Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtliche Einordnung der zwischen dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. und der DGB-Tarifgemeinschaft geschlossenen Tarifverträge. Voraussetzungen der arbeitsvertraglichen Bezugnahme. Rechtsfolgen einer nicht den Transparenzanforderungen genügenden Kollisionsregel in einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die zwischen dem Bundesarbeitgeberband der Personaldienstleister e.V. (BAP) und der DGB-Tarifgemeinschaft geschlossenen Tarifverträge stellen jeweils sog. Einheitstarifverträge und keine sog. mehrgliedrigen Tarifverträge dar.

2. Eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf dieses Tarifwerk setzt deshalb nicht voraus, dass die Bezugnahmeklausel eine transparente Kollisionsregel enthält. 3. Enthält die Bezugnahmeklausel gleichwohl eine Kollisionsregel und genügt diese nicht den Transparenzanforderungen, so hat dies nicht die Unwirksamkeit der Bezugnahme zur Folge, sofern die Kollisionsregel nach AGB-rechtlichen Grundsätzen (sog. Blue-Pencil-Test) gestrichen werden kann.

 

Normenkette

AÜG § 8 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 16.11.2017; Aktenzeichen 5 Ca 3581/15)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 18.11.2019; Aktenzeichen 4 AZR 105/19)

 

Tenor

  • I.

    Das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 16.11.2017 - 5 Ca 3581/15 - wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständigen Lohn in Höhe von € 10.108,07 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 7.915,54 seit dem 01.01.2013 aus € 2.185,90 seit dem 01.01.2014 und aus € 6,63 seit dem 01.07.2016 zu zahlen.
    2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    3. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte € 2.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.05.2016 zu zahlen.
  • II.

    Die weitergehenden Berufungen des Klägers und der Beklagten werden zurückgewiesen.

  • III.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 80% und die Beklagte zu 20%.

  • IV.

    Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft verschiedene Rechtsfragen des Arbeitnehmerüberlassungsrechtes. Im Kern streiten die Parteien über Differenzvergütung aus dem Gesichtspunkt des equal-pay sowie einen widerklagend geltend gemachten Rückforderungsanspruch der Beklagten, der damit nicht in Zusammenhang steht.

Der Kläger ist seit dem 01.02.1996 bei der Beklagten, die geschäftsmäßig Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Leiharbeitnehmer beschäftigt.

Unter dem 24.03.2005 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, der u. a. folgende Bezugnahmeklausel enthält:

"§ 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag

1.

Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV) sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der Mitgliedsgewerkschaften der in Satz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist.

2.

Die Parteien vereinbaren, dass die Bestimmungen der in Ziffer 1 genannten Tarifverträge den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages in jedem Falle vorgehen. Dies gilt nicht, soweit die genannten Tarifverträge eine solche Abweichung durch Arbeitsvertrag ausdrücklich zulassen oder sich aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 TVG, insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend.

...

5.

Die Firma Q. GmbH ist berechtigt durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Mitarbeiter die in Ziffer 1 genannten Tarifverträge jeweils für die Zukunft durch solche zu ersetzen, die von einem anderen für die Firma Q. GmbH zuständigen Arbeitgeberverband geschlossen wurden (Tarifwechsel kraft Inbezugnahme). In diesem Fall treten die von diesem anderen Arbeitgeberverband geschlossenen Tarifverträge hinsichtlich sämtlicher Regelungen dieses Arbeitsvertrages an die Stelle der in Ziffer 1 genannten Tarifverträge. Die Regelungen der Ziffer 4 Satz 2 und 3 gelten entsprechend.

[...]"

Nachdem arbeitsgerichtlich entschieden war, dass aufgrund fehlender Tariffähigkeit der Gewerkschaft CGZP auch die mit dieser geschlossenen Tarifverträge nichtig sind, teilte die Beklagte mit Schreiben vom 01.01.2010 mit, dass sich nunmehr die Rechte und Pflichten des Arbeitsvertrages aus den Tarifverträgen des Arbeitgeberverbandes Mittelständischer Personaldienstleister AMP, weiterhin der CGZP und darüber hinaus weiterer Gewerkschaften richten. Das Schreiben lautet, soweit streiterheblich, wie folgt:

"[...]

Vor diesem Hintergrund und unter Bezugnahme von § 1 ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge