Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusatzurlaub für im Rahmen des Bereitschaftsdienstes geleistete Nachtstunden

 

Leitsatz (amtlich)

1) § 55 TVöD/BT-K begründet einen Anspruch auf Zusatzurlaub für Nachtarbeit im Bereitschaftsdienst.

2) Arbeitnehmer, die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit im Rahmen von zusätzlichen Bereitschaftsdiensten arbeiten, sind nicht als Nachtarbeitnehmer iSd §§ 2 Abs. 5 Nr. 1, 6 Abs. 5 ArbZG anzusehen.

 

Normenkette

TVöD/BT-K § 55; ArbZG § 6 Abs. 5, § 2 Abs. 3-5

 

Verfahrensgang

ArbG Oberhausen (Urteil vom 17.06.2009; Aktenzeichen 4 Ca 1998/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.12.2012; Aktenzeichen 10 AZR 193/11)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 17.06.2009 – 4 Ca 1998/08 – teilweise abgeändert:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
  3. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Zusatzurlaub bzw. Freizeitausgleich für Nachtarbeit während des Bereitschaftsdienstes.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Krankenpfleger mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge TVöD (allgemeiner Teil) und TVöD BT-K (Besonderer Teil für Krankenhäuser) nach dem übereinstimmenden Parteivortrag aufgrund betrieblicher Übung Anwendung.

Der Kläger leistete 2007 35 und 2008 38 Bereitschaftsdienste. Die Schicht beginnt von montags bis donnerstags um 18:15 Uhr und endet am nächsten Tag um 07:30 Uhr. Am Freitag beginnt die Bereitschaft um 15:30 Uhr und endet am Folgetag um 08:00. Samstags beginnt die Schicht um 8:00 Uhr und endet am Sonntag um 8:00 Uhr. Sonntags beginnt die Schicht um 08:00 Uhr und endet am Montag um 7:30 Uhr.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm nach dem TVöD-BT-K zwei zusätzliche Urlaubstage zu gewähren seien, da er 2007 insgesamt 333 und 2008 351 Nachtarbeitsstunden geleistet habe. Der Anspruch für das Jahr 2007 sei mit Schreiben vom 22.01.2008 und für das Jahr 2008 mit Schreiben vom 11.02.2009 rechtzeitig geltend gemacht worden.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für das Kalenderjahr 2007 zwei zusätzliche Urlaubstage zu gewähren.
  2. ihm für das Kalenderjahr 2008 zwei (2) zusätzliche Urlaubstage zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nicht zustehe und sich auf den Verfall der Ansprüche berufen.

Mit Urteil vom 17.06.2009 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte gemäß § 55 TVöD BT-K verpflichtet sei, dem Kläger für die während des Bereitschaftdienstes geleistete Nachtarbeit für die Jahre 2007 und 2008 jeweils zwei Urlaubstage zu gewähren. Bereitschaftsdienst sei Arbeitszeit. Damit handele es sich bei den während des Bereitschaftdienstes geleisteten Nachtarbeitsstunden um ausgleichspflichtige Arbeitszeit. Die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen der Vorschrift seien erfüllt, da der Kläger 2007 333 Nachtarbeitsstunden und 2008 351 Nachtarbeitsstunden geleistet habe. Soweit die Beklagte die Stunden bestreite, sei der Vortrag unsubstantiiert. Der Urlaubsanspruch sei nicht gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen, da es sich nicht um Erholungsurlaub handele. Die Ansprüche seien auch nicht nach dem Tarifvertrag verfallen. Die Ansprüche können frühestens am 1. des Folgejahres fällig sein. Mit den Schreiben vom 22.01.2008 und 11.02.2009 habe der Kläger die sechsmonatige Ausschlussfrist gewahrt.

Gegen das der Beklagten am 25.08.2009 zugestellte Urteil, hat die Beklagte mit dem am 27.08.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26.11.2009 mit dem am 28.10.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass der Kläger seinen Anspruch nicht auf den Tarifvertrag stützen könne. In § 55 (2) TVöD BT-K sei ausdrücklich festgelegt, dass nur die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit zwischen 21:00 Uhr und 06:00 Uhr dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich geleisteten Nachtarbeitsstunden berücksichtigt würden. Bei dem Bereitschaftsdienst handele es sich nicht um regelmäßige Arbeitszeit im Sinne des Tarifvertrages. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht unmittelbar aus § 6 Abs. 5 ArbZG i.V.m. der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Die gesetzliche Vorschrift enthalte für tarifliche Regelungen eine Öffnungsklausel. Im TVöD und TVöD BT-K seien der Bereitschaftsdienst und die Rufbereitschaft im Einzelnen geregelt. Soweit der Kläger darauf verweise, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Bereitschaftsdienst Arbeitszeit sei, führe das nicht weiter. Dies besage nicht, wie der Bereitschaftsdienst zu vergüten oder/und auszugleichen sei. Die Tarifvertragsparteien hätten die Vergütung des Bereitschaftsdienstes gere...

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