverhältnis geendet.

Gegen das ihr am 18. März 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 18. April 2005 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20. Jun...

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