Zulassung: Revision

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit, Auslegung einer Tarifvorschrift

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch auf einen geänderten Arbeitsvertrag mit verlängerter Arbeitszeit nach § 3 Abs. 7 MTV besteht schon dann, wenn der Arbeitnehmer im Durchschnitt der letzten 17 Wochen über 20 % der einzelvertraglich vereinbarten Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Es kommt nicht darauf an, dass diese Mehrarbeit in jeder der 17 Wochen geleistet wurde.

 

Normenkette

MTV für den Einzelhandel in NRW § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Duisburg (Urteil vom 21.09.2005; Aktenzeichen 5 Ca 1750/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.12.2006; Aktenzeichen 9 AZR 355/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 21.09.2005 – 5 Ca 1760/05 – abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Änderungsvertrages mit einer wöchentlichen Arbeitszeit vom 25,5 Stunden anzunehmen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Kläge

rin mit einem Arbeitszeitvolumen von 25,5 Stunden pro Woche zu beschäftigen.

Die am 15.04.1953 geborene Klägerin ist seit dem 01.09.1995 bei der Beklagten, die deutschlandweit Drogeriemärkte betreibt, als Verkäuferin in Teilzeit beschäftigt. Der zur Zeit gültige Arbeitsvertrag vom 19.01.2004 sieht ab dem 01.03.2004 eine wöchentliche Arbeitszeit von 19,5 Stunden und ein dafür zu zahlendes Bruttomonatsgehalt von 1.012,00 EUR vor.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden im Übrigen die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (MTV) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. In diesem MTV heißt es im § 3 Abs. 7 wie folgt:

„Teilzeitbeschäftigte, die zusammenhängend 17 Wochen über 20 % der einzelvertraglich vereinbarten Arbeitszeit hinaus gearbeitet haben, haben Anspruch auf einen Arbeitsvertrag, der dem Durchschnitt der tatsächlich geleisteten Arbeit innerhalb dieser 17 Wochen entspricht. Eine Erhöhung erfolgt nur bis zur tariflichen Höchstarbeitszeit gemäß § 2 Absatz 1. Bei der Berechnung werden die Monate November und Dezember sowie individuelle Urlaubszeiten und Krankheitszeiten bis 6 Wochen nicht berücksichtigt. Hierdurch wird der Zusammenhang nicht unterbrochen. Abweisungen in Betriebsvereinbarungen sind möglich. Der Anspruch erlischt mit dem Ablauf von 3 Monaten nach Vorliegen der Voraussetzungen, wenn er nicht innerhalb dieser Frist gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht wird. Die Regelung in diesem Absatz gilt ab dem 01.08.2003.”

Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen und tarifvertraglichen Grundlagen wird darüber hinaus auf Bl. 17 ff. d. A. verwiesen.

Die Klägerin, die Mitglied einer der bei der Beklagten gebildeten Betriebsräte ist, hätte nach zuletzt nicht mehr bestrittener Darstellung der Beklagten in den ersten 17 Kalenderwochen des Jahres 2005 insgesamt 266 Sollstunden zu erbringen gehabt. Tatsächlich arbeitete sie in diesem Zeitraum 374,50 Stunden. Im Rahmen der Mehrarbeit entfielen dabei 81,50 Stunden auf ihre Tätigkeit als Betriebsrätin. Wegen des Umfanges der Soll- und Iststunden im streitbefangenen Zeitraum wird im Übrigen auf Bl. 131 d. A. verwiesen.

Mit Schreiben vom 18.05.2005 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Erhöhung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit auf 25,5 Stunden geltend. Dies lehnte die Beklagte ab.

Mit ihrer am 06.07.2005 beim Arbeitsgericht Duisburg anhängig gemachten Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt.

Sie hat die Auffassung vertreten, aus dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelung im § 3 Abs. 7 MTV folge, dass sie in dem Referenzzeitraum von 17 Wochen im Durchschnitt über 20 % der einzelvertraglich vereinbarten Arbeitszeit hätte leisten müssen. Darüber hinaus wären bei der Berechnung der tatsächlichen Arbeitszeit auch die außerhalb der Dienstzeit angefallenen Betriebsratstätigkeiten mitzuzählen, weil diese entgegen § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG gerade nicht durch Freizeit ausgeglichen worden seien. Nach allem wäre die Beklagte jedenfalls verpflichtet, die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin entsprechend des Verhältnisses der geleisteten zur geschuldeten Arbeitszeit zu erhöhen, und zwar um den Faktor 1,393. Dies ergebe eine Wochenstundenzahl von 25,5 Stunden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Änderungsvertrages mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25,5 Stunden anzunehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass nach Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelung nur dann ein Anspruch auf Erhöhung der Arbeitszeit bestehe, wenn in jeder der 17 Wochen über 20 % Mehrarbeit geleistet worden sei. Dies folge auch aus der Tarifgeschichte. Bei den Verhandlungen hätten die Arbeitgeber nämlich klargestellt, dass sie die nunmehr von der Kläger...

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