Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Altersversorgung. Anrechnung von Witwergeld

 

Leitsatz (amtlich)

1. In die Ermittlung der Versorgungsobergrenze nach § 6 Abs. 5 RL 1989 ist das Witwergeld, das der Ruhegeldempfänger nach dem Tod seines früher beamteten Ehegatten erhält, miteinzubeziehen.

2. Zu dem Gesamtmonatseinkommen gehören nicht nur das eigene durch Arbeitsleistung erworbene Einkommen sondern auch von Dritten abgeleitete eigene Versorgungseinkünfte.

3. Es bleibt unentschieden, ob die Rechtsprechung zur Kürzung von öffentlich-rechtlichen Leistungen der Hinterbliebenenversorgung auch auf Ansprüche der betrieblichen Altersversorgung übertragbar ist.

 

Normenkette

BetrAVG § 5 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6; RL 1989 § 6

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Urteil vom 04.04.2007; Aktenzeichen 4 Ca 5030/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.05.2010; Aktenzeichen 3 AZR 80/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 04.04.2007 – 4 Ca 5030/06 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger sich das Witwergeld, das er nach dem Tod seiner Ehefrau erhält, auf seine betriebliche Altersversorgung anrechnen lassen muss.

Der am 06.04.1929 geborene Kläger war bis zum 30.06.1994 bei der Beklagten beschäftigt. Er bezieht seit dem 01.07.1994 eine betriebliche Altersrente.

Am 13.08.2005 verstarb die Ehefrau des Klägers. Sie war Beamtin des Landes Nordrhein-Westfalen und erhielt zuletzt nach ihrem Eintritt in den Ruhestand eine Pension. Mit Bescheid vom 20.09.2005 setzte das Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen das nach dem Besamtenversorgungsgesetz an den Kläger zu zahlende Witwergeld auf monatlich 1.768,86 EUR brutto fest. Mit Wirkung zum 01.12.2005 nahm die Beklagte daraufhin eine Neuberechnung der betrieblichen Altersrente vor und kürzte die Versorgungsleistungen von bisher EUR 3.648,76 brutto auf monatlich EUR 2.222,67 brutto.

Den Versorgungsleistungen zugrunde liegen die als Betriebsvereinbarung abgeschlossenen „Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der Rheinisch-Westfälisches Elektrizitätswerk Aktiengesellschaft, Essen” vom 09.02.1989 (im Folgenden: RL 89). Darin heißt es auszugsweise wie folgt:

„§ 6 Anrechnung von Renten und Einkommen aus Tätigkeit

(1) Es ist davon auszugehen, dass der Mitarbeiter durch die Versetzung in den Ruhestand durch das Unternehmen nicht bessergestellt wird, als er sich vorher bei dem Unternehmen bezüglich seines Einkommens im Sinne des § 5 gestanden hat.

(2) Das Ruhegeld wird um die Hälfte derjenigen Beträge vermindert, die dem Mitarbeiter aufgrund jeweils bestehender Gesetze über Renten, Versicherungen, Pensionen und dergleichen zustehen; von der Anrechnung ausgenommen sind lediglich solche Teile dieser Leistungen, die ausschließlich auf eigenen Beitragsleistungen des Mitarbeiters – ohne Arbeitgeberbeteiligung – beruhen.

(3) Bezieht ein in den Ruhestand versetzter Mitarbeiter vor Vollendung seines 65. Lebensjahres Einkommen aus einer selbständigen oder nichtselbständigen Tätigkeit, so dürfen diese Einkommen, zu dessen wahrheitsgemäßer Angabe der Mitarbeiter verpflichtet ist, und das Ruhegeld zusammen nicht höher sein als die Bezüge im Sinne des § 5 unter Berücksichtigung der Höchstgrenzen nach § 6 Abs. 5. Von der Anrechnung anderweitiger Einkünftige aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit auf die betriebliche Rente sind Einkünfte ausgenommen, die gemäß § 1248 RVO bzw. § 25 AVG nicht zu berücksichtigen sind.

(4) Unfall- bzw. Verletztenrenten, für die Arbeitgeber Beiträge, Prämien oder Umlagen geleistet haben, werden auf das Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeld insoweit angerechnet, als sie dazu bestimmt sind, Verdienstminderungen auszugleichen. Nicht anzurechnen ist derjenige Teil der Verletztenrente, der der Grundrente eines Versorgungsberechtigten nach § 31 des Bundesversorgungsgesetzes bei vergleichbarem Grad der Behinderung entspricht. Unfall-Kapitalbeträge werden nicht angerechnet; dies gilt nicht für kapitalisierte Renten.

(5) Das Gesamteinkommen eines Ruhegeldempfängers (Ruhegeld, gesetzliche Rente und sonstige Einkommen, soweit nicht gemäß Abs. 2 bis 4 von der Anrechnung ausgenommen) darf die nachstehend aufgeführten, nach der Dienstdauer ab vollendetem 20. Lebensjahr berechneten Höchstgrenzen nicht überschreiten; anderenfalls erfolgt entsprechende Kürzung.

Höchstgrenzen sind bei…30 Dienstjahren = 75,0 % …

der Berechnungsgrundlage gemäß Abs. 8.”

Mit seiner am 09.10.2006 beim Arbeitsgericht Essen eingegangenen Klage wendet der Kläger sich gegen die Kürzung seiner Altersrente.

Er hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Eine Anrechnung der Witwerrente nach § 6 Abs. 2, 5 RL 89 komme nicht in Betracht. Witwerrenten oder Witwerpensionen aus von Dritten erworbenen Versorgungsrechten seien dort nicht erwähnt. Die Anrechnung wäre nur möglich, wenn auch die Pension seiner Ehefrau anrechenbar gewesen wäre. Dies sei nach den Richtlinien indes nicht der Fall. Die ...

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