Entscheidungsstichwort (Thema)

Beiträge zur Zusatzversorgung Brot- und Backwarenindustrie. Keine Beitragspflicht bei Zusatzversorgung für Vertriebsgesellschaft. Auslegung eines normativen Teils eines Tarifvertrags nach Regeln bei Auslegung von Gesetzen

 

Leitsatz (amtlich)

Bestimmung des Anwendungsbereichs des Tarifvertrags über die Errichtung einer Zusatzversorgungskasse für die Beschäftigten der Brot- und Backwarenindustrie für eine Vertriebsgesellschaft.

 

Normenkette

SokaSiG2 § 31 Abs. 1; TV über die Errichtung einer Zusatzversorgungskasse für die Beschäftigten der Brot- und Backwarenindustrie §§ 1, 3-4, 10; ZPO § 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 10.11.2021; Aktenzeichen 15 Ca 3268/21)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.09.2023; Aktenzeichen 10 AZR 270/22)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.11.2021 - 15 Ca 3268/21 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
  3. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin Beiträge zur Zusatzversorgung für die Beschäftigten der Brot- und Backwarenindustrie zu zahlen.

Die Klägerin ist eine gemeinsame Einrichtung des Verbandes der Deutschen Brot- und Backwarenindustrie und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (im Folgenden: NGG) aufgrund des zwischen diesen Parteien abgeschlossenen Tarifvertrages über die Errichtung einer Zusatzversorgungskasse für die Beschäftigten der Brot- und Backwarenindustrie (im Folgenden: ZVK-TV). In dem ZVK-TV hieß es u.a.:

"§ 1 Geltungsbereich

a) Räumlich:

Für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin-West im Geltungsbereich des Grundgesetzes vor dem 3. Oktober 1990.

b) Fachlich:

1. Für Betriebe der Brot- und Backwarenindustrie sowie Betriebe, die Brot- und Backwaren vertreiben und verkaufen (Verkaufsstellen), insbesondere für Mitglieder der Industrie- und Handelskammern mit Ausnahme der dem Revisionsverband Deutscher Konsumgenossenschaften angeschlossenen Unternehmen mit Bäckereien.

2. Erfasst werden auch solche Betriebe, die im Rahmen eines mit den unter Nr. 1 erfassten Betrieben bestehenden Zusammenschlusses - unbeschadet der gewählten Rechtsform - ausschließlich oder überwiegend für die angeschlossenen Betriebe nach Nr. 1 die kaufmännische Verwaltung, den Vertrieb, Planungsarbeiten, Laborarbeiten oder Prüfarbeiten übernehmen, soweit diese Betriebe nicht von einem speziellen Tarifvertrag erfasst werden.

3. ...

c) Persönlich:

Für alle Arbeitnehmer der vom fachlichen Geltungsbereich erfassten Betriebe - ausgenommen sind Arbeitnehmer, die unterhalb der sozialversicherungsrechtlichen Geringfügigkeitsgrenze (§ 8 SGB IV) beschäftigt werden.

...

§ 3 Zweck der Zusatzversorgungskasse

Zweck der "Zusatzversorgungskasse" ist es, aus den ihr gemäß § 4 zufließenden Mitteln Beihilfen zur vollen Erwerbsminderungsrente oder zur Altersrente im Sinne der sozialen Rentenversicherung zu zahlen.

§ 4 Aufbringung der Mittel

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, in jedem Kalenderjahr 0,66 % der Entgeltsummen des Vorjahres, die von den dem Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften angeschlossenen Berufsgenossenschaften für die Berechnung des Beitrages zur gesetzlichen Unfallversicherung zugrunde gelegt werden, an die "Zusatzversorgungskasse" zu zahlen.

Schuldner ist der einzelne Arbeitgeber. Die "Zusatzversorgungskasse" erwirbt das Recht, diese Beiträge unmittelbar von dem einzelnen Arbeitgeber zu fordern. Der Anspruch der "Zusatzversorgungskasse" gegenüber dem einzelnen Arbeitgeber (Absatz 1) auf Zahlung der vollen Jahresbeiträge entsteht mit dem Inkrafttreten der Allgemeinverbindlichkeit dieses Tarifvertrages.

Fälligkeitstermin für die Beitragszahlung ist spätestens jeweils der 30.06. eines Kalenderjahres.

Der Einzug der Beiträge wird in einem besonderen Verfahrenstarifvertrag geregelt, der Bestandteil dieses Tarifvertrages ist.

....

§ 10 Betriebliche Unterstützungseinrichtungen

Betriebliche Unterstützungseinrichtungen können die Leistungen der "Zusatzversorgungskasse" auf ihre gleichartigen Leistungen anrechnen.

..."

Der hinsichtlich des Geltungsbereichs gleichlautende Verfahrenstarifvertrag (im Folgenden ZVK-VTV) bestimmte in § 3 Nrn. 2 und 3 ZVK-VTV, dass für Beiträge, die nach dem 31.12. eines Geschäftsjahres bei der Zusatzversorgungskasse eingehen, Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe erhoben werden.

Die Beklagte, welche insgesamt 330 Mitarbeiter beschäftigte, ist ein Unternehmen mit Sitz in G. und nicht Mitglied des Deutsche Großbäckereien e.V. Sie ist die Schwestergesellschaft der B. C. Deutschland GmbH mit Sitz in der M. (Amtsgericht Stendal zu HRB 23052) in Sachsen-Anhalt, die tiefgefrorene Backspezialitäten unterschiedlichster Art in industrieller Fertigung herstellte. Die Beklagte übernahm den Vertrieb dieser Backwaren für ihre Schwestergesellschaft an ca. 15.000 gewerbliche Kunden durch unterschiedliche Marken und Kanäle, u.a. durch Außendienstmita...

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