Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Altersversorgung. Anpassungsprüfung, Verlust des Rügerechts

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Verpflichtung zur nachträglichen Anpassung von Betriebsrenten wird begrenzt durch die streitbeendende Wirkung einer früheren, nicht gerügten Anpassungsentscheidung. Wenn der Versorgungsempfänger die Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers für unrichtig hält, muss er dies grundsätzlich vor dem nächsten Anpassungstermin dem Arbeitgeber gegenüber wenigstens außergerichtlich geltend machen. Mit dem nächsten Anpassungsstichtag entsteht ein neuer Anspruch auf Anpassungsentscheidung. Ohne Rüge erlischt der Anspruch auf nachträgliche Anpassung, also auf Korrektur einer früheren Anpassungsentscheidung. Damit wird allen Streitigkeiten über die Richtigkeit früherer Anpassungsentscheidungen die Grundlage entzogen. Die streitbeendende Wirkung ist umfassend.

 

Normenkette

BetrAVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Urteil vom 29.08.2007; Aktenzeichen 4 Ca 5932/06)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 29.08.2007 – 4 Ca 5932/06 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger noch einen restlichen Betriebsrentenbetrag zu zahlen.

Der Kläger bezieht als ehemaliger Arbeitnehmer der Beklagten ein ihm zugesagtes Ruhegeld nach der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes. Dieser Verband bündelt die Anpassungsüberprüfung für Betriebsrenten, die von den ihm angeschlossenen Unternehmen gezahlt werden, dreijährig. Die Beklagte erhöhte aufgrund entsprechender Beschlüsse des Bochumer Verbandes die Betriebsrente des Klägers zum 01.01.1997 um 2,0 % und zum 01.01.2000 um 1,2 %. Der Kläger war bis zum 31.12.1998 Mitglied im Verband der Führungskräfte (VDF). Dieser Verband hatte beide Anpassungsbeschlüsse als unzureichend gerügt.

Mit der beim Arbeitsgericht Essen eingereichten Klage 6 Ca 4035/05 vom 09.09.2005, der Beklagten zugestellt am 19.09.2005, hatte der Kläger eine Nachzahlung mit der Begründung verlangt, die Beklagte habe seine Betriebsrente – jeweils ausgehend vom vorausgegangenen Anpassungstermin – in Höhe der Preissteigerungsrate zum 01.01.1997 um 5,6 % und zum 01.01.2000 um 3,44 % anpassen müssen. Im Kammertermin schlossen die Parteien am 07.06.2006 folgenden Vergleich:

  1. „Die Beklagte erklärt sich bereit, die laufende Betriebsrente des Klägers unter Berücksichtigung eines Anpassungssatzes von 5,6 % zum 01.01.1997 und von 3,44 % zum 01.01.2000, von 5,5 % zum 01.01.2003 und 5,38 % zum 01.01.2006 zu überprüfen und anzupassen. Ergeben sich auf der Basis der so ermittelten Betriebsrente für den Zeitraum ab dem 01.01.2003 rückständige Zahlungen, werden diese – allerdings ohne Zinsen – unverzüglich abgerechnet und zum nächstmöglichen Termin ausbezahlt. Hinsichtlich der Anpassung zum 01.01.1997 wird die Nachzahlung ab dem 01.01.1997 an den Kläger erfolgen.
  2. Streitig ist zwischen den Parteien die Rechtsfrage, ob eine Mitgliedschaft im Verband der Führungskräfte (VDF) oder der Gewerkschaft IGBCE zu dem Anpassungsstichtag 01.01.2000 Voraussetzung dafür ist, einen Nachzahlungsanspruch auch für die Jahre 2000 bis 2002 auch jetzt noch geltend machen zu können. Diese Rechtsfrage wird in Musterverfahren geklärt. Im Hinblick darauf bleibt dem Kläger vorbehalten, eventuelle bestehende Nachzahlungsansprüche für den Zeitraum von 2000 bis 2002 auch noch zu einem späteren Zeitraum noch geltend machen zu können. Vorbehalten bleibt dem Kläger auch die Geltendmachung einer höheren Betriebsrente ab dem 01.01.2003, sollte sich für ihn aus dem Gesichtspunkt des Teuerungsausgleiches für das Anfangsruhegehalt eine höhere Betriebsrente ergeben.
  3. Damit ist der Rechtsstreit erledigt.”

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger unter Einbeziehung eines Teuerungsausgleichs für das Anfangsruhegehalt ab dem 01.01.2003 restliche Betriebsrente für den Zeitraum vom 01.01.1997 bis 31.12.2005 in Höhe von 4.010,20 EUR brutto verlangt. Er hat sich u.a. darauf bezogen, das Landesarbeitsgericht Düsseldorf habe die in dem Prozessvergleich erwähnte Rechtsfrage in dem Rechtsstreit S. ./. S. – 14 (13) Sa 700/06 – durch rechtskräftiges Urteil vom 18.12.2006 zu seinen Gunsten entschieden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 29.08.2007, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, stattgegeben. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Im zweiten Rechtszug streiten die Parteien nach einem Teilvergleich nur noch darüber, ob dem Kläger für den Zeitraum vom 01.01.1997 bis 31.12.2002 noch restliches Ruhegehalt in Höhe von insgesamt 3.408,84 EUR brutto zusteht. Die Anschlussberufung, mit der ein Zinsanspruch geltend gemacht worden ist, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer am 07.01.2008 zurückgenommen.

Von einer weiteren Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

A. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Arbe...

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